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2597 - Hyperkaelte

2597 - Hyperkaelte

Titel: 2597 - Hyperkaelte
Autoren: Christian Montillon
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verlieren, dann ja wohl jetzt. ES hat sich als Schlächter erwiesen, auch wenn das wohl niemand direkt beim Namen nennen wird. Es gibt bestimmt eine gute Erklärung dafür.
    Oder es würde sie geben, wenn sich irgendjemand darum scheren könnte in ein paar Stunden. Oder wohl eher Minuten, wie ich die Sache so sehe. Dann bleibt keiner mehr, der etwas davon weiß.
    Es ist ja alles in einem hübsch abgeriegelten Bereich geschehen, hinter dem rundum geschlossenen Kristallschirm, und es wird einen Knall geben, und dann ist niemand mehr da, der sich an die 100 Millionen erinnern könnte.
    Bald wird man, wenn überhaupt, von den soundso viel Milliarden sprechen, die es erwischt hat. Von der Menschheit, die einst
    ach so wichtig war zwischen den Sternen.
    Gucky hat mich hierher teleportiert, auf diese Brüstung über dem Erholungspark rund um die Zuchtgärten. Es ist der schönste Platz in der ganzen JULES, man hört sogar simulierte Tierstimmen, die klingen, als wären sie echt. Pflanzen, Bäume, ein holografisch aufgespannter Himmel mit echten Sternbildern ... Ich war immer gerne hier.
    Wahrscheinlich hat der Mausbiber diesen Ort aus meinen Gedanken genommen und ist dorthin gesprungen.
    Ja, ich kam oft und gern hierher, von dieser Brüstung aus hat man einen phantastischen Blick. Man kann so weit hinausschauen, als wäre man wirklich in der freien Natur. Es erinnert mich an mein Elternhaus, das an einem Berghang stand, einsam und nur über den Luftweg zu erreichen. Es gab da einen kleinen Robotgleiter, der mich schon als Kind eigenständig in die Stadt transportierte.
    Eine tolle Zeit, eigentlich, wenn ich es damals auch langweilig fand.
    Ich gehe an den Rand der Brüstung. Ein Geländer reicht mir bis zur Brust. Das ist auch nötig, weil es dahinter mindestens fünfzehn Meter in die Tiefe geht. Außer dem Geländer gibt es noch eine unsichtbare energetische Absturzsicherung.
    Aber ich bin ein hochrangiger Offizier.
    Ich kann sie abschalten.
    Klick.
    Der herrliche Anblick lässt kaum erahnen, dass dort draußen die Welt untergeht. Terra, Luna, die Venus, der Mars, die Sonne, die Raumstationen und Schiffe und die ganzen Leute, die in diesen Rettungskapseln irgendwo umhertreiben. Auch die JULES übrigens. Alles wird gleich nicht mehr existieren.
    Das Geländer besteht aus mehreren Querstangen.
    Gut geeignet, um hindurchzusehen, für Angehörige kleinerer Völker oder auch für Kinder verdirbt es nicht den Blick.
    Gut geeignet aber auch, um hinaufzusteigen.
    Tja, ich war einer von den vielen, die kämpften, aber ich habe versagt, und für einen Neuanfang bleibt keine Zeit mehr.
    Das Bild der Zuchtgärten verschwimmt mit der Erinnerung an den Berghang und die schroffen Felsen meiner Kindheit. Wenn ich die Augen schließe, kann ich sogar meine Großmutter sehen. Sie starb, als der Tod auf Terra wandelte, Ramihyn, dieser Zyklop, dieser Diener der Materie. Damals war sie gerade zu Besuch bei ihrer Schwester in der Stadt. Wäre sie doch zu Hause in der Gebirgs-Einöde geblieben. Ich habe meine Großmutter immer geliebt.
    Seltsam, es wird einem schwindlig, wenn man sich soweit über ein Geländer beugt, dass man gleich kippen wird. Warum eigentlich? Weil man Angst hat zu fallen? Ich fürchte mich doch nicht. Wieso auch?
    Ich bin Gunder Zenthor und ich atme noch einmal tief durch. Die Luft ist gut. Nicht mehr lange. Bald wird sie heiß sein und alles verbrennen. Ob die Menschheit überhaupt mitbekommen wird, wie sie stirbt?
    Diese Frage wird für mich offenbleiben.
    Ich fühle mich wohl.
    Ich beuge mich noch ein bisschen weiter vor. Meine Uniform macht ein seltsames Geräusch, als sie über die oberste Stange rutscht.
    Dann noch ein leichter Schmerz am Fuß, als er anstößt.
    Nur noch eine oder zwei Sekunden.
    Wie schön.

9.
    Betty Toufry
     
    Es war das erste Mal, dass Betty ihre Freundin Eritrea Kush darum bat, ihre Gedanken lesen zu können. Und es würde auch das einzige Mal bleiben, hoffte sie. Auf diese Weise konnte sie am schnellsten erfahren, was der Soldatin in der Zwischenzeit über die Lage im Solystem berichtet wurde.
    Eritrea stand als lebensechtes Holo vor ihr in den silbrigen Schwaden der Pilotensphäre; weil die Silberkugeln nahe beieinander über dem Kraftfeld des Parablocks schwebten, konnte Betty auch auf das Original zugreifen.
    Und was sie in ihren Gedanken las, erschreckte sie bis auf den Grund ihrer Seele. Steuergeräte aus dem Forschungszentrum TZA'HANATH, die ohne jede Wirkung geblieben waren. Letztlich
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