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2220 - Tote leben länger

Titel: 2220 - Tote leben länger
Autoren: Unbekannt
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Polarisierung ließ die vielfältigen Verbindungsschächte, in denen die „Nervenfasern" des Bauwerks verliefen, wie ein Feuerwerk aus Lichtreflexen erscheinen. Die gleichzeitige Überlagerung und Abgleichung mit den Plänen durch spezielle Syntroniken gab es leider nicht mehr, das Beste, was er erhoffen konnte, war eine -weniger effiziente - Plausibilitätskontrolle.
    Das Gerüst schwankte. Breitbeinig glich Feburo die heftigsten Erschütterungen aus.
    Sein Blick suchte die Aufsatzkante des noch offenen Haupttropfens ab. Dort, wo bald die Spitze aufragen würde, befanden sich die Aussichtsterrassen mit Hunderten Sitzplätzen und dem Übergang zum zweiten, kleineren Tropfen.
    Verrückte Konstruktion, dachte Feburo, als gäbe es nichts Wichtigeres. Trotzdem ... Selbst in den düstersten Stunden, wenn jegliche Bautätigkeit zu Problemen zu führen schien, war der Komplex eine Meisterleistung ästhetischer Architektur. Freilich wäre selbst mit den modernsten Baumaterialien das Konzept des Architekten nicht darstellbar, wenn die Antigravitationstechnologie nicht funktioniert hätte. Wenigstens sie versagt uns nicht den Dienst.
    Das Gesamtgebäude - schon in einem frühen Planungsstadium als Regenbogen-Dom bezeichnet - durchmaß bis zu 450 Meter an der Basis und wirkte wie die Momentaufnahme fallender und aufschlagender Wassertropfen, ein ebenso filigranes wie beeindruckendes Bild. Erstarrte Natur.
    Dem Menschen Untertan gemacht. Eine Struktur, die sich überall im Universum wiederfindet. Das war die offizielle Symbolik, und dieser hatte Morgem Feburo im Grunde nichts hinzuzufügen. Obwohl ihm bei der Splash Crown, wie einige seiner Mitarbeiter witzelten, immer zuerst in den Sinn kam, dass ohne Wasser Leben im menschlichen Sinn undenkbar war.
    Er winkelte den linken Arm an. Das Funkmodul- seines Multifunktionsarmbands aktivierte sich selbsttätig. „Drei Anschlüsse sind matt", stellte er fest. „Warum kümmert sich niemand darum?"
    Die Antwort pflückte der tobende Sturm aus den Mikrolautsprechern und zerstreute sie, sodass nur noch Fetzen Feburos Ohren erreichten. „Bitte wiederholen!" Der Bauleiter löste das knapp fingernagelgroße Zusatzmodul vom Armband und heftete es sich in die Ohrmuschel. „Einige Schutzabdeckungen lassen sich nicht entfernen", vernahm er. „Das Material ist teilweise molekular verschmolzen."
    „Sag das noch einmal!", entfuhr es Feburo. „Ich kann mir nicht vorstellen ... Verdammt!"
    Seine Verwünschung galt dem Schatten, der aus den tief hängenden Wolkenbänken fiel. Das spitz zulaufende obere Tropfenende wurde von zwei Space-Jets transportiert. Mindestens ein Dutzend Gleiter flogen Eskorte. Das Zusammenfügen der großen Bauteile erforderte Präzisionsarbeit und musste millimetergenau erfolgen. Wie leicht wäre es mit syntronischer Unterstützung!
    Viel zu schnell näherte sich der Konvoi. Feburo nannte eine Kodezahl; das Armband zeigte die neu entstehende Verbindung an. „Morgem Feburo spricht! Den Tropfen nicht aufsetzen! Andernfalls verlieren wir die Arbeit von Wochen."
    „Was ist los, Morgem?"
    „Drei Anschlüsse sind blockiert, das ist los! Haltet die Höhe, aber unternehmt auf keinen Fall mehr!"
    „Wie lange ...?"
    „Ich weiß es nicht!" Feburo reagierte überreizt.
    Beide Bauteile waren während der letzten Tage „vorbehandelt" worden. Nun blieb noch ein Zeitfenster von knapp 48 Stunden, um sie präzise nahtlos zusammenzufügen. Die gewählte Montagetechnik ließ die aufgelockerten Molekülgruppen ineinander greifen, wobei sie ihre kinetische Energie abgaben und unlösbar zusammenbuken. Schutzabdeckungen von Versorgungsanschlüssen würde danach niemand mehr entfernen können, und je nach ihrer Wichtigkeit würden Funktionsausfälle das Projekt beeinträchtigen. Morgem Feburo stieß eine neue Verwünschung aus. Verzögerungen waren das Letzte, was er im Bereich des Rainbow Dome haben wollte. „Wo bleibt die Vollzugsmeldung?", fauchte er ins Armband. Der Wind toste.
    Lediglich ein undefinierbares Knistern antwortete ihm.
    Der Regen hielt an. Feburo wischte sich die Nässe aus dem Gesicht. Über ihm schwebten die Space-Jets mit dem Gebäudeaufsatz, scheinbar unbeeindruckt von den Gewalten des Sturms, und ringsum tanzten die wesentlich schwächeren Gleiter wie ein Schwärm aufgescheuchter Insekten, hatten mitunter Mühe, nicht zusammenzustoßen.
    Eine fahle Aura umspielte die präparierten Schnittflächen des Tropfens. Die „behandelten" Moleküle reagierten entweder auf
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