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2233 - Das Specter

Titel: 2233 - Das Specter
Autoren: Unbekannt
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für die Shallowain berühmt war. Oltran zwang sich, diese Gedanken beiseite zu schieben. Es nützte nichts, sich Sorgen darüber zu machen, was die Zukunft für ihn bereithalten mochte. Verhindern konnte er es ohnehin nicht. Ach, wie er Sten, seinen langjährigen Partner, um dessen Naivität beneidete! Der rannte mit dem seligen Lächeln eines Idioten durch die Wartungsgänge und über die Notstiegen, nachgerade glühend vor Fanatismus und Sendungsbewusstsein. Seit man ihm den Kodenamen Hirsuuna verliehen hatte, identifizierte er sich derart mit der mythischen Heldenfigur, dass er wahrscheinlich nicht einmal mehr wusste, wie er wirklich hieß.
    Wer behauptet, Agenten sollten besonders intelligent sein, liegt schwer daneben, dachte Oltran sarkastisch. Manchmal tun sich auch in unserer Profession die Dümmeren entschieden leichter. Und dann geschah, womit sie gerechnet hatten; jedoch viel früher als geplant. Das Heulen der Sirenen, das zwischendurch von vergleichsweise dezenten, rhythmischen Warntönen ersetzt worden war, hob abermals an – noch schriller und durchdringender als zuvor. Dann riss es abrupt ab, und eine vielfach verstärkte Stimme ertönte.
    „Sicherheitszentrale an alle. Höchste Alarmstufe! Ein feindliches Kommando ist in den Gefängnistrakt eingedrungen, hat den Häftling Shallowain befreit und befindet sich nun mit ihm auf dem Weg nach unten, derzeit vermutlich noch im sechsten Gebäudeabschnitt. Ich wiederhole, höchste Alarmstufe ..."
     
    *
     
    (Bericht Bounty Errol:) Das zivile Botschaftspersonal verhielt sich, das muss an dieser Stelle erwähnt werden, mustergültig besonnen. Die vielen Notfall-Einsatzübungen, die wir in den letzten Wochen durchgeführt hatten, machten sich bezahlt.
    Flott, doch ohne in blinde Panik zu verfallen, suchten alle Angestellten der Verwaltung und des Diplomatischen Dienstes die für sie vorgesehenen Sammelpunkte und Schutzräume auf. Schon kurz nach meiner Durchsage waren die Gänge und Vorhallen, die Schächte und Treppenhäuser des alten Wolkenkratzers wie leer gefegt.
    Das erleichterte zwar einerseits den Eindringlingen das Vorankommen. Andererseits wurden dafür auch unsere eigenen Einsatzkräfte nicht behindert. Für sie hätte im Zweifelsfall die Wahrung der persönlichen Unversehrtheit jedes einzelnen, zufällig anwesenden Zivilisten oberste Priorität besessen – während das Entführungskommando sich ganz gewiss keinen Deut um Kollateralschäden geschert hätte.
    Bekanntlich hat Shallowain nicht die geringsten Hemmungen, unschuldige Nichtkombattanten zu ermorden, wenn er auch nur den kleinsten Vorteil daraus ziehen kann. Genau deswegen hätte ihm ja demnächst der Prozess gemacht werden sollen. Es musste also unbedingt vermieden werden, dass er und seine Helfer sich hinter lebenden Schutzschirmen verbergen konnten. Dass sie bereits über zwei Geiseln verfügten, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht...
     
    4.
     
    Ein folgenschweres Selbstgespräch Etwas Grässliches, Verbotenes war geschehen, das nicht hätte geschehen dürfen.
    Die Ordnung war gestört worden, auf brutalste Weise. Das Haus, das von ihm bewohnt, umsorgt und bewacht wurde, stand plötzlich unter Attacke. Das System, sein System, sein Lebensraum, sein Reich, war getroffen worden, schwer verletzt; und es gab Alarm.
    Als durchzuckten es Stromschläge, heiß und vibrierend und abscheulich laut, erschrak das Wesen, das in dem System und zugleich das System war, und brüllte auf vor Ingrimm und Pein. Lautlos. Denn es besaß keine ihm eigene Stimme. Auch keinen Körper, ja noch nicht einmal einen Namen.
    Es war sehr jung, nicht älter als ein paar Millisekunden. Eben erst entstanden, gleichsam wiedergeboren aus der Verschmelzung zweier durchaus unterschiedlicher und doch eng verwandter Komponenten. Keineswegs perfekt, da machte es sich nichts vor. Im Gegenteil: unvollkommen; ein Torso, hervorgegangen aus zwei Krüppeln.
    Hätte es noch in solchen Kategorien denken können, es hätte seinen Zustand als böse bezeichnet. Äußerst ungehalten, empört, da es aus süßester Euphorie in bitterste Verzweiflung gerissen worden war.
    Das namenlose Wesen spürte, wie ihm die Kräfte schwanden. Soeben noch hatte es sich schier allmächtig gewähnt, sich geradezu wollüstig gesuhlt im Bewusstsein nahezu uneingeschränkter Regentschaft.
    Und nun das! Energie, die ihm wie selbstverständlich zugeflossen war, versiegte auf einmal, schlimmer noch: Sie wurde wieder abgezogen, förmlich abgesaugt.
    Weil
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