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24 kurze Albträume (German Edition)

24 kurze Albträume (German Edition)

Titel: 24 kurze Albträume (German Edition)
Autoren: Regina Schleheck , Oliver Henzler , Michael Rapp , Bernhard Giersche
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fiel...
     

Alex­an­der Drews
     
    Ge­spens­ter
     
    Sturm­ge­peitsch­ter Re­gen trifft
    mit vol­ler Wucht die Fens­ter
    Blit­ze zucken zit­ternd
    durch die end­los schwar­ze Nacht
    Zwei­ge krat­zen an den Schei­ben,
    jetzt ist`s Zeit für die Ge­spens­ter!
    Höre, wie sie schau­rig heu­len,
    wie das Böse lacht!
     
    Der Sturm, er fegt die Blät­ter
    und er biegt und bricht die Bäu­me!
    Und in der Dun­kel­heit da drau­ßen
    sich das Grau­en wohl schon regt!
    Ge­spens­tisch hell er­leuch­tet
    sind die ho­hen al­ten Räu­me
    wenn ein weit`rer Blitz ge­zackt
    und grell her­nie­der­schlägt.
     
    Das Feu­er flackert im Ka­min,
    es lo­dert auf die Flam­me
    der Ker­ze, die den düstren
    finst`ren Kor­ri­dor be­wacht.
    Wir hof­fen, daß die dunklen
    Schat­ten sie wohl si­cher ban­ne,
    während wir der Sa­gen lau­schen
    und der Don­ner kracht!
     
    Wer ver­mö­ge uns zu ret­ten,
    schwän­gen JETZT auf die Türen
    Und ein kal­ter Wind­stoß
    füh­re tief hin­ein ins Zim­mer.
    Käme jetzt das Nacht­ge­spenst,
    wir könn­ten nur ver­lie­ren
    und es trü­ge mit sich fort
    uns und un­ser Ge­wim­mer.
     
     

Ber­nar Le­Ston
     
    Der li­te­ra­ri­sche Ri­va­le
     
    Nigel El­ler­ford Pen­d­er­gast war Schrifts­tel­ler und ver­fer­tig­te zu­meist Gru­sel­ge­schich­ten. Fast im­mer wa­ren Geis­ter, Gob­lins und Gra­bun­hol­de sei­ne be­vor­zug­ten Hand­lan­ger, die den Gu­ten in sei­nen Ro­ma­nen böse mit­spiel­ten. Zu­meist nur ein­mal!
    Mr. Pen­d­er­gast galt als scharf­sin­ni­ger Schrei­ber und lau­ni­scher Mann. Wenn ihm et­was nicht be­hag­te, konn­te er je­weils un­ver­züg­lich han­deln oder sich die Sa­che über län­ge­re Zeit durch den Kopf ge­hen las­sen. So wie im fol­gen­den Fall:
    Nach­dem er wie­der ein­mal mit ei­ner sei­ner Ge­schich­ten zum bes­ten Au­to­ren von Pro­vi­dence, New Eng­land, aus­er­ko­ren wor­den war, hat­te er die­sen Tri­umph nun schon zum sechs­ten Mal in Fol­ge wie­der­holt. Dann aber brach sei­ne Se­rie, weil ein an­de­rer Schrifts­tel­ler, der bis­lang noch nicht öf­fent­lich in Er­schei­nung ge­tre­ten war, ihn mit ei­ner sei­ner Ge­schich­ten über­bot.
    Sie war je­doch hin­sicht­lich Auf­bau, Stil und Span­nung den vor­he­ri­gen von N.E. Pen­d­er­gast so ähn­lich, dass er sich ob der of­fen­sicht­li­chen Imi­ta­ti­on recht be­frem­det fühl­te.
    Der Ge­schla­ge­ne gra­tu­lier­te sei­nem li­te­ra­ri­schen Ri­va­len ar­tig in ei­nem Brief und be­kam auf dem glei­chen Wege ein wohl­klin­gen­des Ant­wort­schrei­ben. Al­ler­dings ent­hielt es, sehr zu Mr. Pen­d­er­gasts Ver­druss, ei­ni­ge ver­bor­ge­ne Spit­zen, die zwi­schen den Zei­len an­deu­te­ten, dass dies nun nicht die letzte Nie­der­la­ge sein wür­de, die der hoch an­ge­se­he­ne Au­tor hin­zu­neh­men habe. Der so Ge­schmäh­te ließ dies aber auf sich be­ru­hen. 
     
    Als sich de­rer­lei Spiel aber im dar­auf fol­gen­den Jahr wie­der­hol­te, fiel N.E. Pen­d­er­gasts brief­li­che Gra­tu­la­ti­on ein we­nig schär­fer aus. In ihr steck­te zu­dem die nicht allzu leicht zu ent­decken­de An­mer­kung, der neue Meis­ter­schrei­ber müs­se wahr­lich Ge­dan­ken le­sen kön­nen, da die Ähn­lich­kei­ten in bei­den Ge­schich­ten frap­pie­rend wären. Die ge­druck­te Ver­si­on des Sie­ger­tex­tes stimm­te näm­lich bis auf we­ni­ge Wor­te mit Mr. Pen­d­er­gasts ein­ge­sand­tem Ma­nu­skript übe­rein.
    Die Ant­wort sei­nes Kon­tra­hen­ten ließ nicht lan­ge auf sich war­ten und ließ, selbst­re­dend ver­schlei­ert, eine ge­hö­ri­ge Por­ti­on Hohn und Spott er­ken­nen.
    Auch jetzt mäßig­te sich der zwei­fa­che Ver­lie­rer in sei­ner Wut auf den geis­ti­gen Dieb­stahl sei­ner Ge­dan­ken, wenn­gleich sich ein klei­ner Ver­dacht in ihm zu re­gen be­gann:
     
    "Wie kann der An­de­re wis­sen, was in mei­nem Kopf vor­geht, wenn er schreibt?"
    Aus dem klei­nen Sa­men die­ses Ge­dan­kens wuchs nach und nach ein zar­tes Pflänz­chen, dann ein Bäum­chen und schließ­lich ein mäch­ti­ger Stamm mit un­zäh­li­gen Blät­tern an star­ken Äs­ten. Tag um Tag und Nacht für Nacht soll­te N.E. Pen­d­er­gast die­se Fra­ge nun be­schäf­ti­gen, wes­halb er kaum noch zum
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