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311 - Der Weg des Bösen

311 - Der Weg des Bösen

Titel: 311 - Der Weg des Bösen
Autoren: Susan Schwartz
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den Geheimdienst aufgebaut und nun die Regierungsgeschäfte übernommen. Gingkoson wusste, wie sie beide inzwischen bezeichnet wurden: der Tyrann und sein Henker. Aber das bekümmerte weder ihn noch seinen Chef. Der Schaden, den die Organisation ProMars angerichtet hatte, war sehr groß und hatte in dem Anschlag auf die Präsidentin gegipfelt. Die marsianische Gesellschaft musste wieder zu Vernunft und Ordnung finden, bevor an demokratische Wahlen gedacht werden konnte.
    Denn die Probleme lagen ja nicht nur im innenpolitischen Bereich. Matthew Drax’ Ankündigung, der geheimnisvolle »Streiter« würde im Sonnensystem eintreffen, hatte sich bewahrheitet. Der Neptun war verschwunden, verschlungen worden von einer gigantischen Sternenbestie, über die nichts sonst bekannt war. Das bedeutete, es mussten schnelle Entscheidungen getroffen werden, die nicht erst vier oder fünf Gremien durchliefen.
    Leto hatte den Kriegszustand ausgerufen und lag damit nicht falsch. Nun hatte er die Möglichkeit, sofort zu reagieren und Entscheidungen zu treffen, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen. Das Volk wurde derweil zwangsweise ruhiggestellt wie ein ungezogenes Kind, das man auf sein Zimmer schickte. Sämtliche Medien wurden kontrolliert und jede Form von Versammlung sofort aufgelöst.
    Leto hatte die Bevölkerung über den Streiter und das Verschwinden des Neptun aufgeklärt, doch ungefähr die Hälfte hielt das für eine ausgemachte Verschwörungstheorie, um seine Machtstellung zu halten. Deshalb musste auch weiterhin alles kontrolliert und hart durchgegriffen werden. Nicht, dass es noch einen Aufstand gab – ausgerechnet jetzt.
    Immerhin hatten die Waldleute nach dem Anschlag zügig alle Städte verlassen und sich in den Wald zurückgezogen. Wahrscheinlich, weil ein zweiter Bruderkrieg gedroht hatte. ProMars hatte es verstanden, die Rachegelüste der Städter für den Anschlag auf die Waldleute zu lenken.
    Die Marsbevölkerung konnte sich angesichts der Gefahr dort draußen keinen innenpolitischen Konflikt leisten. Sie musste sich auf den Ernstfall vorbereiten. Erst wenn sie diese neue Prüfung überstanden hatte, konnte sie zur Neuordnung der marsianischen Gesellschaft übergehen, in die auch die Waldleute ein für alle Mal integriert werden würden.
    Dieser ständig schwelende Konflikt musste endlich und endgültig beendet werden, auch das stand auf Letos Agenda, wenngleich in unbestimmter Zeit. Die Initiative von ProMars hatte gezeigt, dass der Frieden nur oberflächlich gegolten hatte, dass das Misstrauen zwischen Städtern und Waldleuten weiterhin tief verwurzelt war und jederzeit in Gewalt ausarten konnte.
    Auf dieser Basis konnten sie nicht an die Zukunft denken. Insofern sie noch eine hatten...
    »Wir müssen reden?«, erwiderte Leto und beendete ein Gespräch, das er gerade geführt hatte. Der Geheimdienstchef ließ sich in dem Sessel ihm gegenüber nieder. »Neronus, immer wenn Sie so daherkommen, will mir das gar nicht gefallen.« Er gab seinem Vorzimmerassistenten Anweisung, den anstehenden Termin zu verschieben, bestellte Getränke und lehnte sich zurück. »Also dann, reden wir.«
    »Es gibt Probleme, und zwar in allen Städten«, begann Neronus Gingkoson ohne Umschweife. »Probleme, deren Ursachen wir nicht kennen und die wir nicht in den Griff bekommen.« Er aktivierte seinen PAC [1] am Handgelenk und las davon ab. »Ich berichte nur aus Elysium, stellvertretend für die Zustände in allen anderen Städten. In einem Restaurant sitzt eine kleine Gruppe beisammen, die sich dort öfters zum Essen trifft. Sie haben die Mahlzeit schon fast beendet, da dreht plötzlich ein weiblicher Gast namens Lamiri B. durch. Sie springt auf und greift zwei Männer an einem Nachbartisch an, beschimpft sie als Regierungsspitzel, ruft zum Aufstand auf und so weiter.«
    »Wurde sie denn von euch beobachtet?«, wollte Leto wissen.
    »Es war ein junges Paar, das seinen dritten Hochzeitstag feierte. Die beiden Männer wussten sich nicht zu wehren, während die Frau wie eine Furie über sie herfiel. Mehrere Gäste, der Wirt und das Servicepersonal versuchten die Frau zu beruhigen, die offensichtlich unter Wahnvorstellungen litt. Als sie schon fast bereit ist, wieder zum Tisch zurückzukehren, erhält sie unerwartet Schützenhilfe von ihrem Bekannten George R., der etwas vom herabfallenden Himmel faselt und alle auffordert, sofort nach einer Höhle oder einem Erdloch zu suchen, weil sie andernfalls vom Himmel erschlagen würden.«
    Leto
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