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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wagen konnte, hatte sich die Masse erst noch zu beruhigen und zu senken. Zugleich langten diejenigen von unseren Leuten an, mit denen an der andern Seite des Berges der geheime Gang von außen besetzt worden war. Auch sie hatten die Detonationen gehört und die Erschütterung der Erde gespürt. Als sie dann später bemerkten, daß sich die Ultra-Taki gar nicht mehr in dem Gang befanden, hatten sie geglaubt, ihren Posten verlassen zu dürfen. Sie kamen eben von der einen Seite in den Duar, als die von ihnen eingeschlossen Gewesenen von der andern, der Seite des Tempelberges, sich näherten. Diese letzteren gingen mit würdevoll abgemessenen Schritten und hochgetragenen Häuptern stolz zwischen den Dschamikun hindurch, um jenseits in der Schlucht des Baches zu verschwinden! Den ersteren aber sagte der Ustad, daß die nicht gebrauchten Signalflammen sich heut abend in Freudenfeuer zu verwandeln hätten, wobei auch die verteilten Fackeln mit zu verwenden seien. Das brachte die schnellste Bewegung auch in die Menge der Frauen und Kinder. Man ging sofort an das Werk, alles vorhandene Brennmaterial zusammenzusuchen und die Zahl der Holzstöße zu vermehren, denn heut abend müsse es im Tal so hell wie am Tag sein.
    Hierauf wurde beschlossen, einen Ritt um den See zu machen, um nach den gefallenen Schatten zu sehen. Sie lagen nur an den Stellen, welche von den Kanonen bestrichen worden waren. Wir fanden nicht nur den Vertrauten des Mirza, sondern auch sämtliche Pädärahn, welche an jenem Sonntag des Gottesdiensts mit dem Mirza und dem Henker als Bluträcher zu uns gekommen waren. Der Ustad beschloß, diese Leichen alle den Ultra-Taki hinüberzuschicken, um nach dem von dem Scheik ul Islam vorgeschriebenen Dogma und Ritus begraben werden zu können. Das solle eine Todeskarawane werden, welche wirkliche Verstorbene, nicht aber Gewehre für Empörer transportiere.
    Als wir das andere Ende des Sees erreichten, stand das Zelt Ahrimans verlassen, gänzlich menschenleer. Wir gingen hinein. Es war fürstlich ausgestattet. An der hintern Wand stand zwischen einem Diwan und einem langen Speisetisch eine köstlich gearbeitete, verschlossene Truhe. Über ihr hing ein kleines Bild und ein vergoldeter Schlüssel dabei. Der Ustad trat hinzu, um nachzusehen, was für ein Bild es sei. Kaum fiel sein Blick darauf, so stieß er einen Ruf der Überraschung aus. Er nahm es herab und ging zum Eingang, um besser sehen zu können. Dann öffnete er vorn sein Gewand und zog eine Perlenkette unter demselben hervor, an welcher auch ein Bild, von ganz derselben Form und Größe, hing. Er hielt beide nebeneinander, um sie zu vergleichen. War das seinige vielleicht dasselbe Bild, von welchem Pekala mir erzählt hatte, daß er es an einem einzigen Tage des Jahres auf seinem härenen Gewand trage?
    Nach einiger Zeit kehrte er zur Truhe zurück und versuchte, ob der Schlüssel passe. Es war der richtige. Sie schien nur Papiere zu enthalten. Er griff hinein, um zu sehen, was für welche. Er las, griff weiter und las wieder. Dann drehte er sich zu mir herum und sagte:
    „Befremdet es dich, wenn ich euch bitte, mich jetzt zu verlassen? Ich muß allein sein, muß suchen und lesen. An der Verfolgung der Schatten beteiligte ich mich nicht; sie widert mich an. Nach dem aber, was ich hier sehe, möchte ich, daß keiner von ihnen entkomme, kein einziger. Ich habe sie alle zu fassen, alle, und dem Beherrscher auszuliefern. Das Reich muß frei werden von ihnen, gänzlich frei! Darum bitte ich euch, reitet unseren Leuten nach und sorgt dafür, daß man ja nicht nachsichtig oder gar sorglos verfahre! Ich vermute, daß ich lange Stunden brauche, bis ich hier fertig bin; für mich habt ihr euch also mit eurer Rückkehr nicht zu beeilen.“
    So stiegen wir drei also wieder auf und ritten nicht nach dem Duar zurück, sondern nach Osten, gegen die Pässe. Die dorthin führende Ebene lag frei. Kein Mensch war auf ihr zu sehen. Die sehr flüchtig berittenen Schatten hatten keine Nachzügler oder gar Erschöpfte zurückgelassen, und die Verfolger waren ebenso schnell hinterher gewesen. Als wir in der Nähe des Gebirgszuges angekommen waren, sahen wir, daß man sich geteilt hatte, um gleichzeitig durch beide Pässe zu gehen. Wir wählten den südlichen, den des Hasen, durch welchen Kara damals mit Tifl geritten war. Auf seiner Höhe angekommen, sahen wir die herrenlose, steppenähnliche Fläche unter uns liegen, auf welcher Kara den von den Bluträchern gejagten Scheik der

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