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2139 - Die Eltanen

Titel: 2139 - Die Eltanen
Autoren: Unbekannt
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ertönte, kehrten die Ratsmitglieder an den Tisch zurück. Die anderen Eltanen begaben sich wieder an ihre Plätze. Die Zeremonie begann. Feki stand es als designiertem neuen Ratsvorsitzenden zu, die überlieferten feierlichen Worte zu .sprechen. „Dies ist Rokenna", begann er mit lauter Stimme, „die Zeremonie der Geburt! Ein neues Kind ist uns geschenkt worden. Wir werden vor es hintreten und seinen Geist mit all unserem Wissen füllen, auf dass es weise werde wie seine Vorfahren! Dies ist Rokenna, unsere heiligste Pflicht. Wer an der Zeremonie teilnimmt, wird sich selbst unsterblich machen, denn seine Weisheit lebt in dem Kind fort! Wer schlechten Gewissens oder von unreinen Gedanken ist, der enthalte sich der Prozedur! Wir können anfangen!"
    „Beginne du, Feki", bat Corina ihn, während sie, im Nullschwere-Feld sitzend, ihr Kind säugte.
    Dieser Wunsch war nur rechtens. Er als designierter Ratsvorsitzender und kommender Adoptivvater hatte die doppelte Pflicht, es zu tun. Er atmete tief durch. Seine eingefallene Brust hob und senkte sich. Tausend Gedanken huschten in einer Sekunde durch seinen Kopf. Dann war er schließlich bereit. Feki fühlte sich dennoch für einige Augenblicke klein und bedeutungslos. Er war ein Philosoph und ein Ratsmitglied, einer der Geachtetsten in der Letzten Stadt der Eltanen. Aber was konnte er dem Kind wirklich geben?
    Rokenna - das hieß Übergabe. Es bedeutete, ein neugeborenes Kind mit sämtlichem Wissen und der Weisheit der Erwachsenen zu „füttern". Wie das vonstatten ging, das wusste niemand - obwohl es die Vermutung gab, dass die alten Philosophen nicht dem Neugeborenen ihr Wissen freiwillig abgaben, sondern dass das Kind es sich nahm, auf eine unbegreifliche Art und Weise. „Feki", sagte Corina mit bittendem Unterton.
    Er riss sich zusammen und trat vor. Corina hatte das Baby von der Brust genommen und hielt es in beiden Händen, vor ihrem gekrümmten Leib. Feki trat ganz dicht an es heran und registrierte, dass seine kleinen Augen auf ihn gerichtet waren, wie fordernd. Sein Gesicht war wie eine Maske aus vollständiger, übernatürlicher Konzentration. Und konzentriert war er. Er öffnete seinen Geist. Alles Wissen, das er über Jahrhunderte hinweg über den Kosmos, die Eltanen und das Leben an sich angehäuft hatte, floss auf das Kind über.
    Er spürte, wie es transferierte, ohne dass es ihm entglitt. Er verlor sein Wissen nicht, er teilte es nur. Der Prozess dauerte zwei Minuten. Als er zu Ende war, schwitzte der Philosoph. Er atmete schwer. Aber in den Augen des Kindes sah er einen beinahe schon beängstigenden Blick, voller Wissen. Es war nicht mehr der Blick eines Kindes. „Der Nächste", sagte er mit beschlagener Stimme und ging weiter. Hinter ihm stand eine lange Schlange von Eltanen, allen voran die Ratsmitglieder. Sie alle blieben einige Minuten vor Corina und dem Kind stehen, das noch keinen Namen hatte, und hielten den Kopf gesenkt.
    Und mit jedem Eltanen, der vorüberzog, nahm das Leuchten in den Augen des Kindes zu. Feki wusste natürlich, dass der geistige Kontakt allein mit Neugeborenen während der ersten Lebenstage möglich war, danach nie wieder. Je mehr Eltanen an Rokenna teilnahmen, desto klüger startete das Kind ins Leben. Es vereinte alles Wissen, alle Weisheit der Alten in sich und war, im Gegensatz zu ihnen, voller Initiative.
    Anders ausgedrückt: Nicht die alten Eltanen waren bestimmend, besonders intelligent, weise und handlungsfähig, sondern die jungen! Die Alten verfügten gewiss über eine biologische Ruhe und eine Abgeklärtheit, die den Jungen fehlte. Aber sie hatten auch eine Fülle an Wissen aus biologischen Gründen wieder verloren, mit jedem Jahr mehr, und die Initiative der Jugend ging ihnen ebenfalls ab.
    Logischerweise waren es also die Jungen, die für das Volk der Eltanen die Verantwortung übernehmen mussten. Und das war etwas, wovor sich die Alten und Uralten immer gefürchtet hatten - bis jetzt der Umschwung gekommen war. Sie waren wieder bereit, einem Kind eine Chance zu geben.
    Feki HiUre blieb abseits der Prozession stehen, stundenlang, und beobachtete, wie ein Eltane nach dem anderen vor Corinas noch namenlosen Sohn hintrat und sich für ihn öffnete. Er war nervös, obwohl es niemals in der bekannten Geschichte bei Rokenna einen Fehler gegeben hatte. Wer bei Rokenna nicht alle anderen Gedanken als die an die Wissensübergabe fortschob öder wer gar falsche, negative Gedanken hatte, durfte nicht an der Zeremonie
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