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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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stachen.
    Das Untier schrillte erneut mit aufgerissenem Schnabel, dann nahm es seine drei Opfer in Augenschein, die sich verteilten und in ständiger Bewegung blieben. Der Kopf auf dem langen Hals pendelte eine Weile hin und her, dann stieß er unter dem johlenden Geschrei, Pfiffen und Händeklatschen der Zuschauer auf das erste Opfer nieder – Clarice.
    Der spitze Schnabel, der sie wie eine Lanze aufgespießt hätte, verfehlte sie nur um Haaresbreite. Die junge Frau besaß trotz der langen Gefangenschaft immer noch gute Reflexe, wie Vogler feststellen musste. Er bezweifelte, dass er es geschafft hätte, rechtzeitig wegzukommen.
    Clarice warf sich blitzschnell mit einem Hechtsprung zur Seite, rollte sich ab und schlug mit dem Stock um sich. Sie war fahlbleich, aber ihre Augen blitzten entschlossen. Erneut wich sie aus, als der Bunyip auf sie niederstieß, und hieb den Stock mit aller Kraft auf seinen Schädel. Dann gab sie Fersengeld.
    Der Bunyip stieß einen empörten grellen Pfiff aus, schüttelte den Kopf und kam in Fahrt. Er trat nach Hay, versuchte Clarice mit dem Schnabel zu erwischen und wollte sich dann auf Vogler stürzen.
    Vogler versuchte mentalen Kontakt zu dem Tier aufzunehmen und es zu beeinflussen. Aber es war nicht einfach, sich zu konzentrieren, denn der Bunyip scheuchte ihn wie eine Maus in der Arena herum. Als er versuchte, einen Felsvorsprung zu erreichen, war sofort eine Wache zur Stelle und stieß ihn mit dem Stock zurück nach unten.
    Der Bunyip hob den Kopf und schrillte das Publikum an, woraufhin auf den unteren Rängen ein Tumult entstand. Die Zuschauer dort sprangen auf und drängten weiter nach oben, während die Wachen an der Laufleine rissen und das Untier mit ihren Speeren traktierten. Warum es seine Peiniger nicht angriff, war Vogler ein Rätsel – bis er sah, dass ihre halbnackten Körper mit irgendeinem Fett eingeschmiert waren. Wahrscheinlich simulierten sie damit durch Geruch, artverwandt zu sein, oder so ähnlich.
    Doch das nützte Vogler gar nichts. »Hay, Clarice!«, rief er den anderen zu. »Versucht irgendwie, ihn abzulenken, damit ich mich konzentrieren kann!«
    »In Ordnung«, gab die Marsfrau zurück und schritt sofort zur Tat.
    Brüllend und armwedelnd lenkte sie die Aufmerksamkeit des Bunyip auf sich. Hay aber dachte gar nicht daran, Vogler zu unterstützen, er wollte nur seine eigene Haut retten. Geduckt umrundete er das riesige Tier und rannte zu den Käfigen. Die Gefangenen rüttelten panisch an den Stäben und flehten darum, sie freizulassen.
    Hay vermutete wohl, dass bei ihnen im Augenblick der sicherste Platz war. Diese Gefangenen sollten für ein späteres Schauspiel aufgehoben werden, denn bisher hatten die Wachen den Bunyip von ihnen ferngehalten.
    Clarice war jetzt allein, und sie stieß eine Reihe von Flüchen aus, während sie durch die Arena hetzte. Sich mit dem Stock stellen zu wollen, wäre lächerlich gewesen. Die Frau trickste das Tier aus, indem sie wie ein Hase Haken schlug und sich meistens unterhalb des Körpers aufhielt, wo der Bunyip sie schlecht sehen und erreichen konnte.
    Vogler wusste, dass Clarice dieses Tempo nicht mehr lange durchhalten konnte. Auch wenn die Sauerstoffversorgung besser war – die irdische Schwerkraft war für marsianische Verhältnisse zu hoch. Selbst mit Exoskelett und inzwischen größerer Muskelmasse konnten die beiden Marsianer kein Ausdauertraining absolvieren.
    Kurzzeitige Sprints und Kraftakte waren möglich, aber mehr nicht.
    Umso mehr verstärkte der Waldmann seine Anstrengungen. In den vergangenen Wochen, so nah am Finder, hatten sich seine Kräfte vermehrt. Meistens äußerte sich das durch Anfälle von heftigen Kopfschmerzen und Verlust der Realitätswahrnehmung. Windtänzer, der Oberste Baumsprecher, hatte es ihm vor der Reise zur Erde gesagt: Eine bedeutende Aufgabe erwartete Vogler, und auch seine Kräfte würden sich steigern.
    Vogler stöhnte, als er versuchte, den Bunyip im Geiste wahrzunehmen.
    Dieses Wesen war… verschwommen, nicht ganz da. Als befände es sich halb in der Traumzeit, halb im Hier und Jetzt. Aber der Waldmann hatte aus dem Treffen mit dem Finder gelernt: Er ließ Bilder in seinem Kopf entstehen, von marsianischen Ungeheuern aus den Geschichten seiner Kindheit. Gigantische Geschöpfe, groß wie Berge, wirbelnd wie Sandstürme, blutgierig und tödlich. Der Bunyip erschien dagegen winzig und hilflos. Diese Bilder schickte er dem Untier.
    Und keine Sekunde zu früh. Clarice war in die Enge
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