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2066 - Der Thronfolger

Titel: 2066 - Der Thronfolger
Autoren: Unbekannt
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stolz darauf", beharrte sie. „Zur Freiheit gehört auch, dass ich mir selbst Grenzen setze."
    „Ich kann dir nicht folgen", gestand Oltra Rimeiyke. „Freiheit ist für mich ein weiter Begriff. Sie hat eigentlich nur mit den Gesetzen zu tun, die wir haben. Und in denen steht nichts davon, dass ich meine Arbeit nicht ausführen darf."
    „Freiheit eines jeden einzelnen endet dort, wo die menschliche Würde des anderen beginnt", sagte die Journalistin. „Wenn ich den Respekt vor dem anderen verliere, verrate ich mich selbst. Und das werde ich nicht tun. Hier nicht und in anderen Fällen auch nicht, mit denen wir uns vielleicht noch befassen müssen." Als Journalistin hatte sie eine Verantwortung nicht nur der Wahrheit und den Konsumenten ihrer Berichte gegenüber, sondern auch jenen Menschen, über die sie berichtete. Dieser Verantwortung wollte sie gerecht werden. Immer und unter allen Umständen.
    Allerdings gab es tief in ihrem Innersten die Angst, sie könnte irgendwann einmal in eine Situation geraten, in der äußere Umstände sie gegen ihren Willen dazu veranlassen würden, sich über alle guten Vorsätze hinwegzusetzen. Sie war sich klar darüber, dass dann jener Punkt erreicht sein würde, an dem sie die Selbstachtung verlieren und nicht mehr in ihrem Beruf verbleiben würde. Sie ließ die Bilder der Mutter löschen, und dann verfasste sie einen Bericht, in dem die rätselhaften Umstände des Freitods geschildert, darüber hinaus aber nur die verschiedenen Räume des luxuriösen Anwesens gezeigt wurden. Ein Gefühl tiefen Unbehagens blieb in der Journalistin.
    Es hieß, dass Ollynan Gift genommen hatte. Es war kein Suut gewesen, jenes Nervengift, das schwer zu beschaffen und das außerordentlich teuer war, das im Bereich der höchsten Adelskreise jedoch als standesgemäß galt. Es wurde vor allem deswegen bevorzugt, weil es sich unter normalen Umständen nach dem Tod nicht mehr im Körper nachweisen ließ. Wer das Anrecht hatte, mit Zhdopanda angesprochen zu werden, tötete sich üblicherweise nicht auf irgendeine Weise, sondern beschritt - ganz gleich unter welchen Umständen - einen Weg, der seinem hohen Rang oder seiner hohen gesellschaftlichen Stellung angemessen war. Keine Frau aus diesem Kreis würde sich selbst erniedrigen und sich erschießen oder mit einem Messer eine tödliche Verletzung beibringen. Sie würde auf keinen Fall ein Gift wählen, das Verfärbungen an den Lippen oder der Zunge hinterließ, das abstoßende Verkrampfungen oder gar ein entstelltes Gesicht verursachte.
    Das Mittel der Wahl war Suut. Ollynan aber hatte sich anders entschieden. Sie hatte ein Gift gewählt, das sich nach ihrem Tod noch nachweisen ließ.
    Damit hatte sie in erheblichem Maße gegen die geltenden gesellschaftlichen Konventionen verstoßen. Warum? Das alles waren Fragen, die Marchany da Camqoa beschäftigten und die sie nicht aus ihrem Kopf vertreiben konnte. Fast sah es so aus, als habe Ollynan gewollt, dass sich das Gift nachweisen ließ. Oder nicht sie, sondern ein anderer, der ursächlich mit ihrem Tod zu tun hatte.
     
    2.
     
    Kaum hatte Marchany da Camqoa die Aufnahmen aus dem Haus Astimafs zum Sender überspielt, als sie ein Anruf erreichte. Er ließ sie augenblicklich aufbrechen. Im Gleiter raste das Team zu einem Trichterbau im Süden Gos'Rantons. Das Gebäude stand nahe dem Tor des Zoltral, des Stammsitzes des Zoltral Khasurn. Von einem brennenden Busch stiegen Rauchwolken auf. Mehrere Gleiter parkten auf den freien Flächen zwischen den Bäumen.
    Als Journalistin verfügte Marchany über weitaus mehr Informationen als die allgemeine Öffentlichkeit. Daher vermochte sie, die Flugmaschinen an hand einiger kleiner Markierungen zu identifizieren, die einem anderen wohl nicht aufgefallen wären. Sie wusste sofort, dass es Gleiter der Kralasenen waren, jener Geheimdienstgruppierung, von der die meisten Arkoniden nicht einmal etwas wussten. Marchany atmete kurz und flach. Sie spürte, wie sich in ihrem Inneren etwas verkrampfte. Den Männern und Frauen von den Kralasenen ging sie am liebsten in einem möglichst weiten Bogen aus dem Weg.
    Während der Gleiter landete, erinnerte sie sich an verschiedene Berichte über die Taten - oder besser Untaten der Bluthunde des Imperators, die in ihrem Archiv schlummerten und die sie dort am besten aufgehoben wusste. Sie hatte nicht die Absicht, sie zu verwenden und jemals eine Dokumentation darüber anzufertigen. Je weniger Kontakt sie mit Vertretern dieser
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