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209 - Die fliegende Stadt

209 - Die fliegende Stadt

Titel: 209 - Die fliegende Stadt
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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Leitern, Stricken und Ballons nach einem Gebäude Ausschau, das einer Stadtfürstin samt Gefolge angemessen erschien. Immer wieder verdeckten Dampfschwaden den Blick – Ausdünstungen von ratternden Dampfmaschinen, die wie Implantate im Körper dieser Stadt saßen und sie augenscheinlich mehr schlecht als recht am Leben erhielten.
    Rein intuitiv hätte Matt auf das Zentrum getippt, aber da war nur dieser Schlauch, der in einem fabrikähnlichen Gebäudekomplex endete. Dort wurden vermutlich die vulkanischen Gase aufbereitet und in alle Ebenen der Stadt verteilt.
    Es half nichts, Matt und Chira mussten über das Netz aus Hängebrücken und Treppen ein paar Stockwerke höher steigen, um einen besseren Überblick zu bekommen.
    Etwa zwei Stunden später stand Matt endlich auf dem Platz direkt vor dem Palast, der auf ihn nicht gerade einen majestätischen Eindruck machte, sondern eher wie die Zeltburg beim Jahrestreffen christlicher Pfadfinder aussah. Nur wenige Gebäudeteile bestanden aus Holz, und hier und da ragte ein Fahnenmast an den Ecken der Konstruktion heraus und hob sich mit roten, grünen oder gelben Farbtupfen wohltuend von dem allgegenwärtigen Weiß dieses Ortes ab.
    Auf dem Weg hierher hatte Matt Drax gewissenhaft Kalkstaub verteilt und sich einen so geschäftigen Anschein gegeben, dass niemand gewagt hatte, ihn auf die vermeintliche Hündin an seiner Seite anzusprechen. Nun, es mochte auch daran gelegen haben, dass Matt jedem, der ihm zu nahe kam, eine Kalkwolke entgegengesprüht hatte.
    Nun ging er näher an die Zeltburg heran und suchte nach einem Schlupfloch in den Planen, als plötzlich Glockengeläut ertönte und rasch anschwoll.
    Immer mehr Glocken reihten sich in den Kantus ein, ergänzten und übertönten sich. Dieser Lärm erklang nicht etwa aus irgendwelchen Türmen, sondern wurde von Männern verursacht, die im Gänsemarsch aus dem Palast im ersten Stock traten und sich jeweils links und rechts auf einem hölzernen Terrassenvorsprung verteilten.
    Matthew machte sich darauf gefasst, nun die Mistress der Stadt zu Gesicht zu bekommen – aber stattdessen trat ein Hänfling in eng geschnittenem Frack, Spitzenkragen, Kniebundhose und Lockenperücke an die Brüstung – natürlich alles in strahlendem Weiß.
    Erste Neugierige strömten auf den Platz. Sie ließen wenig Begeisterung erkennen, dafür lagen Sorge, Misstrauen oder schwelende Wut auf den Gesichtern.
    Als der Platz und die Ränder der umliegenden Plattformen mit Schaulustigen gefüllt waren, schob der Frackträger auf dem Balkon eine Flüstertüte mit Standfuß vor sich und verkündete:
    »Mawu hat unsere Rufe erhört, unsere Gaben entgegen genommen und uns nun endlich als würdig und rein genug erachtet, die Wiege neuer Macht und Herrlichkeit zu sein. Höret! Die Prophezeiung hat sich erfüllt. Orzowei, der Auserwählte, ist in neuer Gestalt zu uns gekommen, um diese unsere Stadt wieder zu Reichtum und Blüte zuführen!«
    Das anfängliche Murren der Masse wandelte sich in frenetischen Jubel. Hunderte Hände streckten sich dem Verkünder entgegen, als könnten sie das versprochene Glück gleich hier und jetzt abgreifen.
    Der Hänfling, der bei genauerer Betrachtung deutlich hellere Haut zu besitzen schien und durch eine markante Nase und ein flüchtendes Kinn auffiel, blickte zufrieden auf das jauchzende Volk.
    Matt war sicher: Jakk Son hatte Rulfan an diese Crella Dvill verhökert. Aber wie hatte der Schmalhans den Albino betitelt?
    Orzowei? Der Name klang irgendwie vertraut in seinen Ohren, auch wenn er ihn noch nicht einordnen konnte.
    Als die Freudenrufe langsam schwächer wurden, folgte eine neuerliche Verkündung: »Höret! Noch heute soll sich das Schicksal des Auserwählten erfüllen!«
    Nicht gut, gar nicht gut.
    »In diesem Augenblick wird Orzowei vorbereitet, um heute Nacht den Thronfolger mit der unerschöpflichen Kraft seiner Lenden zu zeugen! Höret und feiert mit uns!«
    Beim Verhallen des letzten Satzes flogen Kanonaden an weiß glasiertem Obst, Brot und Mehlspeisen durch die Luft und regneten auf die Untertanen herab.
    Schlagartig brach Chaos aus. Matt zwängte sich an kriechenden, krabbelnden und an sich raffenden Menschen in die Richtung des Palastes. Doch die rangelnden Massen trieben ihn immer wieder ab.
    Und dann verlor er auch noch Chira aus den Augen. Matt drehte sich im Gehen und sah zurück. Irgendwo zwischen den strampelnden und um sich tretenden Beinen musste die Lupa stecken. »Chira, ich bin hier!«, rief er
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