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2169 - Das Lichtvolk

Titel: 2169 - Das Lichtvolk
Autoren: Unbekannt
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Schmerzen. Mir fällt kein besseres Wort dafür ein, obwohl es sich eher um ein psychisches denn physisches Phänomen gehandelt hat. .Jedenfalls meine ich nicht aufgeschlagene Knie oder ähnliche Folgen kleiner Unfälle, wie sie beim Herumtollen mit Gleichaltrigen im Spielhof nun einmal nicht ausbleiben. Auch nicht die Begleiterscheinungen der üblichen Kinderkrankheiten wie beispielsweise Zahnpein oder Pusteljucke. Nein, was mir von klein auf zu schaffen machte, war eine stark ausgeprägte, permanente Überempfindlichkeit, vor allem gegen Lärm und Gerüche.
    Das wirkte sich sehr unangenehm aus. Von Anfang an wurde mir der Aufenthalt im Spielhof durch das schier pausenlose Geplärr und Gejohle der anderen Jungen vergällt. Weil ich mich, um der Qual der viel zu schrillen Geräusche zu entgehen, immer wieder in ruhigere Ecken zurückzog, galt ich schnell als Eigenbrötler und Spielverderber. Zudem war ich schwächlich, geradezu untergewichtig; dies als Folge der Schwierigkeiten, die mir die meisten der Gerichte und Getränke aus der Gemeinschaftsküche unserer Kuppel bereiteten. Fast alle erschienen mir zu scharf, zu aufdringlich gewürzt. Oder sie stanken überhaupt so grässlich, dass ich beim geringsten Hauch mit dem Brechreiz kämpfte. „Armer kleiner Anguela" ,tröstete mich mein Vater mitleidsvoll, als ich vor diesen gnadenlos auf mich einhämmernden Sinneseindrücken wieder einmal aus dem Speisesaal oder dem Spielhof in seine starken und doch so zärtlichen Arme geflüchtet war. „Glaub mir, mein Goldbub", raunte er mir ganz leise ins Ohr, „wir tun, was wir können, um eine Diät aufzutreiben, die du besser verträgst. Und wir bemühen uns, ein geschütztes Umfeld für dich einzurichten. Doch das ist nicht so einfach, trotz der angesehenen Position und des guten Verdienstes deiner Mutter. Wir sind nur wenige tausend Guyaam in den Goldenen Kuppeln und fern der alten Heimat. Ja, auf Caldera, da wäre das kein Problem. Dort ist für so außergewöhnlich hypersensible Personen wie dich vorgesorgt. Aber hier in Siv'Kaga stellst du den ersten derartigen Fall in vielen Generationen dar.".
    Damals verstand ich noch nicht, was er meinte. Doch war mir klar, dass ich anders war als die übrigen Kinder. Denn die hatten keinerlei Probleme mit Lärm und Gestank - ja sie legten es sogar darauf an, möglichst viel zusätzlich zu produzieren.
    Noch heute schaudert mich, wenn ich daran denke. Auch begann ich bald - viel früher als die anderen -, sehr intensiv Dinge zu fühlen, die man nicht sehen, hören, riechen, schmecken oder ertasten konnte, sondern die ich einfach ... spürte.
    In mir. In meinem ganzen Körper, wiewohl sie ihren Ursprung eindeutig außerhalb hatten! „Das ist Tymaxul", versuchte mir mein allzeit geduldiger Vater zu erklären, der merkte, dass mich diese Empfindungen erschreckten, „die Hyper- oder Parafühligkeit, die uns Guyaam zu Eigen ist. Als Empfängerorgan für die untrahochfrequente Hyperstrahlung dient unser Tymcal-Geflecht. Und du, mein Goldener, besitzt offenbar die Gabe der Tymaxul in ganz erstaunlich hohem Ausmaß. Du bist begnadet, Anguela, wie sich ja bereits bei deiner Geburt gezeigt hat."
    Ich selbst empfand das alles jedoch keineswegs als Geschenk, sondern im Gegenteil als Belastung. Ich hätte viel darum gegeben, nichts Besonderes zu sein, sondern ganz normal. Lange Zeit später, als Erwachsener, las ich einmal ein Buch mit dem Titel „Die Tragödie des begabten Sohnes". Darin fand ich die tröstliche Auskunft, dass es zu vielen Zeiten, an vielen Orten, vielen verschiedenen Intelligenzwesen ähnlich wie mir ergangen ist oder sogar noch immer ergeht. Damals aber, unter den Goldenen Kuppeln, fühlte ich mich sehr allein.
    Die Kuppeln. Ein gutes Stichwort. Da ich in Siv'Kaga zur Welt gekommen war, erschienen mir die Verhältnisse in der Kuppelstadt alltäglich und nicht weiter bemerkenswert. Was es damit auf sich hatte, erkannte ich erst, als ich Siv'Kaga zum ersten Mal verließ. Natürlich geschah das an der Hand meines Vaters. Wie allen Ehelingen oblag auch Enguarti die Kinderbetreuung praktisch zur Gänze allein.
    Die Mütter hatten kaum Zeit dafür. Früh am Morgen verließen sie die Wohnsuiten, und erst spät am Abend kamen sie von ihren überaus aufreibenden Tätigkeiten wieder dahin zurück. Auch in den Gefrin oder Burdrin, die eigentlich der Muße und Rekreation gewidmet waren, hatten sie nicht selten Wichtigeres zu tun. Sie besetzten schließlich die Führungspositionen;
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