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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard
Autoren: Alexander Zeram
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um. Frau Hoischen saß an ihrem Platz. Sie beugte sich über ein Schriftstück, so dass ihr eine graue Haarsträne ins Gesicht fiel. Von Colette Halter war nichts mehr zu sehen. Heinz Kühler verließ das Vorzimmer und ging auf den Flur hinaus. Er sah in Richtung Treppenhaus, aber auch hier war sie nicht mehr zu sehen. Schade, dachte er. Er ging in sein eigenes Büro und trat an eines der Fenster, die zur Straße hinausgingen. Simon Halters Kombi rangierte gerade auf dem Hof und fuhr Richtung Tor. Colette Halter hatte ihr Cabriolet dafür auf dem Parkplatz der Geschäftsführung zurückgelassen.
    *
    Florence Uzar hatte zwei anstrengende Wochen in Paris hinter sich. Es war eine Geschäftsreise, der Besuch eines Kongresses mit angeschlossener Messe. Bevor sie Europa wieder verließ, plante sie noch zwei Tage in München, bei einer Freundin zu verbringen. Über da s Wochenende blieb sie aber noch in Paris . Am Montagvormittag startete sie vom Flughafen Charles-De-Gaulle in die bayrische Hauptstadt. Das erste Mal seit zwei Wochen hatte sie wieder ihr Gepäck bewegt, das zuvor träge in ihrem Pariser Hotelzimmer verstaut war. Der Taxifahrer zum Flughafen hatte ihr die Koffer noch auf einen Trolly geladen, den sie dann selbst zur Abfertigung schob. In der Schlange vor ihr stand ein junger Mann, der fast einen ganzen Kopf kleiner war als sie. Florence war stolz auf ihre gut eins achtzig. Sie hatte nie Probleme mit ihrer Größe gehabt. Während des Studiums wurde sie wegen ihres Aussehens sogar einmal von einem Fotografen auf der Straße angesprochen. Er gab ihr seine Visitenkarte und forderte sie auf, sich bei ihm zu melden. Er sprach davon, wie fotogen sie sei, mit ihrem wundervollen rotbraunen Haaren und davon, dass sie tolle Augen hätte, tolle grüne Augen. Sie war damals mit einer Kommilitonin in Nantes unterwegs. Die Freundin bedrängte sie noch Tage später, sich bei dem Fotografen zu melden. Florence hatte damals aber kein Interesse an der Sache und bezweifelte auch, dass der Mann ein richtiger Fotograf war. Sie hatte nie bei ihm angerufen und es auch nie bereut.
    Der junge Mann, der vor ihr am Flugschalter stand, drehte sich zu ihr um und lächelte sie zaghaft an. Nach einer Viertelstunde hatte sie endlich ihr Gepäck eingecheckt. Zwei Stunden später kamen ihr die beiden Koffer und die große Reisetasche dann auf dem Kofferband im Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen wieder entgegen. Ein Mitreisender half ihr, das Gepäck auf den Trolly zu wuchten. Seine Frau musste ihn aber erst dazu auffordern. Florence bedankte sich auf Deutsch . Einige wenige Worte sprach sie und ein »Dankeschön« gehörte auch dazu. Als sie den Ausgangsbereich betrat, sah sie Colette bereits winken. Florence musste nicht durch den Zoll und konnte ihre Koffer direkt in die Wartehalle schieben. Colette kam ihr entgegen. Sie hatten sich jetzt bestimmt mehrere Monate nicht gesehen. Florence kam jedes Jahr ein- oder zweimal nach Europa, fast immer stand auch ein Besuch in München auf ihrem Plan. Bevor Colette etwas sagte, umarmte sie die Freundin. Sie küssten sich auf die Wange, dreimal, so wie es in Frankreich üblich ist. Neben Ihnen stand ein älteres Ehepaar und beobachtete interessiert die Szene. Was die beiden Frauen sich dann erzählten, verstand das Paar aber nicht mehr.
    »Mon deus, zwei Koffer, die hattest du aber beim letzten Mal nicht dabei, oder«, stellte Colette fest.
    Florence sah zu ihrem Gepäck. »Und dann habe ich ja noch die große Tasche«, sagte sie in einem bewusst trotzigen Ton. Sie lachten.
    »Beinahe hätte ich dich mit meinem Cabriolet abgeholt. Simon ist heute Morgen doch mit seinem Wagen in die Firma gefahren. Er hatte nicht mehr daran gedacht. Wir haben dann vorhin noch getauscht.«
    »Und wie geht es ihm und dem Jungen?«
    »Ich glaube Simon ist ganz froh, dass er mich heute Abend los ist. Es gibt irgendein Fußballspiel. Da braucht er sich noch nicht einmal um Marc zukümmern. Die sitzen dann beide vor dem Fernseher und schauen es zusammen an.«
    »Wie praktisch für alle.« Florence lächelte und stöhnte dann augenblicklich. »Hast du wieder ein Programm gemacht? Das letzte Mal waren es meine härtesten Tage hier in München, darum habe ich mich auch schon in Paris mit allem eingedeckt. Den orangen Koffer habe ich auch erst vor drei Tagen gekauft.«
    »Das ist aber dumm«, sagte Colette und verzog zum Spaß enttäuscht die Lippen. »Jetzt wollte ich hier mit dir ordentlich shoppen gehen und du bist mit
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