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3. Reich Lebensborn E.V.rtf

3. Reich Lebensborn E.V.rtf

Titel: 3. Reich Lebensborn E.V.rtf
Autoren: Will Berthold
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...«
    »Sie sind ein feiner Kerl, Erika.«
    »Ich bin fertig«, erwidert die junge Frau wie versteinert,
    »fertig mit allem.«
    Am Nachmittag betreten sie das Heim. Erika spricht mit der Verwaltung. Es dauert lange. Klaus kämpft gegen Gespenster. Dann kommt der Heimleiter. Sein Blick ist streng. Erikas Gesicht bleibt ausdruckslos. Klaus zuckt zusammen.
    »Schon gut, daß Sie kommen«, sagt eine rostige Stimme, »je mehr wir loswerden, um so besser.«
    »Ich wollte ... ich möchte ... ich bin«, beginnt Klaus. Die Fetzen vorbereiteter Sätze rennen gegen offene Türen.
    »Wann wollen Sie fahren?« fragt der Heimleiter. Klaus schluckt.
    »Am liebsten sofort.«
    »Sehr gut ... es ist schnell gepackt. Das Kind hat ja nichts ... Unterschreiben müssen Sie noch.«
    Erika sieht zum Fenster hinaus.
    Als Klaus ein paar Minuten später den Kopf vom Formblatt hebt, steht eine Pflegerin in der Tür. Sie hält an der Hand einen blassen, vielleicht dreijährigen Jungen. Er trägt einen grauen Anstaltskittel, der ihm zu weit und zu lang ist.
    »Mein Gott«, sagt Klaus. Er schwankt auf die Tür zu. Er sieht in das blasse Gesicht seines Jungen.
    »Klaus ...«, sagt er leise.
    Das Kind weint.
    »Er fürchtet sich vor allen Fremden«, erklärt die Pflegerin.
    »Natürlich«, antwortet Klaus. Seine Stimme vibriert. Behutsam nimmt er den Jungen auf den Arm.
    »Ich ... ich bin ... vor mir brauchst du keine Angst zu haben
    ... ich bin dein Vater ...«, sagt er bittend. Aber der kleine Junge weiß nicht, was ein Vater ist. Er weint leise vor sich hin, während Klaus mit ihm aus dem Zimmer geht. Er denkt an sein Schicksal, das ein fremdes Kind voller Vertrauen zu ihm aufsehen läßt, während der eigene Junge vor dem Vater den Kopf verbirgt. Und mit dem Gewicht seines Kindes auf dem Arm spürt er die ganze Last eines ungeheuerlichen Unrechts, das er drei Jahre lang für Doris ertrug.
    »Das gibt sich«, sagt Erika neben ihm. Sie fährt mit klammen Fingern dem Jungen leicht über den Kopf.
    »Ich weiß«, entgegnet Klaus Steinbach automatisch. Als er sich von Erika trennt, in der verschmutzten Halle eines stickigen, überfüllten Wartesaals, ist das Kind auf seinen Knien eingeschlafen. Die Lippen sind halb geöffnet, und eine der kleinen Fäuste klammert sich fest an die Jacke von Klaus, als griffe der kleine Junge nach einem Halt, nach Liebe, nach Vater und Mutter.
    Mit der freien Hand greift Klaus über den Tisch nach Erikas 313
    Arm.
    »Vielen ... vielen Dank«, murmelt er.
    »Nichts zu danken.«
    »Erika«, setzt er an. Er kommt nicht weit.
    Die junge Frau nickt. Ihre Augen sind naß. Sie beugt sich noch einmal über das schlafende Kind.
    »Ist ja ... alles gut geworden«, sagt sie mit gefrorener Stimme.
    »Wir müssen alle wieder lernen, zu leben«, erwidert Klaus brüchig.
    »Ja«, entgegnet Erika. Dann dreht sie sich brüsk um und geht mit leerem, hohlem Schritt, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, die Schultern leicht gegen den Boden gebeugt, mit den Gedanken in Berlin, das die Russen stürmen, und fünf oder acht kommen auf sie zu, in braunen Uniformen, mit breiten, aufgedunsenen, gierigen Gesichtern ...
    Drei Tage braucht Klaus zum Rückweg. Die Freude wechselt mit Angst. Und die Angst wird von der Mutlosigkeit abgelöst. Die letzten Schritte durch das kleine Dorf geht der frühere Hauptmann so schleppend, als hätte er Bleiklumpen an den Füßen. Er wagt nicht, sich umzusehen. Die Bauern kennen ihn alle. Sie sagen:
    »Grüß Gott, Herrn Steinbach ... wieder im Lande?«
    Dann sehen sie verwundert dem fremden Kind nach. Der kleine Junge trippelt an der Hand seines Vaters. Er ist schon ganz zutraulich geworden, auch wenn er das Wunder noch nicht begreift.
    »Wohin gehen wir?« fragt er.
    »Nach Hause«, antwortet Klaus Steinbach.
    »Nicht nach Hause ...« bettelt das Kind ... Für den Jungen ist das Zuhause das Heim, und dorthin will er nicht zurück. 314
    »Zur Mutti«, erwidert Klaus heiser.
    »Mutti?« Der Dreijährige schüttelt fragend den Kopf. So gehen sie auf das Haus zu. Klaus sieht Doris schon von weitem. Sie wendet ihm den gebeugten Rücken zu, während sie Unkraut im Garten jätet. Klaus möchte einfach auf sie zugehen und sie zärtlich in die Arme nehmen. Auf einmal spürt er nichts mehr von seiner Sorge. Er hebt das Kind in Höhe des Gartenzauns.
    »Ruf mal: Mutti!« raunt er seinem Kind ins Ohr ... Langsam dreht sich Doris um. Sie erkennt Klaus, richtet sich auf. Die Hacke gleitet zu Boden. Ihr Gesicht belebt
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