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313

313

Titel: 313
Autoren: B Tewaag
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Unterhose und mit meiner Stange Marlboro den Tag verbracht hatte. Sie waren zwei Obergeschosse, sie hätten Models sein können, aber sie hatten sich für einen anderen Weg entschieden. Irgendwie hatten wir alle Dreck am Stecken, aber innerhalb dieser Wohnung konnten wir so sein, wie wir sind.
    »Wir hoffen, dir ist in Zwischenzeit nicht Laus über Leber gelaufen«, stand auf der Karte, die sie mir jetzt aus einer Stadt in Polen schickten, wo sie auf Urlaub zu Hause waren.
    »Ich muss mal mit dem Wetzel reden«, sage ich, als ich in die Metzgerei verschwinde. »Es ändert sich was beim Muckefuck.«
    Die beiden Beamten, die Andi, mich und den Bollerwagen heute begleiten, bleiben verwundert zurück.
    »Entschuldigung, was hat sich geändert?«, ruft der eine.
    Der Andi springt gleich in Moderatorenmanier ein: »Ja, sehr komplizierte Geschichte. Ist aber alles mit der Bereichsleitung abgesprochen, können Sie gern nachprüfen.«
    Aber in dem Moment schalten die beiden Beamten schon ab. Sie holen ihre Zigaretten raus, lassen den Andi einfach weiterlabern und mich unbewacht in die Metzgerei reinlaufen. Der Wetzel guckt echt überrascht, als ich in seinem Büro stehe und sage, dass ich das komplette Muckefuck-System im Haus A optimiere.
    Aber ich rede einfach weiter, wie ein Unternehmensberater: »Sie werden sehen, Herr Wetzel, dass wir in Zukunft nicht einmal mehr ein Drittel der Beutel brauchen.«
    Und der Wetzel: »Worüber Sie sich alles Gedanken machen.«
    Ich will ihm jetzt am liebsten meinen ganzen Plan erklären, um dann am Ende auf die verkackten Plastikdosen zu kommen, die ich dafür brauche und die in seinem Lager liegen, aber so genau will der Wetzel das alles gar nicht wissen.
    Er so genervt: »Ja, gehen Sie halt ins Lager. Sie wissen doch, wo das ist. Lassen Sie mich bitte in Ruhe, ist viel zu früh.«
    Die Essenausgabe danach gehört zu den schönsten, die ich bisher im Knast erlebt habe. Der ganze Zoo stellt sich an, und wir erklären ihm, dass die Fütterung jetzt anders abläuft. Wir verkaufen die Sache total positiv. Jeder kann so viel Muckefuck haben, wie er will, dann kann er ihn sich selber machen, wann er will. Dadurch ist er immer schön heiß und gut und steht nicht ab.
    »Muckefuck ist voll für ’n Arsch«, schreit da einer der Strafhäftlinge aus der Schlange. »Frühstück her!«
    Aber die Geldstrafen sind total happy: »Ist ja super. Wie viel kriegt man denn?«
    »So viel du willst.«
    »Wahnsinn!«
    »Alter, halt’s Maul! Gib Frühstück!«
    Als wären wir von ’ner Hilfsorganisation in Afrika, teilen wir die Plastikdosen mit dem Muckefuck aus. Will einer zwei oder drei, kriegt er zwei oder drei. Alle reagieren total positiv. Innerhalb weniger Tage wird das neue System total angenommen.
    »Stellt sich nur die Frage, ob das zu ’ner Ersparnis führt«, sagt der alte Scherer, als ich wieder in seinem Büro sitze.
    Ich lehne mich zurück. Komisch. Seit ich an diesem Muckefuck-Projekt sitze, hab ich weniger das Gefühl, ich bin in einem Knast. Es kommt mir eher vor, als sei ich ein junger engagierter Mitarbeiter, der in einer verstaubten Firma vorankommen will. Daran merkt man natürlich, wie absurd der ganze Scheiß ist. Denn eigentlich wollten wir ja nur weniger Arbeit haben.
    »Das kann ich Ihnen erst sagen, wenn ich die Zahlen kenne«, sag ich so zum Scherer. »Fragen Sie mich in einem Monat noch mal, wenn die Studie sozusagen komplett ist.«
    Einen Monat später stehe ich beim Wetzel im Büro. Wie immer ist er in seine Zeitung vertieft, aber ich bring ihn schon hoch.
    Ich aufgeregt: »Herr Wetzel, schauen Sie mal in Ihr Lager!«
    Und er muffelig: »Was soll da sein?«
    Ich sag: »Kommen Sie mit!«
    Wir latschen los ins Lager, und der Wetzel kommt mir damit, dass ich bestimmt wieder nur Äpfel geklaut habe und dass er das jetzt langsam zur Anzeige bringen wird. Aber dann stehen wir vor dem Regal, in dem die Paletten mit dem Muckefuck liegen. Es ist so voll, dass die Tüten schon auf den Gang quellen. Hier liegt inzwischen nicht nur immer noch das, was wir eingespart haben, sondern auch, was die ganze Zeit über immer weiter angeliefert wird. Der Wetzel, der ja für den Einkauf der gesamten JVA zuständig ist, ist voll von den Socken.
    Er nur so: »Das sieht aber richtig scheiße aus. Was ist denn da passiert?«
    Und ich ganz stolz: »Vor ’nem Monat hab ich Ihnen doch erklärt, dass wir das Muckefuck-System revolutioniert haben.«
    »Was haben Sie mir da erklärt?«
    »Na, dass die
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