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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II
Autoren: Karl May
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um über diese beiden Orte zu berichten. Was sie nach ihrer Rückkehr sagten, konnten wir natürlich nicht hören. Wir hatten wegen des Sturms ja kaum das verstehen können, was zwischen uns und ihnen vorher sehr laut gerufen worden war. Soweit unsere Augen reichten, hatte sich die anfängliche Aufregung der Tschoban gelegt. Die noch nicht von ihren Pferden gestiegen waren, taten das nun jetzt; sie setzten sich nieder, um das Ergebnis der Dschema abzuwarten.
    Ich muß erwähnen, daß das Wasser des Flusses noch immer stieg. Der nördlich vom Felsentor und südlich vom Felsenloch wehende Sturm trieb den Rauch der beiden Riesenfeuer in die Falle herein. Die stechend und brenzlich riechenden Wolken krochen von unten herauf und von oben herunter, bis sie sich in der Mitte, wo die Beratung stattfand, trafen. Der Luftdruck hielt den Rauch nieder. Zuweilen war dieser so dicht, daß er uns den Blick auf die Tschoban raubte. Dann mußten wir warten, bis ein pfeifender Windstoß hereinfuhr und den Rauch in die Höhe wirbelte. Das gab der ganzen Szene etwas eigentümlich Urweltlich-Elementares. Die Tschoban erschienen wie eine verlorene Schar von Pygmäen, die von unwiderstehlichen, riesigen Gewalten zermalmt und vernichtet werden sollten. Sie waren sich über ihre Lage noch nicht im klaren und beschlossen also, sie zu untersuchen. Es wurde nach Wegen geforscht, die empor zur Höhe führten, zunächst hüben auf unserer Seite. Man fand keinen einzigen Pfad. Dann schwammen einige quer durch den Fluß, natürlich auf ihren Pferden, denn man weiß ja, daß die Tschoban das Wasser scheuen und keine Schwimmer sind. Sie sagen, wenn Allah gewollt hätte, daß die Menschen schwimmen sollen, hätte er ihnen Flossen gegeben. Man suchte hierzu Pferde aus, die noch kräftig genug waren; deren gab es aber nur sehr wenige. Diese Reiter sollten drüben suchen; sie kehrten aber ebenso unverrichteter Sache zurück. Dann folgte wieder eine längere Beratung. Hierauf setzten sich zwei Abteilungen zu Pferd. Die eine ritt nach Süden und die andere nach Norden. An der letzteren sahen wir, welchen Zweck sie verfolgten. Sie ritt so weit an das Felsentor heran, als der qualmende Rauch erlaubte, und ging dann in das Wasser, um zu versuchen, ob wohl da hinauszukommen sei. Wir sahen, wie die Pferde sich weigerten; sie hatten Angst vor dem nassen Element. Derartige Mengen Wassers waren ihnen fremd. Und als man sie endlich hineingezwungen hatte, war es auch den Reitern erwünscht, daß ihre Tiere nicht vorwärts schwammen, sondern schleunigst nach dem sicheren Ufer zurückkehrten, weil von draußen auf sie geschossen wurde. Die Tschoban begriffen, daß an ein Hindurchkommen gar nicht zu denken war, und wandten sich der Dschema wieder zu. Bald kehrte auch die andere Abteilung zurück, die ebensowenig erreicht hatte.
    Man sah es den Ältesten an, daß sie nun an das Ende ihres Witzes gelangt waren, was aber nicht etwa zur Folge hatte, daß sie sich zu ergeben beschlossen. Sie waren eingefleischte Moslemin und also Fatalisten. Sie hatten zu entkommen versucht, jedoch vergeblich. Damit, glaubten sie, hatten sie ihre Pflicht getan. Das war genug. Was nun geschah, das wurde Allah überlassen, der am besten weiß, was seinen Tschoban frommt. Dieser Fatalismus hätte vielleicht nicht so unmittelbar und augenfällig gewirkt, wenn ihm nicht die ebenso tiefe wie allgemeine Ermüdung zu Hilfe gekommen wäre. Wir sahen, daß viele sich hinsetzten und einfach die Hände in den Schoß legten. Andere wickelten sich in ihre Decken, um einzuschlafen. Über diesen Schlaf hinauszudenken, dazu fehlte ihnen die Energie. Auch bemerkten wir, daß die Dschema unter sich nicht einig war. Zwar konnten wir nicht hören, was die Mitglieder untereinander sprachen, aber aus ihren sehr lebhaften und sehr ausdrucksvollen Gebärden war zu schließen, daß sie vielfach gespaltene Meinungen vertraten. Erst nach längerer Zeit schienen sie sich über einen Entschluß geeinigt zu haben. Um ihn auszuführen, stand der Scheik von seinem Sitz auf, kam wieder näher herbei und rief nach Merhameh. Es war bezeichnend, daß er nicht mit dem Dschirbani zu sprechen verlangte. Merhameh stieg wieder zur Platte hinab und ließ sich vor ihm sehen. Er war außerordentlich höflich gegen sie. Er gab zu, daß er mit seinen Tschoban eingeschlossen sei, doch behauptete er, durch einen kräftigen Vorstoß sofort entkommen zu können, selbst durch das Feuer. Es sei ja Wasser genug vorhanden, um sogar die größte
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