Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1987 - Der Mörderprinz

Titel: 1987 - Der Mörderprinz
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Fall war, wenn dieser Friede auch zu einer positiven Veränderung führte. Auf Crozeiro vertrat man die Ansicht, man habe alles schon erreicht.
    Die genetische Erneuerung, von Samaho selbst in die Wege geleitet, barg am Ende keine Aussichten auf einen Erfolg. Crozeiro war vorbei, kosmisch gesehen. Geschichte, Historie zu Lebzeiten, ein pseudovitales Exponat in einem galaktischen Zoo, das den neugierigen Besuchern die Folgen der Sattheit illustrierte. Seht, ein Crozeire! Er lebt, aber er besitzt keine Seele. Er wird geboren, und er stirbt, und in der Zeit zwischen beiden Ereignissen finden keinerlei erwähnenswerte Ereignisse statt.
    „Dann weißt du, daß ich nicht anders handeln kann, Karvencehl."
    „Gewiß, mein Gottregent."
    „Das Orakel hat es prophezeit."
    „Gewiß."
    „Niemand kann die Zukunft verändern, wenn das Orakel sie bereits verkündet hat."
    „Gewiß."
    Samaho spürte, wie ein ungerechter Zorn ihn übermannte, und er kämpfte mit aller Macht gegen die Versuchung, den alten Diener niederzuprügeln.
    „Beim GESETZ und den Cro-Schwestergöttern!" schrie er plötzlich. „Kannst du nichts anderes sagen als gewiß?"
    Karvencehl blieb unbeeindruckt stehen, auch dann noch, als Samaho einen drohenden Schritt auf ihn zu tat.
    „Was wollt Ihr hören, mein Prinzregent? Absolution werde ich Euch nicht erteilen."
    „Dann beenden wir dieses verrückte Spiel! Ich will, daß du mein Volk auf dem Platz des multiversalen Friedens zusammenrufst, Karvencehl! Ich will, daß jeder der vier Millionen Crozeiren in sechs Tagen um die Mittagszeit anwesend ist! Ich will auf den Terrassen meines Palastes stehen, und bis zum Horizont will ich diese verfluchten Köpfe aus Glas sehen! Ich will ihre verfluchten Stimmen murmeln hören, und dann... dann... dann will ich nur noch Stille."
    Karvencehl sagte gleichmütig: „Ihr werdet all das sicher bekommen, Hoheit."
     
    *
     
    Samaho fiel wieder in den Zustand des umfassenden Dämmers zurück, wie vor der Rückkehr des Roboters Cairol. Nicht König Samaho wird man Euch nennen, sondern einen Mörderprinzen. Er versuchte, in seinem Schädel so wenige Gedanken zuzulassen wie nur möglich. Denn er hegte eine geheime Furcht, die er sich selbst kaum eingestand: daß er es sich noch einmal anders überlegen könnte, im letzten Augenblick, in einer Sekunde ohne Rückgrat, bevor alles zu Ende ging.
    Die wenigen Crozeiren, die außerhalb des Planeten in der Galaxis lebten, kamen innerhalb der befohlenen sechs Tage in Crozeirenstadt zusammen. Ihre Sphärenschiffe gingen auf dem Raumhafen am Rand der Stadt nieder. Selbst wenn sie genau gewußt hätten, welches Schicksal sie erwartete, sie wären dennoch gekommen, mit der Treue der Crozeiren, den eigenen Willen stets dem König oder Prinzregenten untergeordnet.
    Zu Mittag des sechsten Tages trat Samaho auf die Terrassen hinaus.
    Das Meer der Köpfe erfüllte die Straßen und den Platz des multiversalen Friedens, der sich unterhalb der Palastterrassen erstreckte, und das Licht der Sonne brach sich in den Millionen Augen, die auf der Erscheinung des Prinzregenten ruhten.
    Über der Szenerie lag ein alles erfüllendes Gemurmel.
    Und dann tat er es. „Volk von Crozeiro! Ich habe euch zusammengerufen, weil dieser Tag ein entscheidender Tag für uns alle wird..."
    Es fiel ihm nicht mehr sehr schwer.
    Samaho, Prinzregent unter den Cro-Schwestermonden, verlangte seinem Volk an einem Sonnentag in einem kühlen Herbst das Leben ab. Ein mikrofonisches Feld nahm die Schwingungen seiner Stimme auf und transportierte sie in die Straßen hinaus, hunderttausendfach verstärkt.
    Samaho verlangte Gomberach, von jedem einzelnen, den Greisen wie den Kindern.
    Er hatte nicht das Gefühl, daß sie seine Motive verstehen konnten. Wie wäre das auch möglich gewesen?
    Aber seine Anweisung ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Es gab keinen Raum für Interpretationen und keine Möglichkeit, den Befehl mißzuverstehen.
    Begeht Gomberach! Nur dieser eine Satz.
    Eine junge Dienerin, genetisch modifiziert und dennoch ohne Lust am Leben, war die erste, die den Bann brach.
    Haltet euren Atem an, stoppt den Herzschlag! Samaho sah ihren Körper in sich zusammensinken, und aus den gläsern schimmernden Puppengliedern wich das Leben, bevor ihr Schädelkonus noch den Boden berührte.
    Was im einzelnen geschah, war aus der erhöhten Terrassenposition nicht erkennbar. Er sah, wie die Reihen sich lichteten, wie aus aufgerichteten Körpern liegende wurden.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher