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2386 - Die Diskrete DomÀne

Titel: 2386 - Die Diskrete DomÀne
Autoren: Unbekannt
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nicht, ob ich weinen oder lachen sollte. Dendio Bauchel machte seinem Namen alle Ehre. Ein weit vorstehender Wanst drohte die Lederhose, an deren Hosenträgern er sich nun festhielt, zu sprengen. Und er war winzig. Um beinahe einen Kopf kleiner als Alexim. Die knollige Nase und der schmale Mund wuchsen aus einem Bartgewüschel hervor, das beinahe bis zum Boden reichte. Die schwarzen Haare waren schlampig zu mehreren Zöpfen geflochten, die Bauchel wirr über die Schulter hingen. Seine Augen irrten wild umher. Er zitterte. Es musste ihn alle Kraft gekostet haben, sich mir gegenüberzustellen.
    Verachtungsvolle Blicke trafen ihn.. Er schien trotz seines Amtes nicht besonders gut gelitten zu sein. „Verzeih mir, Dorfminster, dass ich mich einer Herausforderung nicht stellen kann", sagte ich so laut, dass mich alle Anwesenden hören konnten, „aber ich bin bereits Lemaha und Alexim verpflichtet.
    Es ist so, wie sie es sagten: Wir sind unterwegs, um die Schäden am Mesoport-Netz zu sichten und eine Reparatur herbeizuführen. Durch eine Fehlschaltung kamen wir vom Weg ab und landeten hier, in Noimblum. Und soll ich euch etwas sagen, meine Freunde? Ich bereue es nicht!
    Denn dieses Dorf ist das bezauberndste, das ich seit langer Zeit gesehen habe." Ich atmete tief durch. Alle Gespräche waren indes versiegt. Vermittels meiner Gabe ließ ich eine weitere „Gedankenblase" entstehen, die sich sanft über die Telomon senkte und sie weiter besänftigte. „Es würde mich freuen, wenn wir für kurze Zeit die weithin gerühmte Gastfreundschaft des Dendio Bauchel genießen dürfen."
    „Hat sich die Beliebtheit des Dorfminsters von Noimblum also herumgesprochen?"
    Der Kleine warf sich in Heldenpose, streckte die kaum sichtbare Nase in den Himmel, hob schließlich erneut die Arme und brüllte: „Deckt die Tische, füllt die Krüge und holt die Instrumente aus den, Kästen! Freunde sind zu Besuch; auch wenn manche von ihnen unter krankhaftem Wachstum leiden mögen, wollen wir doch großzügig über ihre körperlichen Mängel hinwegsehen. Feiert, meine Freunde, feiert!"
    Verhaltener Applaus erklang. Ich verstärkte ihn gezielt, sandte eine sanfte Welle der Euphorie an die Telomon aus.
    Quietschfidel und aufgeregt eilten sie nun von Haus zu Haus, besprachen sich untereinander und schafften Fressalien heran, sodass sich die herbeigeschafften Tische bald unter ihrem Gewicht bogen. „Versteh ich nicht", sagte Alexim leise zu mir, der sich nicht von der Hektik hatte anstecken lassen. „Dendio Bauchel scheint mir nicht sehr beliebt zu sein. Dennoch fressen ihm die Noimblumer aus der Hand.
    Ebenso unerklärlich ist mir der Meinungsumschwung, was dich betrifft, Ama Zurn." Ein misstrauischer Blick streifte mich. „Hast du etwas damit zu tun?"
    „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst", log ich. „Aber ich begrüße die Möglichkeit, mehr über euer Volk in Erfahrung zu bringen. Ich möchte wissen, wem ich meine Dienste angeboten habe."
    Und so nebenbei gesagt, spürte ich fürchterlichen Hunger. Vielleicht benötigte mein Metabolismus kaum oder wenig Nahrung. Aber eine 55.000 Jahre andauernde Fastenkur erschien mir als ausreichend lange.
     
    *
     
    Einerseits saß ich auf Nadeln. Ich wollte zurück nach Neu-Lemur, die Sonnentransmitter-Anlagen besichtigen und den Datenträger des Zentralen Rechners in Ruhe begutachten.
    Andererseits musste ich mehr über die Telomon in Erfahrung bringen. Waren vielleicht sie selbst schuld am Versagen des Mesoport-Netzes, hatten sie in grenzenloser Naivität Fehlschaltungen initiiert, die sich immer weiter aufschaukelten?
    Alexim, Lemaha und ich wollten bis in die Abendstunden abwarten, um dann einen neuerlichen Versuch im Mesoport-Netz zu wagen. Irgendwann, so hatte die Erfahrung meine beiden kleinen Begleiter gelehrt, würden sich die Fehler selbst korrigieren.
    Beunruhigend blieb, dass die Fehlerhäufigkeit laut Alexim rasant zunahm.
    Ich lauschte Dendio Bauchels „Ode an den Brechreiz". Der Fette war ein verkommener Säufer, eine scharfzüngige Spottdrossel - und ein begnadeter Redner.
    Hinter seiner Fassade verbargen sich ein messerscharfer Intellekt und unendliche Traurigkeit.
    Ich hatte es vom ersten Moment an gespürt: Verzweifelt buhlte Dendio um Aufmerksamkeit und um die Liebe der Noimblumer, ohne die Mittel zu besitzen, sie tatsächlich zu erringen. Er war derb, unhöflich, frech, tapste von einem Fettnäpfchen ins nächste. Lachte, wenn es unpassend war, und schwieg, wenn Worte
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