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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden
Autoren: Karl May
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Mal in Konflikt. Sie hatten erfahren, daß ich ein Deutscher sei, und warfen mir, als ich ihre Einladung, mitzuspielen, mit einer stillen Handbewegung zurückwies, ein „damned Dutchman“ ins Gesicht. Dafür erhielt jeder sofort eine so kräftige Ohrfeige von mir, daß beide von ihren Stühlen flogen. Die anderen glaubten natürlich, es werde hierauf eine großartige Schlägerei oder Schießerei erfolgen, hatten sich aber geirrt, denn die Gezüchtigten besaßen nicht den Mut, sich tatsächlich an ‚Mr. Beyer oder seinen Indianer‘ zu wagen.
    Zu erwähnen sind noch zwei Indianer, welche der Schneesturm nach dem Fort getrieben hatte. Sie behaupteten, dem sehr fraglichen Stamme der Caddo anzugehören, waren aber wahrscheinlich Ausgestoßene eines andern Stammes, blutarme Teufel, die kaum ihre Blöße bedecken konnten und nicht einmal Waffen hatten, denn sie waren vor kurzem von den Sioux vollständig ausgeraubt worden. Sie wollten nach Karfas hinunter und schnitzten sich Pfeile und Bogen, um nicht unterwegs hungern zu müssen. Wir beschenkten sie nach Kräften, konnten ihnen aber weder Pferde noch Gewehre verschaffen, weil diese so notwendigen Artikel leider nicht zu haben waren.
    Am Anfang des Februar trat plötzlich milde Witterung mit Tauwetter und dann Regen ein. Der Schnee verschwand, und wir konnten nun daran denken, unseren Ritt fortzusetzen. Zuerst brachen die zwei Indianer auf, zu Fuß natürlich; wir gaben ihnen einen guten Vorrat von Lebensmitteln mit, welcher gewiß bis Fort Hillock reichte, wo sie wieder Rast machen konnten. Dieses Fort war damals versuchsweise angelegt worden, mußte aber im nächsten Jahre wieder aufgegeben werden. Zwei Tage später ritten die Brüder Burning fort, denen am nächsten Tag Grinder und Slack folgten. Ich stand mit Winnetou am Tor. Als sie an uns vorüberkamen, rief uns Slack zu:
    „Kommt uns ja nicht einmal in den Weg! Wenn ihr euch wieder vor uns sehen laßt, so soll mich Gott wahnsinnig machen, wenn wir euch nicht so schnell auslöschen, wie ein Talglicht ausgeblasen wird!“
    Und Grinder fügte drohend hinzu:
    „Ja, das merkt euch wohl, ihr Schufte! Laßt ihr euch ertappen, so will ich gleich erblinden, wenn ihr nicht an den Ohrfeigen zu Grunde geht, die wir euch noch schuldig sind!“
    Wir sahen natürlich in die Luft, als ob wir die Worte gar nicht gehört hätten. Solche Menschen konnten, auch wenn wir gewußt hätten, wohin sie ritten, uns nicht im geringsten bange machen.
    Als erfahrene Westmänner warteten wir noch einen Tag, um zu erfahren, ob die milde Witterung beständig sei; dann brachen wir auch auf. Es läßt sich denken, daß der Weg durch das tief aufgeweichte Land kein bequemer war; aber unsere famosen Rappenhengste hatten sich nun wochenlang ausgeruht und überwanden fast spielend alle Hindernisse. Nebraska hat fast nur Prärieland; das, durch welches wir kamen, war offen, und in dem weichen Boden sahen wir ganz deutlich die Spuren derer, welche Fort Niobrasa vor uns verlassen hatten. Sie alle, die zwei Indianer, die Burnings, Grinder und Slack, schienen ohne Ausnahme, so wie wir auch, nach Fort Hillock zu wollen. Das machte mich um der Burnings willen bedenklich. Man hatte mir gesagt, daß Grinder und Slack in der letzten Zeit Unglück im Spiel gehabt und alles verloren hätten, und da war solchen Leuten nicht zu trauen. Sie wußten höchst wahrscheinlich ebensogut wie wir, daß die Burnings Goldstaub und Nuggets bei sich führten, und wenn ich sie auch für viel zu feig hielt, einen offenen Kampf zu wagen, so traute ich ihnen dafür die Gewissenlosigkeit zu, um dieses Geldes willen einen hinterlistigen Überfall auszuführen. Als ich meine Gedanken Winnetou mitteilte, sagte er zwar nichts, aber er drückte seinem Pferd die Fersen in die Weichen, was für mich ebenso deutlich war, als wenn er mir geantwortet hätte: „Du hast recht; wir wollen uns beeilen, diese Kerls einzuholen!“
    Es ist kein Grund vorhanden, auf die Einzelheiten unseres mehrtägigen Rittes einzugehen. Die Spuren hielten sich beisammen, und wir folgten ihnen über den Loux-Fork hinüber, dessen Eis stellenweise noch so dick und fest stand, daß es Reiter trug. Von da aus konnte man Fort Hillock nach einem kurzen Tagesritte erreichen. Da es aber jetzt schon über Mittag war, konnten wir nicht vor morgen vormittag dort eintreffen.
    Die tief ausgetretenen Spuren waren so deutlich zu lesen, wie man in einem Buch liest; ihr Alter war, besonders für die scharfen, geübten Augen
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