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2274 - Motoklon Hundertneun

Titel: 2274 - Motoklon Hundertneun
Autoren: Unbekannt
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tiefer.
    Aussteigen, links den Gang entlang, in die kleine Halle.
    Ein dezentrales Kraftwerk stand hier, zuständig für den internen Energiebedarf der untersten zwei Decks an Bord. Hundertneun regelte die Kraftwerksleistung bis zum Maximum hoch, rief sich einen Überrangbefehl in Erinnerung und desaktivierte die Notdrossel genannte Sicherung. Die redundanten Schutzschaltungen unterband er mit mehreren Befehlsketten.
    Zuletzt erzeugte er eine Anfrage nach weiterer Energiesteigerung, die in fünf Minuten eingehen würde. Provisorien, die nach dem Hyperimpedanz-Schock zwangsläufig eingerichtet worden waren, erleichterten ihm seine Manipulationen.
    Rasch, aber keineswegs hastig verließ er nach den letzten Handgriffen den Diskusraumer durch die Hauptschleuse.
    Mit weiten Sprungschritten hetzte er über die Ebene des Raumhafens. Er musste seine Kraftreserven behutsam einsetzen. Die körperinternen Speicherzellen leerten sich in rasantem Maße. Heutzutage war es Hundertneun nicht mehr möglich, ausreichend Energie vermittels des Mikrokraftwerks aus dem überdimensionalen Raum zu zapfen.
    Nichts rührte sich hier. Da und dort waren kleine Rauchfahnen zu sehen, die vom lauen Wind rasch zerteilt wurden. Möglicherweise hatten Sicherheitsmechanismen nicht rechtzeitig gegriffen, als Fluggleiter, Prallfeldtransporter oder mobile Antigravs der Kontrolle der todgeschockten Kybb entglitten waren.
    Ein erster Alarm, ein an- und abschwellendes Krächzen, tönte über das weite Feld, von geschickt verborgenen Echofeldern weitergeleitet und verstärkt.
    Die Maschinerien und Mechanismen, die den Raumhafen warteten und am Leben hielten, reagierten träge und schwerfällig auf die Abwesenheit jeglichen Lebens. Den Motoschock hatten sie mit Sicherheit weder anmessen noch spüren können. Dies war lediglich der unartikulierte Hilfeschrei eines ganzen Heeres künstlicher Rechenverbände.
    Er erreichte das Hafengebäude punktgenau, wie berechnet, öffnete die Tür, schlüpfte hindurch. Die INTUUL explodierte.
    Zuerst war der grelle Blitz. Licht, das sich wie per Schalter betätigt durch die runden Fenster ins Halleninnere ergoss. Alles wurde in grelles Weiß getaucht.
    Hundertneun wartete auf das Donnergrollen, es würde sehr laut sein. Er regelte die internen Audioempfänger geringfügig ab.
    Dann toste die Druckwelle unter infernalischem Lärm heran. Sie brachte große und kleine Metall- und Kunststoffteile mit sich, die wie Hagelschlag gegen die Hallenwand trommelten.
    Da und dort bog sich das Metall der Wände unter dem Anprall nach innen. Die Gläser der Lichtfenster unterhalb des Dachfirstes zersplitterten, kleinste Scherben regneten herab und perforierten Hundertneuns Overall.
    Das Hallendach brach, wurde wie von einem Schwert aufgeschlitzt. Ein Wandungsteil eines Raumschiffes, so groß wie ein Gleiter, stürzte herab, begrub den Großteil des Hallengerüstes unter sich. Der First stürzte über die Breite der hinteren Gebäudehälfte vollständig ein. Staub. Krach. Das Brutzeln elektrischer Überschläge. Wassereinbruch. Die Sinneseindrücke wurden immer mehr, belasteten seinen Wahrnehmungssektor.
    Der Motoklon aktivierte den Körperschirm - und zog damit weitere wertvolle Energie ab.
    Wo war Lyressea? Warum wartete sie nicht hier, am vereinbarten Treffpunkt?
    Explosionsartig brach eine Feuersbrunst aus, überschwemmte ihn mit Hitze, reduzierte den Sauerstoff. Hundertneun suchte den Eingangsbereich mit Infrarot-Blick ab. Staubwirbel verhinderten herkömmliche Sicht.
    Da! Ein Hitzefleck, in annähernd humanoider Form. Nahe dem Feuer.
    Sehr nahe...
    Mit wenigen weiten Schritten überbrückte er die Distanz, fegte Metallträger wie Papier beiseite. Er griff dabei auf Energiereserven zurück, die er lieber für einen späteren Zeitpunkt aufgehoben hätte.
    Lyressea lag eingeklemmt unter mehreren verrutschten Kisten, in denen es heftig rumorte. Sie schlief oder war bewusstlos - aber sie atmete. ,Hundertneun empfand rationale Zufriedenheit. Hätte der Motoschock sie getötet oder wäre sie den Folgen der gewaltigen Explosion zum Opfer gefallen, wäre der Plan gescheitert gewesen.
    Behutsam hob er die Kisten beiseite und räumte den kleinen Hohlraum frei, in dem die Mediale Schildwache lag. Lyresseas Oberkörper war seltsam verdreht, das rechte Bein seitlich abgewinkelt. Ihre rechte Schulter wirkte ebenfalls verschoben.
    Behutsam, mit all dem Feingefühl, das er besaß, griff er nach unten und lud sich die Frau auf die Arme. Sie seufzte
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