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21st Century Thrill - Mind Games

21st Century Thrill - Mind Games

Titel: 21st Century Thrill - Mind Games
Autoren: Friederike Schmoee
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genoss Kris jetzt die Einsamkeit. Die Stille. Das sanfte Plätschern der Wellen und das zarte Schaukeln des Bootes.
    Ein Käuzchen rief aus dem Wald. Irgendwo brach ein Ast.
    Und dann hörte Kris noch etwas. Ein Surren. Es klang wie der Zoom seiner Digitalkamera.
    Kris hob den Kopf. Er musste sich täuschen. „Aki?“, fragte er halblaut. Unsinn, Aki schlich nicht nachts auf Deck, um ihren Bruder heimlich zu fotografieren.
    Kris seufzte. Sie kriegt bloß eine Erkältung, dachte er. Auf dem Boot wurde es schnell kühl, es war ständig feucht. Außerdem arbeitete Aki hart. Sie schonte sich nie. Aber in den vergangenen sieben Tagen hatte sie nichts an ihren Dateien geändert …
    Aki ist gestresst, überlegte er. Die ungeliebte Schufterei als Werbetexterin, ein Misserfolg beim Vorsprechen, das kann sie schon runterziehen.
    Phobien, hörte er seinen Lehrer, Herrn Barnfelder, sagen, werden im 21. Jahrhundert zu einer neuen Größenordnung heranwachsen. Immer mehr Menschen werden an Ängsten leiden. Angst­erkrankungen werden den Staat Milliarden kosten, weil Phobiker in fortgeschrittenen Stadien nicht mehr arbeitsfähig sind. Sie können dem Druck der Jobwelt nicht mehr standhalten.
    Kris schüttelte sich. Zum Teufel, warum hatte er sich mit diesem blöden Medizinthema auseinandersetzen müssen? Bloß wegen Jon, der ein Auge auf Val geworfen hatte! Statt dass er um das Mädchen, das er ganz große Klasse fand, kämpfte oder mit seinem Kumpel ein ernstes Wort sprach, zog er den Schwanz ein und belegte einen Kurs, der ihn überhaupt nicht interessierte.
    Da war das Geräusch wieder … Kris lauschte mit erhobenem Kopf in die Nacht, dann fuhr er sich zornig durchs Haar.
    Er fing schon an zu spinnen. „Neurose“, hätte der Barnfelder vermutlich gleich diagnostiziert. Quatsch!
    Er sah Akis wachsweißes Gesicht vor sich, als sie ihm an einem gleißend hellen Julimorgen sagte, was er längst gespürt hatte: Dass die Eltern nicht mehr wiederkommen würden. So ein richtig bescheuertes Gefühl hatte Kris mit sich herumgetragen, das ganze Wochenende, seitdem die Eltern aufgebrochen waren, um sich mit Kollegen in Dresden zu treffen. Als hätte er den Unfall vorausgeahnt. Vor fünf Jahren war das gewesen. In einem heißen, fast unerträglich trockenen Berliner Sommer. Jahrelang, selbst heute noch, fragte er sich, ob er damals nicht hätte sagen sollen: Fahrt lieber nicht. Ich habe so ein dummes Gefühl. Ich habe Angst, dass euch was passiert. Ich habe …
    Kris hob den Kopf. Hatte er nicht eben wieder dieses Surren gehört? So leise, dass es auch bloß eine Erinnerung hätte sein können?
    Wahrscheinlich fange ich an, durchzudrehen, dachte er, stand auf und ging zurück in die Kajüte. Zwei Wochen über Krankheiten reden, das ist einfach nichts für mich.
    Er schloss von innen ab, tappte im Dunkeln ins Bett und zog die Decke bis zum Kinn hoch. Minuten später war er eingeschlafen.

Kapitel 4
    SONNTAG

    Kris fuhr hoch, weil Aki in der Küchenecke Radau machte.
    „Aki! Es ist Sonntag!“
    „Und?“ Ihre Stimme klang schneidend. Nicht angriffslustig, wie sonst, wenn sie und Kris miteinander kabbelten. Sondern so, als müsste sie eine unerträgliche innere Anspannung unterdrücken.
    „Ich hätte gern noch eine Runde geschlafen. Seit heute habe ich Ferien!“
    Aki antwortete nicht. Sie schüttete Nescafé in eine Tasse und rührte lustlos darin herum.
    Kris verstand die Welt nicht mehr. Aki war ein Morgenmensch. Sie liebte es, früh aus den Federn zu springen und mit dem Rad zum Bäcker in Gosen zu fahren, mit frischen Croissants zurückzukommen und Kris mit einem Frühstück zu überraschen. Heute stand sie missmutig am Fenster und starrte in den trüben Tag.
    „Ist irgendwas nicht in Ordnung?“, fragte Kris.
    „Alles okay.“
    Wenn sie meinte, das würde er ihr abkaufen …
    „Aki, wenn du wegen dem Vorsprechen gefrustet bist“, begann er.
    „Lass mich in Frieden. Das Vorsprechen interessiert mich nicht mehr.“
    „Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“
    „Ich mache einfach eine blöde Zeit durch.“
    „Stress mit der Werbeagentur?“
    Aki hob die Schultern. „Weiß nicht.“
    Kris warf die Decke zurück und stand auf. „Ich fahre zum Bäcker. Ich hab echt Hunger.“
    Als er eine halbe Stunde später das Rad wieder über das schmale Fallreep auf Deck schob, lag das Boot still da.
    „Aki?“ Er knisterte mit den Tüten. „Frühstück!“
    Aki hockte am Heck und starrte in das schlammige
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