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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
Autoren: Karl May
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heutigen Tag aber sollten wir auf die erstere treffen. Ich ritt mit dem Bruder und unserem Führer voran. Wir befanden uns auf reich bewachsenem Prärieboden, dessen Gras den Pferden fast bis an den Leib reichte. Da war eine frische Fährte schon von weitem zu erkennen.
    Und wirklich erblickten wir im Süden, also links von uns, einen dunklen Strich, welcher sich parallel mit unserer Richtung durch das Gras zog. Natürlich suchten wir ihn auf, um ihn zu untersuchen. Er stammte von zwei Pferden her, welche hier nebeneinander geritten waren.
    „Sollte das Gomez mit seiner Mutter gewesen sein?“ fragte der Frater.
    „Möglich“, antwortete ich.
    „Ich halte es für unmöglich. Bedenken Sie nur, wie wir geritten sind, wie wir unsere Pferde angestrengt haben. Das kann er nicht ebenso getan haben. Er muß also hinter uns und kann nicht vor uns sein.“
    „Hm! Wer weiß, welcher Hilfsmittel er sich bedient hat. Er ist hier bekannt.“
    „Ehe er nur über den Fluß gekommen ist!“
    „Jedenfalls hat er auch ein Boot gehabt.“
    „Aber der Proviant hat ihm gefehlt. Um nicht zu hungern, hat er also jagen müssen, und das hält auf.“
    „Kann er sich nicht auch auf irgendeine Weise mit Fleisch versehen haben?“
    „Das ist möglich, mir aber gar nicht sehr wahrscheinlich.“
    „Ich halte es für sehr möglich“, erklärte Gomarra. „Gomez ist ein höchst umsichtiger und kluger Mensch, dem man seinen Scharfsinn nicht so leicht ansieht.“
    „Das habe ich erfahren“, stimmte ich bei.
    „Nicht wahr, Señor! Leider kann man solchen Pferdespuren nicht ansehen, wen die Tiere getragen haben.“
    „Sie irren sich.“
    „Sie halten es für möglich, dieser Fährte abzulesen, wer hier geritten ist? Bitte, tun Sie es!“
    Er sprach diese Aufforderung mit einem Lächeln aus, welches seinen Unglauben deutlich zu erkennen gab. Ich antwortete:
    „Das braucht nicht gleich zu sein. Eine Fährte ist lang, und was sie hier an dieser Stelle nicht verrät, das wird sie uns später sagen, wenn wir ihr folgen. Einstweilen genügt es mir, zu wissen, daß die beiden Pferde sehr ermüdet gewesen sind.“
    „Woraus schließen Sie das?“
    „Daraus, daß sie die Füße geschleppt haben. Zwei Pferde, und zwar ganz abgemattet, genau in der Richtung nach den Ansiedlungen, das macht es freilich sehr wahrscheinlich, daß wir Gomez und seine Begleiterin vor uns haben.“
    „Es können auch andere sein. Ich gebe dem Frater ganz recht. Gomez hatte nur wenige Stunden Vorsprung vor uns. Wie sollte er sich also noch immer vor uns befinden?“
    „Warten wir es ab!“
    Wir folgten von jetzt an natürlich genau der Fährte, welche immer die gleiche Deutlichkeit behielt, aber auch kein einziges Merkmal zeigte, aus welchem zu schließen gewesen wäre, wer die Reiter gewesen seien. Erst nach langer Zeit, als wir eine der bereits erwähnten Lagunen vor uns liegen sahen, gab es eine Abwechslung, und zwar eine ganz bedeutende. Es kam nämlich von links herauf eine breite, tief eingegrabene Spur, welche aus vielen Wagengeleisen bestand. Hier an der Lagune hatten die Fuhrwerke angehalten; es war da Rast gemacht worden.
    Wir untersuchten den Platz. Es hatten da mehrere Feuer gebrannt. Die durstigen Pferde und Ochsen waren in das Wasser gestiegen, um zu saufen, denn man sah die Spuren deutlich im Uferschlamm.
    Das war aber auch alles, was wir bemerkten. Besondere Merkmale fanden wir nicht.
    „Das ist die Karawane, welche wir suchen“, sagte Gomarra. „Wann mag sie hier gewesen sein?“
    „Vorgestern“, antwortete ich, „wie ich aus verschiedenen Anzeichen sehe, welche ich kennengelernt habe. Die Spuren alle sind nicht von gestern, sondern von einem Tag früher.“
    „So hätten diese Leute ihre Ochsen außerordentlich angetrieben!“
    „Ja, aber das Terrain war ein gutes. Es hat ihnen fast gar keine Hindernisse geboten. Gestern früh sind sie von hier fortgereist.“
    „Und wann sind die beiden Reiter hier gewesen, deren Fährte wir bisher folgten?“
    „Heute am Vormittag. Da es jetzt erst Mittag ist, so befinden sie sich also nur wenige Stunden vor uns.“
    „Vielleicht können wir sie erreichen?“
    „Nein, denn auch unsere Pferde sind ermüdet, wenigstens ebenso wie die ihrigen. Wir holen sie nun nicht vor den Ansiedlungen ein.“
    „Das ist schade!“
    „Allerdings. Es gibt freilich ein Mittel, sie zu erreichen, indem ich ihnen allein nachreite. Mein Pferd ist das beste und hält noch eine gute Strecke aus. Wenn ich mich jetzt von
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