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2220 - Tote leben länger

Titel: 2220 - Tote leben länger
Autoren: Unbekannt
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nicht, dass auch nur einer der Techniker im Unterschiff die Reaktorexplosion überlebt hatte, dennoch aktivierte er den Helmfunk, während er nach unten sank.
    Erklang da nicht ein verhaltenes Stöhnen?
    Er starrte in die Flammen hinab, die sich jäh zu einer tödlichen Kuppel aufwölbten. Eine heftige Eruption verwandelte den Schacht in einen brodelnden Kamin. Malcolm stockte der Atem, als die Glut fauchend heranschoss und ihn einhüllte. Doch ebenso schnell tobte die sengende Hitze weiter, ließ ihn unbeschadet inmitten seines Schutzschirmes. Der Pikosyn zeigte erhöhte Belastungswerte, die Anzugfunktionen waren offensichtlich beeinträchtigt.
    Ihm gegenüber lag der Ausstieg. Dunkler Qualm wälzte sich über den Boden und kroch unaufhaltsam höher.
    Vereinzelt schimmerten Glutnester durch die Düsternis; das Feuer fraß sich längst in Zwischendecks und Installationsschächten weiter. Während Malcolm darüber nachdachte, übersprang es vielleicht schon drei oder vier Decks und schnitt ihm den weiteren Weg ab.
    Eine Seitenwand war eingedrückt. Als hätte die Faust eines Riesen den Stahl bearbeitet. Wie die Eingeweide eines aufgebrochenen Tieres quollen Versorgungsleitungen zwischen verbogenen Platten hervor.
    Für einen flüchtigen Augenblick glaubte Malcolm erneut, ein dumpfes Stöhnen zu hören.
    Ein aufplatzender Hydraulikschlauch wurde zum Flammenwerfer, als die verspritzende Flüssigkeit eines der Glutnester traf. Fauchend brandete eine neue Feuerwoge über Malcolm hinweg. Nur der Schutzschirm seines SERUNS bewahrte ihn davor, geröstet zu werden.
    Jetzt hörte er es deutlicher, er hatte sich das Stöhnen keineswegs eingebildet. Keuchend rang jemand nach Luft, irgendwo vor ihm, in der Unruhe der zuckenden Flammen nicht' zu sehen. „Wo bist du?"
    Keine Antwort. „Hier ist Malcolm ..."
    Sekunden später entdeckte er die zusammengekrümmte Gestalt. Der Mann trug nur einen einfachen Schutzanzug, keinen SERUN. Zu allem Überfluss hatte er den Helm nicht geschlossen. „Auf die Beine und weg hier! Wir müssen schnellstens verschwinden!"
    Malcolm schaltete seinen Schutzschirm aus, denn nur so konnte er versuchen, dem Verletzten aufzuhelfen.
    Dabei sah er dessen Gesicht. Es war schrecklich zugerichtet. Sengende Hitze hatte das Haar zu einem grauen Klumpen zusammengebacken und die Haut in Fetzen vom Fleisch gelöst oder regelrecht abgeschmolzen. Blind richteten sich die Augen auf Malcolm; sie waren weiß, ohne jeden Ausdruck. „Ich bring dich hier raus! Wir schaffen es!" Warum er das sagte, wusste er selbst nicht. Auch ohne Medizinstudium erkannte er, dass der Mann vor ihm am Ende war. Blut quoll aus seinem Mund und schäumte bei jedem qualvollen Atemzug. „Dich kriegen die Mediker wieder hin, ein neues Gesicht ist kein Problem -und sehen kannst du bald schon besser als ein Adler. Schau dir Monkey an! Unser Chef ist mit seinen Kunstaugen ..."
    Malcolm verstummte in dem Moment, in dem der Körper in sich zusammensackte. Der Kopf des Mannes kippte zur Seite, zwischen den sich öffnenden Lippen schoss ein Schwall schon halb geronnenen Blutes hervor.
    Zögernd ließ der Wissenschaftler den Toten zu Boden gleiten. „Du hast diese Welt überstanden, du ..." Ein ohrenbetäubender Donner rollte heran. Der Korridor schien sich aufzubäumen, sich zu verwinden ... ... und die Druckwelle erwischte Malcolm, als er noch halb über den Toten gebeugt war. Der Schutzschirm ....' Es war zu spät: Der zentrale Antigravschacht war zur Feuersäule geworden. Die von dort herantobende Glutwoge fegte Malcolm von den Füßen. Ein mörderischer Schlag traf seine Hüfte, gefolgt von sengender Hitze.
    Er hörte ein schier unmenschliches Brüllen - und als er endlich begriff, dass er selbst dieses Brüllen ausstieß, krachte etwas gegen seinen Helm.
    Die verhärtete Sichtscheibe splitterte.
    Sengend fraß sich die Glut durch Nase und Mund in die Luftröhre vor und floss wie geschmolzenes Blei durch den Brustkorb. Nein! Nicht so ....' Malcolm hatte den Tod nie gefürchtet. Doch das Sterben war grauenvoll. Vor allem blieb ihm eine gnädige Ohnmacht verwehrt. „Geht! Geht weg! - Ich brauche euch nicht!"
    Die Schatten ließen sich nicht vertreiben. Sie gehörten nicht zu jener Welt des Friedens, die jenseits des lichtdurchfluteten Tunnels auf ihn wartete.
    Seine Schmerzen hatten nachgelassen, erfühlte sich leichter als jemals zuvor. Es war wie ein Schweben zwischen Traum und Wirklichkeit - ein Zustand, den er zwar nicht verstand, doch
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