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252 - Die Schrecken der Medusa

252 - Die Schrecken der Medusa

Titel: 252 - Die Schrecken der Medusa
Autoren: Volker Ferkau
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das Auge blickte, leuchtete ein weißer Strand, der begrenzt war von felsiger Landschaft; ein begrünter Felsblock mit Steilküsten. Eukalyptus, Feigenbäume, Palmen, Xamelien, Fuchsien und wilde Rosen wuchsen hier im trauten Nebeneinander. Fast hätte man meinen können, sich viel weiter südlich zu befinden, irgendwo im Mittelmeer.
    »Ein Paradies…«, murmelte Matt und seine Hand strich über die Blüten einer Hortensie, die höher als zwei Meter und ebenso breit vor ihnen aufragte und den schmalen Weg fast verdeckte.
    Matt erinnerte sich an James T. Brookenheimer, einen ziemlich snobistischen Briten, den er als Soldat in Berlin kennen gelernt hatte. Er hatte auf dieser Insel viel Zeit verbracht und fortwährend davon geschwärmt. Von megalithischen Grabanlagen, von Pflanzenparks, Museen und davon, dass Victor Hugo einst in St. Peter Port im Exil gelebt hatte, worauf die Bewohner der Hauptstadt noch heute stolz seien. James T. - ein verrückter, liebenswerter Kerl… und mehr als fünfhundert Jahre tot!
    »Was ist das ?«, stieß Aruula, die ein paar Schritte vor Matt ging, plötzlich hervor.
    In der nächsten Sekunde sah Matthew, was sie meinte. Hatte einst auch Michelangelo auf dieser Insel gelebt? Nein, gewiss nicht! Dennoch hätte die von bunten Blumen eingerahmte, aus hellem Stein gehauene Tiergestalt von ihm stammen können.
    »Ein Wakudabulle!« Aruula ging einen, dann noch einen Schritt näher heran und strich mit den Fingern über den Stein. Sie runzelte die Stirn. »Unglaublich - so lebensecht.«
    »Das muss von einem großen Künstler stammen«, sagte Matt. Auch er befühlte den Stein. Jede Hautfalte, jede Pelzsträhne des rindähnlichen Tieres, bis hin zu den Augenwimpern - alles war vollkommen. Ein naturalistisches Kunstwerk, wie es nur ein Genie schaffen konnte. Das Tier sah aus, als hätte es vor Stunden noch gelebt und wäre mitten in der Bewegung versteinert worden. Welche Überraschungen hielt Guernsey noch für sie bereit?
    Matt untersuchte die Skulptur. Irgendetwas daran zog ihn wie magisch an und stieß ihn gleichermaßen ab, und Aruula schien es ähnlich zu gehen.
    Dann erkannte Matt, warum er nicht akzeptieren konnte, was er doch eindeutig vor sich sah: Dies war kein geschaffenes Kunstwerk. Es gab weder Ansätze, anhand derer man erkennen konnte, wo der Meister den Meißel angesetzt hatte, noch gab es Einsprünge oder Maserungen im Stein. Was aber noch viel unheimlicher war: Wo das Fell in Büscheln abstand, war jedes einzelne Haar mikroskopisch fein modelliert worden. So etwas hätte kein Künstler in keiner Epoche fertig gebracht. Dafür fehlte einfach die Technik.
    »Irgendwas stimmt hier nicht«, flüsterte Aruula leiser, als es notwendig schien.
    »Das glaube ich auch«, antwortete Matt. »Man könnte fast vermuten, Medusa wäre hier gewesen.«
    »Medusa? Wer soll das sein?«, wollte Aruula wissen.
    »Eine so genannte Gorgone. Medusa ist eine Sagengestalt der griechischen Mythologie.«
    »Also weit vor unserer Zeit?«
    »Vor vielen tausend Jahren. Der Legende nach war Poseidon, der Gott des Meeres, in eine Göttin namens Pallas Athene verliebt.«
    Aruula riss die Augen auf. »Götter! Siehst du, Maddrax, es hat mit Göttern zu tun! Meikel hatte also recht!« Sie blickte schaudernd auf den Golf, dessen Wasser nun ruhig und behäbig im Sonnenlicht glitzerte, dann zurück zu Matt. »Erzähl weiter!«
    »Irgendwann erwischte Pallas Athene die schöne Gorgone Medusa mit ihrem Poseidon«, fuhr Matt fort. »Das gab dann richtig Stunk im Olymp. Medusa drehte durch und verwandelte sich in ein geflügeltes Ungeheuer mit Schlangenhaaren, langen Eckzähnen und glühenden Augen. Jeder, den sie anblickte, verwandelte sich in Stein…« Er kam ins Stocken. »Na ja, so genau kenne ich mich in griechischer Mythologie nicht aus. Ich weiß nur noch, dass Medusa zum Schluss vom Helden Perseus enthauptet wurde, der ihren Kopf dann als Waffe einsetzte…«
    Aruula starrte die Skulptur an. »Dann ist also Perseus hier aufgetaucht und hat -«
    »Aber nein«, unterbrach Matt sie. »Das ist nur eine Sage, ein Märchen. Diese Götter gab es in Wirklichkeit nicht.«
    »Und warum sind sie dann nicht vergessen worden, so viele tausend Jahre lang?«
    »Weil Menschen Märchen lieben.«
    Sie sah ihn kritisch an. »Ah«, sagte sie mit mildem Spott. »Und wie erklärst du dir dann das hier ?«
    Gute Frage. Ein kalter Finger strich Matt über die Wirbelsäule. Hier war definitiv etwas geschehen, das nicht von dieser Welt
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