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217 - Der Unsichtbare

217 - Der Unsichtbare

Titel: 217 - Der Unsichtbare
Autoren: Michelle Stern
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seinen Worten überzeugt. Kein Wunder. Abgesehen von der Höhe, aus der sein Freund gestürzt sein musste – die postapokalyptischen Gewässer waren keine Planschbecken. Selbst wenn Matt den Aufprall überlebt hätte, wäre er vermutlich irgendeinem Monster zum Opfer gefallen, das nur auf frische Beute lauerte.
    »Glaubst du, es ist der Victoriasee?« In Yanns Stimme schwang Hoffnung mit.
    »Nein. Ich wünschte, es wäre so. Ich weiß nicht, welcher See das ist. Aber wir haben jetzt keine Zeit, ihn auszukundschaften. Hier ist es zu gefährlich. Wir müssen uns Deckung suchen, bis das Unwetter vorüber ist!« Ein laut grollender Donner unterstrich seine Worte.
    Matt folgte den beiden hinaus in die Nacht. Ihm fiel auf, dass er nicht einmal Kälte wahrnahm. Als sei er völlig losgelöst von diesem Universum, von der Realität. Matt versank wieder ins Grübeln. Hatte er den Strahl vielleicht einmal zu oft durchquert? Bekam er nun die Quittung dafür, mit Mächten umgegangen zu sein, die er nicht verstehen konnte? Oder hatte Gilam’esh etwas mit ihm angestellt, das er nicht mehr hatte rückgängig machen können? Konnte es vielleicht sogar sein – und dabei zog ein kalter Schauer über Matts Rücken – dass er nur eine Kopie seiner selbst war, so wie die »Blaupausen« im Strahl, während sich sein Originalkörper noch immer im Tunnelfeld befand?
    »Ich glaube nicht, dass Maddrax weg ist«, drang Yann Haggards Stimme in sein Bewusstsein. »Es… es fühlt sich nicht so an, als sei er verschwunden.« Er klang verunsichert.
    »Was meinst du damit?«, fragte de Rozier.
    Yann schüttelte den Kopf. »Nun, es ist… mir ist, als könne ich ihn noch fühlen. Als wäre er ganz in der Nähe…«
    Matt horchte auf. Gab es vielleicht doch Hoffnung, mit Yann Kontakt aufzunehmen? Er trat an den Seher heran und legte seine unsichtbare Hand auf dessen Arm. Yann zeigte keine Reaktion.
    »Ich bin hier!«, brüllte Matt dem grauhaarigen Mann ins Ohr.
    »Aber vielleicht irre ich mich auch.« Yann stapfte weiter durch den Regen. Niedergeschlagen ließ Matt die Hand sinken.
    »Ob er in eine andere Zeit geschleudert wurde als wir?«, sinnierte de Rozier. Yann schwieg betroffen, und auch Matt fragte sich, wie viel Zeit eigentlich vergangen war, seit sie den Strahl durchquert hatten. Konnte es denn sein, dass er tatsächlich in der Zeit versetzt war, vielleicht nur um eine Hundertstel Sekunde, und die beiden ihn deswegen nicht wahrnehmen konnten?
    De Rozier ging voran zu den Felsen, die nun nah vor ihnen aufragten. Es gab kaum Pflanzen auf dem nachtgrauen Boden, nur wenige Grasbüschel. Über ihnen grollte das Gewitter unablässig.
    De Rozier wollte die Felswand nach einer Höhle oder tieferen Einbuchtung absuchen, die Schutz vor dem Regen bot, und bat Yann, unter einem schmalen Felsüberhang zu warten. Der Energieseher nutzte die Gelegenheit, die blutenden Kratzer in seinem Gesicht mit einer Paste aus der Reiseapotheke der Roziere einzuschmieren.
    Matt startete einen neuen Versuch. Er stellte sich vor Yann in den Regen und versuchte ihn mit schnellen Handbewegungen vor seinem Gesicht auf sich aufmerksam zu machen. Yann reagierte nicht. Er wirkte erschöpft. Sein Körper lehnte schwer an der Felswand. Sein Kopf sank zur Seite.
    Matt ließ die Hand enttäuscht fallen.
    Yann fuhr hoch. »Ich habe etwas gesehen!«
    Sofort hob Matt die Hand wieder und bewegte sie erneut hin und her, doch Yann schien es nicht wahrzunehmen. Matt bewegte sich schneller. Es half nichts. Frustriert ließ er die Hand wieder sinken.
    Der Kaiser kam zu ihnen zurückgelaufen. »Was denn?«
    Yann wirkte aufgeregt. »Da war ein schwacher blauer Lichtblitz, genau neben mir! Als würde sich dort etwas schnell bewegen… wie ein Blinzeln. Vielleicht war es auch nur eine Nachwirkung des Strahls…«
    Pilatre de Rozier sah ihn misstrauisch an. »Ich verstehe nicht, was in diesem Strahl geschehen ist, und das gefällt mir nicht. Wir müssen doch einige Zeit darin verbracht haben, aber ich kann mich an nichts erinnern.«
    Matt konnte die Unsicherheit des Kaisers nachvollziehen. Sie hatten den Strahl nicht zügig durchquert, sondern waren von Gilam’esh lange aufgehalten worden. Während er vor dem wahnsinnig gewordenen Hydree floh, waren Yann und de Rozier erstarrt gewesen, wie eingefroren.
    »Aber wir sind an einem ganz anderen Ort, nicht wahr?«, meinte Yann.
    Pilatre de Rozier hob unbehaglich die Schultern. »Das sind wir wohl. Der Strahl wird sich bewegt haben. Oder besser
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