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40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte

40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte

Titel: 40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte
Autoren: Timm Kruse
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verspreche ich mir von jedem Buch, das ich kaufe, die Erleuchtung. Bisher wurde ich aber enttäuscht.
    Suchen wir nicht alle dasselbe? Wünschen wir uns nicht alle die Befreiung von alten Mustern, Programmen und Strukturen? Oder eine Alternative zum westlichen Lebensstil? Ist die spirituelle Welle mehr als der Ausdruck von Unzufriedenheit und Übersättigung? Wir haben alles im Überfluss, können machen, was wir wollen, der Expansion sind scheinbar keine Grenzen gesetzt. Und trotzdem sind wir immer noch nicht glücklich. Wo ist das Glück also zu finden? Genau das will ich wissen. Deswegen will ich die Erfahrung des Mangels machen, mir Entbehrungen auferlegen. Vielleicht entsteht daraus die ersehnte Erleuchtung.
    Der dritte Stuhlgang. Ich bin leer. Vollkommen leer.
    Jeder gesunde und nicht schwangere Mensch darf fasten. Von Natur aus sind wir sogar für langes Fasten ausgestattet. Bis vor ein paar Tausend Jahren lebten die Menschen noch in Höhlen oder Zelten aus Fell. Spätestens mit Frühjahrsbeginn war der Wintervorrat verbraucht. Dann gab’s noch Rinden und Wurzeln. Und bis zur ersten genießbaren Brombeere würden noch ein paar Wochen vergehen. Also wurde gefastet. Allerdings nicht freiwillig, das ist ein Riesenunterschied. Ich weiß, dass es nach 40 Tagen vorbei ist und wenn ich wollte, könnte ich auch jederzeit früher aufhören. Aber damals mussten sie selbst nach 40 Tagen noch ausreichend Kraft haben, um einen Hirsch zu erlegen. Und dann hatte die Verdauung sofort anzuspringen.Heute verwendet man 30 Prozent seiner Fastenzeit für Aufbautage. Ich werde mir nach 40 Tagen einen schönen saftigen Hirschbraten gönnen. So wie meine lippischen Vorfahren.
    Von wegen Leere in meinen Eingeweiden. Ich glaube, jetzt leeren sich die Räume zwischen den Zotten.
    Das Ego ist das Hauptproblem. Man kann es auch Unterbewusstsein, Verstand, Mind, Schweinehund, inneres Kind oder sonst wie nennen. Jeder dieser Begriffe meint etwas ganz Bestimmtes und beschäftigt zu Recht jeweils darin ausgebildete Experten. Es ist der Teil in uns, der nie zufrieden ist, der immer mehr will und der sich über andere erhebt. Es geht ums eigene Selbst und um alles, was das Ich ausmacht. Die Amis schreiben »I« ja nicht umsonst groß.
    Dem Ich geht es immer nur um sich selbst. Es ist der Anteil von uns, der zum Beispiel lästert, sich ständig mit dunklen Gedanken plagt, an sich selbst zweifelt, andere runtermacht, nicht mit Lob umgehen kann, an Kritik zerbricht, übertreibt, Angst hat. Es ist die berühmte Axt im Walde. Diese Axt trägt jeder von uns mit sich herum. Sie lauert im Gepäck und wartet nur auf ihren Einsatz. Diese Axt kann unvorstellbare Schäden in einem Wald anrichten, den das Ich vorher noch selbst aufgeforstet hat.
    Mein Ego – so nenne ich diese Axt jetzt mal – ist schnell gelangweilt. Es braucht immer etwas zu tun. Wenn ich Hunger habe, freut es sich aufs Essen, wenn ich esse, freut es sich auf die Sportschau, wenn ich die Sportschau gucke, freut es sich auf Gabi, wenn ich mit Gabi zusammen bin, freut es sich auf den nächsten Morgen, weil da der Kaffee am besten schmeckt. Und nach drei Tassen Kaffee ist mein Ego schlecht drauf, weil es nicht mehr weiß, worauf es sich noch freuen soll. Jetzt freue ich mich auf den Gang zur Toilette.
    Immerhin habe ich genügend Klopapier. In weiser Voraussicht habe ich mir gestern eine Zehnerportion dreilagiges Supersamt zugelegt. Alles Gute für Ihre Komfortzone.
    Mittlerweile ist mein Darm leer, und ich würde gerne zurück ins Bett gehen, um vor den Fastenstrapazen in den Schlaf zu flüchten. Aber leider muss ich jetzt zum Belastungs-EKG.
    Bei unserem Hausarzt am südlichen Stadtrand Kiels erwartet man mich schon. Bilde ich es mir nur ein oder werde ich tatsächlich beäugt? Verrückte Unterfangen haben eine hohe Funkfrequenz. Ich entblöße meinen Oberkörper, steige auf ein weißes Fahrrad, werde verkabelt und muss jetzt so lange strampeln, bis mein Puls über 140 steigt. Alle zwei Minuten wird das Treten um 50 Watt schwerer. Es ist, als fahre man bergauf, und der Berg wird immer steiler.
    Nach 20 Minuten erstrample ich 300 Watt und befinde mich somit nach Auskunft des Arztes in ziemlich guter Form. Ich bin extra mit dem Auto die 15 Kilometer in die Stadt gefahren, um nur ja nicht frühzeitig schlappzumachen.
    Auch meine Blutwerte sind in Ordnung, werden aber zur genaueren Diagnose ins Labor geschickt. Dass ich 40 Tage fasten will, hält der Doktor zwar für »bekloppt«, das solle
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