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2402 - Der GESETZ-Geber

Titel: 2402 - Der GESETZ-Geber
Autoren: Unbekannt
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auf dich warten."
    „Woher weißt du das? Niemand weiß, wie es auf der Akademie zugeht."
    Vizquegatomis borstiges Nackenfell sträubte sich. Die steifen Strähnen zogen sich bis zur halben Rückenmitte.
    Durch die Wipfel der Bäume fiel ein greller Lichtstreifen und ließ das schwarze Fell bläulich schimmern. „Und deswegen glaubst du, es ist klug, nicht mit dem Schlimmsten zu rechnen? Denk an unseren Vater."
    Was sollte Pothawk darauf sagen? Er konnte gegen den Bruder kein Argument mehr ins Feld führen. Er hatte Viz nie besiegen können, weder im Kampf noch in der Rede. Aber das war kein Wunder.
    Schließlich war er vier Jahre jünger – und vier Jahre bedeuteten in ihrem Alter nicht mehr und nicht weniger als alles.
    Damit hatte er sich längst abgefunden, aber dass Viz ihren Vater erwähnte, stieß Pothawk bitter auf. Was wollte er damit sagen? Dass Vater eben nicht mit allem gerechnet und deswegen gestorben war?
    Sein Bruder merkte wohl selbst, dass er zu weit gegangen war, und schlug vor: „Gehen wir fischen. Fang einen Mencar für mich und beweis mir, was du draufhast, Kleiner. Wenn ich nicht mehr da bin, ruht alle Verantwortung auf dir. Du bist kein albernes Kind mehr wie Pouxai oder Limbox."
    Limbox war zwei Jahre jünger als Pothawk, und er war so schmächtig, wie Viz massig war. Kaum zu glauben, dass sie alle Brüder waren. Viz war stark, Limbox für sein Alter auf beinahe unheimliche Weise geschickt, und er, Pothawk, war gewieft.
    Daher würde er diese Unterscheidung niemals laut aussprechen, denn er verspürte keine Lust, von einem beleidigten Vizquegatomi verprügelt zu werden.
    Denn selbstverständlich verfügte jeder der drei über alle genannten Eigenschaften – es war nur so, dass Pothawk beobachtet hatte, wie sich bei jedem Bruder eine davon besonders gegenüber den anderen absetzte. Jeder hatte seine ganz besondere Stärke, und die würde sich eines Tages ausnutzen lassen, nachdem sie alle die Akademie besucht hatten.
    Zusammen würden sie ein perfektes Gespann bilden, eine Diebesgruppe, die ausziehen konnte, um das Universum auf den Kopf zu stellen.
    Aber Pothawk wusste genau, dass es dazu womöglich niemals kommen würde. Nur sehr selten blieben Brüder ihr Leben lang zusammen. Außerdem würden sie mit einigen Jahren Abstand die Akademie abschließen. Wenn er oder sogar Limbox die LAOMARK zum ersten Mal verließen, war Viz schon lange unterwegs und vielleicht gar nicht mehr am Leben.
    Ihn graute bei dieser Vorstellung, aber das Leben als Meisterdieb war nun einmal gefährlich. Wenn man sich nicht gut genug vorbereitete ... nicht besonders schlau war oder stark oder geschickt ... oder wenn das Opfer über unerwartete Ressourcen verfügte ... dann kehrte selbst ein tausendfach geprüfter Spezialist mitunter nicht mehr zurück. Das Schicksal ihres Vaters sorgte dafür, dass Pothawk das niemals vergaß.
    Und das machte ihm Angst.
    Große Angst sogar, die ihn daran hinderte, viele Dinge zu tun, die er eigentlich gern getan hätte.
    Viz fauchte ihn an: „Was ist? Gehen wir?"
    „Wir gehen", versicherte Pothawk eilig. „Und einen Mencar fange ich dir, du wirst schon sehen. Du kannst dich auf mich verlassen." Er würde sich nicht davon abhalten lassen, dass Mencars inzwischen nur noch sehr selten zu finden und nur mit großem Geschick zu fangen waren.
    Vizquegatomi sprang los. Pfeilschnell hastete er an Bäumen vorbei, übersprang Büsche und landete krachend auf einem meterhohen Berg von sprödem Unterholz, das sofort nachgab und rutschte.
    Viz stieß sich mit den Hinterbeinen von dem riesigen Haufen aus morschen Ästen ab. Er warf seinen Leib zur Seite, schlug einen Salto und verschwand aus Pothawks Sicht.
    Pothawk würde sich nicht abhängen lassen! Er kannte diese Unterholzberge, erzeugt von Robotern, die den Wald pflegten. Sie galten als gefährlich und verbotenes Terrain, aber was Viz konnte, konnte er auch!
    Er rannte los, übersprang ebenfalls die Büsche. Eine seiner leichtesten Übungen.
    Diesmal würde er seinen Bruder nicht enttäuschen wie so oft zuvor.
    Diesmal würde er nicht versagen, weil er zu viel Angst hatte oder einfach nur zu schwach war.
    Diesmal würde am Ende des Tages Vizquegatomi anerkennend mit der Schwanzhand wedeln.
    Unter ihm barst das morsche Holz, als er aufkam.
    Was ...?
    Krachend brach er tiefer. Splitter wirbelten überall um ihn, tote Äste kratzten über sein Fell.
    Aber Viz ist viel schwerer als ich! Wieso ...?
    Eine Ohrenhand – die rechte –
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