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1997 - Das Ende des Sonnentresors

Titel: 1997 - Das Ende des Sonnentresors
Autoren: Unbekannt
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Überraschung", erklang die Stimme mit dem fremdartigen Timbre. Aus den Halbdunkel einer Nische erschien der Lauf eines Kombistrahlers' und zielte auf Veldenhovvs Brust. Die Gestalt hinter der Waffe war klein und hager. Kränkelnde, alte Vlatschis im Endstadium ihres Lebens sahen so aus. Dieser hier wirkte hingegen ausgesprochen gesund und beweglich. „Gib dir keine Mühe!" fuhr der Artgenosse hinter der Waffe fort. „Hier ist für dich Endstation." Er ging direkt auf Veldenhovv zu. Vor seiner Waffe gab es kein Entrinnen. „Wer - wer bist du?" stieß der Dieb hervor. „Wieso kannst du mich sehen?"
    „Das bleibt ebenso mein Geheimnis, wie du deins für dich behältst", lautete die Antwort. „Los, umdrehen und .hinlegen! Auf das Gesicht! So ist es gut." Veldenhovv resignierte. Der andere wusste genau, was sich abspielte. Er kannte den Trick. „Wer bist du?" wiederholt der Dieb seine Frage. „Kannst du es dir nicht denken? Ich bin Boningarey, der Protektor der Gilde."
    „Du bist kein Vlatschi." Boningarey lachte. „Natürlich nicht. Ich bin ein Wylka. Hast du das nicht gewusst?"Ein Wylka! Einer der Letzten seines Volkes. Veldenhovv fiel es wie Schuppen von den Augen. Die Wylkas waren ein kleines Teilvolk der Wylatschos gewesen und hatten empathische Fähigkeiten besessen. Zu Beginn der Algioten-Invasion hatten die Fremden sie überfallen und die viertausend auf Wylkado lebenden Wylkas getötet.
    Nur wenige hatten überlebt, weil sie sich nicht auf ihrer Heimatwelt aufhielten. Damals hatte zwar Vil an Desch die Algioten kommandiert. Aber der befehlshabende Scoctore bei diesem Angriff war Dro ga Dremm gewesen. „Du hast mich hereingelegt", zischte Veldenhovv. „Warum sollte ich einen Dieb nicht hereinlegen? Natürlich kann ich dich ebensowenig sehen wie jeder andere. Aber ich spüre deine Anwesenheit und weiß, wo du dich befindest."
    „Du siehst mich noch immer nicht?"
    „Deine Umrisse werden langsam deutlich. Gib dich keinen falschen Hoffnungen hin! Ich werde nicht zulassen, dass du .mich erneut ansiehst. Du besitzt die Fähigkeit, nach dem Blinden Fleck auf meiner Netzhaut zu greifen.
    Hernstal allein mag wissen, wie du es machst."
    „Das werde ich dir selbst unter der Folter nicht erzählen."
    „Mir genügt, dass du dich dadurch verraten hast. Du bist kein gewöhnlicher Dieb. Die verdecken ihren Körpergeruch, um unerkannt stehlen zu können. In deiner Zunft jedoch gilt ein solcher Trick als verpönt." Veldenhovv stöhnte. Der Wylka wusste offenbar alles. „Du bist einer der legendären Meisterdiebe", hämmerten die Worte Boningareys in sein Bewusstsein. „Es ist mir eine Ehre, dich entlarvt zu haben. Und ich werde dir keine Gelegenheit geben, aus diesem Haus zu entkommen. Noch ehe es draußen dunkel geworden ist, versammelst du dich mit deinen Ahnen."
    Der Wylka rief die Wächter. Sie trampelten hektisch die Treppe herauf und umringten Veldenhovv. „Er hat dieses Haus entweiht und sich von mir erwischen lassen", verkündete der Protektor. „Zur Strafe werdet ihr ihn vierteilen und die Überreste auf der Straße verstreuen. Es soll allen Dieben zur Warnung und Mahnung gereichen. Hernstal, gib uns Kraft!"
    „Hernstal, gib uns Kraft!" brummten die Soldaten. Veldenhovv schloss die Augen und schob langsam die rechte Hand in Richtung Gürtel, wo die Giftkapsel steckte. Wenn er dieses Haus nicht lebend verließ, wollte er Boningarey den eigentlichen Triumph verwehren. Der Wylka würde nie von sich behaupten können, einen Meisterdieb getötet zu haben.
    Jemand warf sich auf ihn, riss ihm die Arme auf den Rücken und entfernte die Kapsel aus dem Gürtel. „Du unterschätzt die Fähigkeiten eines Wylka-Empathen" ,zischte die Stimme dicht neben seinem Ohr. Der heiße Atem streifte seinen Nacken und ließ ihn frösteln. Veldenhovv ergab sich scheinbar in sein Schicksal. Während die Soldaten ihn aufhoben und davontrugen, musterte er unauffällig die Umgebung. Nur seine antrainierte Fähigkeit, sich gewissermaßen unsichtbar zu machen, konnte ihn jetzt noch retten. Er lauerte auf eine Gelegenheit, bei der alle im Raum anwesenden Vlatschis ihn ansahen.
    Aber die Soldaten machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Sie stülpten ihm einen Sack über den Kopf und banden ihn am Hals zu. Das, so erkannte der Meisterdieb in endgültiger Konsequenz, war das Ende seiner viel zu kurzen Karriere.
    In das Klirren metallener Gestänge mischte sich das Gemurmel der Zuschauer. Die Vlatschis verströmten Gerüche und
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