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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda
Autoren: Ronald M. Hahn
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Schnäbeln. Ausgerissene Federn und abgebissene Köpfe fielen in die Tiefe; der Rest folgte kurz darauf. So schnell der Schwarm aufgetaucht war, verschwand er auch wieder: keifend, krähend, völlig aus dem Häuschen.
    »Was war das?« Akfat machte große Augen. »So etwas hab ich noch nie gesehen.« Er klang entsetzt.
    Matt hob seine Achseln. Ihm war nicht aufgefallen, dass der Prinz seinen Posten verlassen hatte. »Ich finde auch keine Erklärung. Dass es eine Tollwut-Epidemie sein könnte, erscheint mir immer unwahrscheinlicher.« Ein Brüllen, und er fuhr herum: Unter ihnen jagte ein Lepaadenrudel auf die Palisaden von Taraganda zu.
    Hatten sie Beute erspäht? Hatten sie Rulfan und die anderen gewittert? Matt wollte schon zur Kalaschnikow greifen, als ihm auffiel, dass die Katzen einen der ihren jagten. Das vorderste Tier strauchelte und überschlug sich. Die Verfolger stürzten sich darauf. Wieder andere gingen auf die Verfolger los.
    Pranken von Raubkatzen sind schreckliche Waffen. Die normalen Geräusche des Urwalds waren verstummt. Das Brüllen der Lepaaden dominierte alles. Fellfetzen und Eingeweide flogen durch die Luft.
    Der erste Kadaver lag schon im Gras, als Matt sich die MP umhängte und Akfat anwies, tiefer zu gehen. Er wollte sehen, ob Rulfan und die anderen sich angesichts der verrückt gewordenen Wildnis irgendwo versteckten.
    Knappe zwanzig Meter über den Palisaden taumelte plötzlich ein krähender schwarzer Schatten auf die Roziere zu – auf Kollisionskurs.
    »Heilige Scheiße!« Matt riss die Kalaschnikow hoch und gab einen Feuerstoß ab. Zu spät! Der Kopf des Riesenschwans – Matt nahm an, dass es einer war – schlug gegen die Gondel, dann schrammte der mächtige Körper des Witveers knirschend daran entlang und rüttelte sie durch. Akfat rief: »Merde!«, bevor er zu Boden ging.
    Als Matt sich aus dem Fenster beugte, um nachzusehen, welche Katastrophe sich anbahnte, segelte das riesige tote Geflügel schon dem Boden entgegen und fiel auf zwei raufende Lepaaden.
    Der Propeller der Roziere fing laut an zu knarzen. Er drehte sich plötzlich langsamer. Hatte der Riesenvogel ihn beschädigt?
    »Wir gehen runter, Akfat«, sagte Matt. »Aber nicht hier! Suchen wir uns eine Lichtung.«
    »Zu Befehl, Capitaine.« Akfat machte sich an die Arbeit. Er wirkte so, als fühle er sich positiv gefordert. Das Abenteuer schien ihm Spaß zu machen. Hoffentlich war er in seiner Entwicklung inzwischen weit genug gediehen, dass man ihn auch mal allein lassen konnte: Matt hatte vor, die Gelegenheit zu nutzen und sich das verlassene Fort aus der Nähe anzusehen.
    Andererseits, dachte er, ist er ja nicht ganz allein. Chira kann ihm helfen, sich das Viehzeug vom Hals zu halten.
    ***
    Zanda, 2015
    Ostwald erwacht in einem kühlen und fensterlosen Raum in einem Bett. Es war dunkel. Er fühlte sich, als hätte er unter einer Rheinbrücke geschlafen. Sein Hirn summte. Seine Beine waren taub. Er hatte Durst. Neben ihm: Bildschirme, tanzende grüne Linien. Er vernahm das Fiepen medizinischer Geräte. Hatte er einen Totalschaden?
    »Omar!« Jemand stürzte sich auf ihn, küsste ihn ab. »Endlich!«
    Eine Frau. Sie roch gut. Farah? Ostwald hatte große Mühe, Sich an die letzte Sekunde seiner Existenz zu erinnern. Ein verschneiter Winterabend fiel ihm ein; sein Reihenhaus in Porz; Matthew Drax, mit dem er in NATO-Gundis Kneipe saß und ein Kölsch zischte. Dann ein Flug. Casablanca. Ein totes Mädchen. Melanie.
    »Wir haben schon gedacht, mit dir ist es aus…«
    Dann war alles wieder da: Der Lockenkopf mit dem Affenjäckchen. Das Aufblitzen seiner Waffe.
    Himmel, Arsch und Zwirn, dachte Ostwald. Was ist passiert? Wieso spüre ich meine Beine nicht? Bin ich gelähmt? Wo bin ich? In Mwanza? Im Krankenhaus?
    »Farah…« Der aus seiner Kehle kommende Laut klang wie ein Stöhnen. Farah, die nicht aufhörte, ihn abzuküssen und zu streicheln, brach vor Erleichterung in Tränen aus. »Omar… Omar… Wie schön, dass du wieder wach bist…«
    Ostwald bemühte sich, die Umgebung mit Blicken zu durchdringen. Er erkannte schnell, dass er nicht in einem Krankenhaus war. »Wo sind wir?«, hörte er sich krächzen. »Mwanza?«
    »Mwanza existiert nicht mehr…«
    »Was?« Ostwald zuckte zusammen.
    Farah löste sich von ihm, hielt seine Hände, nahm auf der Bettkante Platz. »Du hast vier Jahre mit einer schweren Kopfverletzung im Koma gelegen.« Sie räusperte sich. »Wir sind in Zanda. Es ist viel geschehen…« Sie zuckte fast
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