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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II
Autoren: Karl May
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konnte nicht sehr breit sein, denn ich hörte und verstand die Worte jetzt so deutlich, daß ich annahm, die Entfernung zwischen mir und den beiden Genannten könne höchstens drei oder vier Ellen betragen. Aus verschiedenen Geräuschen und Tönen, welche an mein Ohr drangen, war zu vermuten, daß die zwei sich nicht allein befanden.
    „Alle, alle müssen in die Hölle fahren; nur den Deutschen lassen wir leben!“ sagte der Fakir, als ich nun in bequemer Stellung lag und lauschte.
    „Warum das?“ meinte der Dschellabi. „Gerade er müßte der erste sein, den unsere Kugeln oder Messer treffen.“
    „Nein. Ihn will ich aufheben, um ihn meinem Sohn zu bringen. Er soll lange, lange Qualen erdulden. Es fällt mir nicht ein, ihn eines schnellen Todes sterben zulassen.“
    „Dann mußt du gewärtig sein, daß er dir wieder entwischt.“
    „Entwischen? Unmöglich! Ich weiß, daß er ein Teufel ist; aber es gibt genug Mittel, selbst einen solchen Satan zu bändigen. Ich werde ihn wie ein reißendes Tier einsperren. Nein, entkommen, entkommen wird er mir nun und nimmermehr! Ginge es nach mir, so ließ ich auch die Asaker leben, um sie langsam zu Tode zu martern; aber da wir nicht lange Zeit zu verlieren haben, so müssen wir uns ihrer schnell entledigen. Wie wollte ich diese Halunken peinigen, welche unsere Genossen erschossen und meinen Sohn, also uns alle um einen so Großen Gewinn gebracht haben!“
    „Ja, für diese Fessarah-Sklavinnen wäre viel, sehr viel bezahlt worden. Man sollte diesen Menschen die Hände und die Zunge abschneiden, daß sie weder sprechen noch schreiben und also nichts verraten könnten. Dann müßte man sie an den grausamsten aller Negerfürsten verkaufen!“
    „Der Gedanke ist nicht übel. Vielleicht führen wir ihn aus. Vielleicht ersinnen wir uns auch noch besseres. Es gibt keinen Schmerz, der für sie zu groß, zu schrecklich sein könnte; sie müssen täglich, stündlich sterben, ohne doch wirklich sterben zu können. Sie haben das verdient, besonders dieser fremde Hund, welcher alle, alle unsere Absichten zu erraten, alle unsere Pläne zu durchschauen weiß und mit der Hilfe des Teufels stets dann entwischt, wenn man ihn am sichersten zu haben meint.“
    „Das ist es ja eben, was uns zur größten Vorsicht mahnt! Wenn er uns heute wieder entwischen sollte!“
    „Da habe ich keine Sorge! Die Befehle, welche ich gegeben habe, sind so sorgfältig ausgedacht, daß ein Mißerfolg gar nicht eintreten kann. Den ersten Schuß gebe ich ab, und ich ziele auf das Bein des Deutschen. Ist er da verwundet, so kann er uns jetzt und auch später nicht entkommen. Ist dieser mein Schuß gefallen, so drückt auch ihr anderen ab. Gegen siebzig Kugeln sind jedenfalls hinreichend, sie alle niederzustrecken.“
    „Man sollte es denken. Eigentlich ist es eine Schande für uns, daß wir wegen zwanzig Asakern eine solche Anzahl von Kriegern aufgetrieben haben.“
    „Das geschah nicht der Asaker, sondern des Effendi wegen. Unter seiner Führung sind zwanzig Männer so gut wie sonst hundert, und ich sage dir, daß wir nur durch das Unerwartete, durch die Plötzlichkeit des Überfalls siegen können. Wenn wir es zur Gegenwehr kommen ließen, so würde der Erfolg sicher zweifelhaft sein.“
    Ich mußte leise lachen. Weder der Dschellabi noch der Fakir besaßen die Klugheit, welche zur Ausführung ihres Vorhabens unbedingt erforderlich war. Sie hatten nicht einmal jetzt eine Wache ausgestellt, um sich unsere Ankunft melden zu lassen; das vernahm ich aus ihren weiteren Worten. Auch hörte ich, daß der Ort, an welchem sie sich befanden, der Quelle so nahe lag, daß Sie das Geräusch, welches sie von uns erwarteten, deutlich zu hören hofften.
    Aus der Rede des Fakirs ging hervor, daß sein Sohn, der Sklavenjäger, dem Raïs Effendina eine Falle gestellt hatte. Das erfüllte mich mit Besorgnis, und ich nahm mir vor, hier schnell zu handeln und dann unsern Ritt zu beschleunigen, um möglichst rasch nach Karthum zu kommen und den Bedrohten zu warnen. Vor allen Dingen galt es, die Situation zu überschauen. Da, wo ich lag, war das Gebüsch so dicht, daß ich nicht hindurchblicken konnte. Ich kroch weiter, nach links, und fand dort eine lichte Stelle, welche mir die gesuchte Aussicht bot. Mein Auge fiel auf einen baumfreien Raum, auf welchem die siebzig Männer lagerten, viele nur halb bekleidet, aber alle gut bewaffnet. Ich sah Gesichter von hellbraun an bis zum tiefsten Schwarz. Die Kamele lagerten eins neben dem
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