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303 - Tod einer Königin

303 - Tod einer Königin

Titel: 303 - Tod einer Königin
Autoren: Jo Zybell
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Gefährten und euer Gepäck.«
    Aruula zog Yorriks Kopf aus dem Wasser. Der keuchte erbärmlich. »Und den da«, sagte der Fischer und deutete auf den Alten, »den fesselt so lange an einen Baum, damit er keinen Ärger macht.«
    ***
    Es war sehr dunkel, und Grao’sil’aana brauchte lange, bis er begriff, dass es keineswegs Nacht war, sondern dass die Dunkelheit, die er wahrzunehmen glaubte, in seinem Gehirn herrschte. Er erinnerte sich nicht, was geschehen war, wusste nicht, wo er war.
    Die ersten Sinneseindrücke, die sein Gehirn wieder verarbeiten konnte, waren Gerüche. Es roch nach Salzwasser und nassem Holz; und es roch nach Urin und nach Schweiß – nach dem herben Schweiß männlicher Primärrassenvertreter, die körperlich an ihre Leistungsgrenze gingen, und nach dem Urin und dem Schweiß weiblicher Primärrassenvertreter, die sich fürchteten.
    Außerdem plagte ihn ein Engegefühl, und das Empfinden, hin und her zu schaukeln, verursachte ihm Brechreiz. Und dann tönten da noch Stimmen – harsche Stimmen männlicher Primärrassenvertreter, die einander in rüdem Tonfall anfuhren.
    All diese Sinneseindrücke drängten die Dunkelheit in seinem Gehirn nach und nach zurück; sein Bewusstsein klarte allmählich wieder auf. Und je klarer es wurde, desto deutlicher empfand er auch die Bedrohung, die ihn umgab. Seine Lage konnte keine wirklich günstige sein.
    Sein linkes Auge gehorchte ihm nicht mehr. Je öfter Grao’sil’aana versuchte, es zu öffnen, desto mehr verwandelte sich die Stelle, an der er es vermutete, in einen großen, brennenden Schmerz.
    Das rechte Auge zeigte einen hellblauen Himmel, mit der Sonne im Zenit. Ein Netz schnürte seinen Körper ein. Männliche Primärrassenvertreter umgaben ihn. Sie riefen sich Befehle zu. Einer war klein und hager, seine Nase sah aus wie eine Lavaschnecke, die Grao’sil’aana von seinem Heimatplaneten her kannte. Der Primärrassenvertreter, der sie im Gesicht trug, schrie am lautesten von allen.
    Schlagartig wurde es sehr hell in Grao’sil’aanas Gehirn, und schlagartig kehrte auch die Erinnerung zurück.
    Bahafaa! Mit dem Namen der Liebesgefährtin war auch alles andere wieder gegenwärtig: ein Ruinenwald, Brabeelenhecken, schwarze Beeren im Laub, kichernde und plappernde weibliche Primärrassenvertreter und mitten unter ihnen Bahafaa. Sie und er entfernen sich von der Hauptgruppe der Beerensammler, zwei Halbwüchsige schließen sich ihnen an. Gelächter, wieder Palaver, jemand seufzt, plötzlich ein Rascheln und das Brechen von Ästen. Er dreht sich um, tritt aus der Hecke, sieht drei Körper leblos daliegen, und dann ein Sirren, ein Stich, noch einer und noch einer, Primärrassenvertreter zwischen Bäumen und Büschen, gefolgt von Dunkelheit...
    Aus der wiedergekehrten Erinnerung, den Gerüchen und dem, was er hörte und gesehen hatte, entstand vor Graos innerem Auge ein konkretes Bild seiner Lage: In einem Netz gefangen lag er in einem Ruderboot; neben ihm seine menschliche Gefährtin Bahafaa und ihre beiden halbwüchsigen Schwestern.
    Er hatte das Bewusstsein verloren! Wie selten war das geschehen in seinem langen Daa’murenleben! War es denn überhaupt jemals geschehen?
    Die Stiche mussten von winzigen Pfeilen verursacht worden, die Pfeile mit starkem Betäubungsmittel kontaminiert gewesen sein. Einer hatte ihm das Auge zerstört. Mit seiner erwachenden Geistesgegenwart aktivierte Grao’sil’aana jetzt seine Gestaltwandlerkräfte, stillte die Blutung und verschloss die Hirnhaut.
    Welch ein glücklicher Umstand, dass er trotz seiner Ohnmacht die humanoide Gestalt beibehalten und sich nicht in seine Echsengestalt zurückgewandelt hatte! Seine Jäger hätten ihn gewiss getötet vor lauter Angst.
    Wer aber waren diese Jäger?
    Er lauschte. Die Fremden riefen noch immer durcheinander. Neue Stimmen waren hinzugekommen, sie tönten irgendwo von schräg über ihm. Möwenschreie hallten gellend von einer Mauer wider, etwas quietschte und knarrte in regelmäßigem Rhythmus, als würde jemand an irgendeiner Kurbel drehen. Das Boot bewegte sich längst nicht mehr fort.
    Grao’sil’aana öffnete wieder das rechte Auge: Stiefel aus braunem Wildleder, Hosenbeine aus grauem Fischleder – alle Primärrassenvertreter im Boot waren aufgestanden und hielten ein prall gefülltes Netz fest. An einem Seil befestigt schwebte es nach oben.
    Bahafaa! Das war doch ihr Gesicht!
    Das Boot schaukelte an einer Art Hafenmauer. Grao sah von Algen bedecktes Gestein und kriechendes
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