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2898 - Leichen brauchen kein Alibi

2898 - Leichen brauchen kein Alibi

Titel: 2898 - Leichen brauchen kein Alibi
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schon mal gesehen, Fang?«
    Der chinesischstämmige Gangster gab keinen Ton von sich. Er hatte überhaupt noch nichts gesagt. Nun, das war sein gutes Recht. Phil verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    »Heute ist wohl nicht Ihr gesprächiger Tag, Fang. Wie schön, dass wenigstens Ihr Freund Mike Turner ein sehr großes Mitteilungsbedürfnis hat.«
    Phils Bemerkung war frei erfunden, denn wir hatten ja mit Turner noch gar nicht geredet. Aber manchmal hilft es im Verhör, wenn man Kriminelle gegeneinander ausspielt. Immerhin zeigte nun auch Lee Fang eine Reaktion. Allerdings redete er nicht, sondern zuckte nur mit den Mundwinkeln. Ich stieg in Phils Spiel ein.
    »Hat mein Kollege Sie amüsiert, Fang? Das ist schön, denn Mörder haben normalerweise nicht viel zu lachen. Hoffentlich verlieren Sie Ihren Humor nicht, wenn Sie für den Mord an Jake Reed lebenslänglich in Rikers einfahren.«
    »Jake Reed? Ich kenne den Mann überhaupt nicht. Und jetzt will ich meinen Anwalt sprechen.«
    Interessant war für mich Fangs plötzlicher Stimmungsumschwung. Seine gespielte Coolness war einer unterschwelligen Nervosität gewichen. Ich hatte eine Idee.
    »Okay, Fang. Nennen Sie uns den Namen Ihres Rechtsbeistands, wir rufen ihn an. Wie wäre es inzwischen mit einem Kaffee?«
    Der Verbrecher nickte mürrisch und verlangte nach Dr. Thomas Kent. Das war ein windiger Jurist, der bei Mitgliedern des organisierten Verbrechens sehr beliebt war. Wir ließen Fang allein im Verhörraum zurück. Als wir draußen waren, machte Phil seinem Herzen Luft.
    »Seit wann geben wir so schnell auf, Jerry? Der Kerl ist doch so verdächtig, wie man es nur sein kann.«
    »Das sehe ich auch so, Phil. Aber er hat das Recht auf einen Anwalt, das weißt du so gut wie ich. Während er wartet, können wir Laura Darro einen Blick auf ihn werfen lassen. Vielleicht hat sie eine Idee, die uns weiterbringt.«
    Laura Darro ist eine junge FBI-Profilerin, die sich erstklassig mit Körpersprache auskennt. Sie kann in den Gesten eines Verdächtigen lesen wie in einem offenen Buch. Während Phil den Anwalt anrief und Kaffee besorgte, ging ich zu Laura Darro. Zum Glück hatte sie gerade Zeit.
    Die zierliche brünette Profilerin ging mit mir in die kleine Kabine hinter dem Einwegspiegel. Auf der anderen Seite befand sich der Verhörraum. Wir sahen, wie Phil den Raum betrat und dem Verdächtigen Kaffee brachte. Im nächsten Moment gesellte sich mein Freund zu uns.
    »Ich finde nicht, dass Fang sich besonders auffällig verhält«, meinte Phil halblaut. »Er spielt den Coolen, aber das tun Verdächtige im Verhör besonders gern.«
    »In der ostasiatischen Kultur hat Selbstbeherrschung einen sehr hohen Wert«, sagte Laura Darro. »Fang hat chinesische Wurzeln, deshalb ist er von diesen Grundsätzen geprägt. Er will sich nicht in die Karten schauen lassen. Aber gegen sein eigenes Unterbewusstsein kommt er nicht an.«
    »Wie meinst du das, Laura?«
    »Ich vermute, dass der Verdächtige Angst hat, Jerry.«
    »Das hätte ich an seiner Stelle auch«, meinte Phil. »Immerhin ist er mordverdächtig.«
    Die Profilerin schüttelte den Kopf.
    »Er fürchtet sich nicht vor dem FBI. Als Phil dem Verdächtigen eben den Kaffee gebracht hat, ging sein Stresslevel sogar noch herunter. Nein, vor dem Gesetz hat er keine Angst.«
    »Phil wirkt vielleicht einfach nicht furchteinflößend genug«, meinte ich grinsend. Wir lachten, wurden gleich darauf aber wieder ernst. Auf Laura Darros Urteil konnten wir uns verlassen. Sie verfügt über eine analytische Beobachtungsgabe, die weit über unsere Menschenkenntnis und Erfahrung hinausgeht. Wenn sie sagte, dass Fang Angst hatte, dann stimmte das auch. Aber wovor fürchtete er sich?
    Ich erhielt einen Anruf auf meinem Handy. Der Anwalt war bereits eingetroffen und wollte an der Sicherheitsschleuse abgeholt werden. Wir baten Laura, den Verdächtigen durch den Spiegel hindurch weiter im Auge zu behalten. Dann gingen wir hinunter in die Halle, um den Juristen in Empfang zu nehmen.
    Dr. Thomas Kent war ein aufgeblasener Wichtigtuer, mit dem wir schon öfter zu tun gehabt hatten.
    »Nun, Agents? Mit was für haltlosen Beschuldigungen wollen Sie diesmal unschuldige Menschen hinter Gitter bringen?«
    »Ich freue mich auch, Sie wiederzusehen, Dr. Kent«, erwiderte ich lächelnd. So einen Provokateur und Hansdampf wie diesen Rechtsanwalt konnte man mit Freundlichkeit immer noch am besten ärgern.
    Der Jurist verkniff sich eine weitere Bemerkung und
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