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1926 - Rekruten für Zophengorn

Titel: 1926 - Rekruten für Zophengorn
Autoren: Unbekannt
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über die Füße nach unten ragte, verdeckte ihre Körperform.
    Schwerelos und elegant manövrierte die Gestalt sich hinab zum Rednerpult. In dem Moment, als der unsichtbare Spot sie in gleißend helles Licht tauchte, hörte das Brummen auf.
    Störmengord lauschte auf jeden Atemzug in der Halle von Bandaß. Die lautesten Geräusche, so glaubte er, waren seine eigenen.
    Demonstrativ hob die Gestalt einen Arm.
    Eine knochige weiße Hand fuhr zum Kopf der Gestalt und zog die Kapuze herab.
    Störmengord erblickte ein vertrautes Gesicht: Eine nicht mehr ganz junge Lotgeborene kam zum Vorschein, mit rasiertem Hals und Knochenwülsten auf dem Schädel.
    Ihre Stimme erfüllte mit einemmal die Halle.
    Die Worte klangen so laut, daß es in den Ohren schmerzte: „Mein Name ist Giblis. Ich gehöre zum Manual-Komitee, und ich wurde beauftragt, die Zeremonie zu leiten. Jedem Besucher dort unten sei zunächst einmal für seine Anwesenheit gedankt, im Namen aller Bebenforscher von Zophengorn."
    Für Störmengord bedeutete ihr Anblick einen Schock. Vor zehn Tagen hatte er noch mit ihr geredet, und heute sah er sie dort oben. „Direktor sechs ist gestorben", erklärte Giblis in feierlichem, getragenem Tonfall. „Er hat viele Jahre lang in Zophengorns Auftrag gearbeitet. Und wenn diese Arbeit auch für Außenstehende schwer zu bewerten ist, so muß sie doch getan werden. - Rufen wir uns in Erinnerung, was während der siebzehn Jahre seines Wirkens geschehen ist ..."
    Ein dreidimensionales Panorama erfüllte die Halle von Bandaß. Störmengord sah aus dem Rumpf der Z-Werft Raumschiffe quellen. Die Bahn der zehn Satelliten führte Dutzende Male um Kamarr herum. Neue Bebenwachten wurden in Dienst gestellt, die Datenberge im Ring-Großrechner wuchsen an.
    Giblis ließ ein zehn Meter hohes Balkendiagramm erscheinen, das ihre Trefferquote in bezug auf Kesselbeben zeigte.
    Weitere Grafiken kamen hinzu, alle dreidimensional und riesengroß; allen war die aufwärts gerichtete Tendenz gemeinsam. „Es waren gute Jahre für die Gilde", .behauptete Giblis in salbungsvollem Ton, „und die Zukunft wird nicht minder erfolgreich werden. Dafür sorgen nicht allein unsere Bebenforscher - auch wenn sie das Rückgrat der Organisation darstellen -, sondern auch die Direktoren. Direktor sechs ist tot. Es lebe sein Nachfolger, der in der Hierarchie als Direktor eins beginnen wird!"
    Zehn verschiedene Symbole tauchten dreidimensional auf, tanzten kurz über Giblis und verschwanden wieder. „Zwei Kandidaten stellen sich zur Wahl", sagte sie. „Die Entscheidung wird jetzt und hier fallen, in der Halle von Bandaß, in dieser Stunde. Der erste Kandidat ist ein erfahrener Bebenforscher. Ganavald per Meden stammt aus dem Volk der Vrouber. Er hat die längste je dokumentierte Bebenhaft hinter sich gebracht. Aus gesundheitlichen Gründen kann Ganavald heute leider nicht bei uns sein, sondern er zog es vor, die Zeremonie aus seiner Kabine zu verfolgen. Daher zeigen wir euch eine Holographie des Kandidaten ..."
    Hoch über dem Rednerpult, in der Mitte des Saals, sah, man Ganavalds Abbild erscheinen.
    Der gelbhäutige Vrouber blickte scheinbar väterlich in die Menge, wendete sich einige Male, grüßte dann mit Achtung gebietender Geste.
    Krankheit?
    Störmengord hätte beinahe laut gelacht. Das Bild war pure Manipulation. Er ärgerte sich, daß man nicht den wahren Ganavald sehen konnte, ein Nervenbündel ohne jede Beherrschung.
    Zum ersten Mal war er froh, daß die Abstimmung nicht wirklich heute stattfand, sondern daß die Entscheidung längst gefallen war. Ganavald konnte seinen Auftritt in der Messe des Manual-Komitees nicht ungeschehen machen. Ein Idiot wie er war nicht in führender Stellung denkbar, und die Direktoren wußten das.
    Giblis fuhr fort: „Der zweite Kandidat ist ebenfalls ein bekannter, seriöser Bebenforscher. Eismer Störmengord vereinigt in sich alle Vorteile und Tugenden der Gilde."
    Der Goldner fand sich plötzlich in grellem Licht wieder. Er schaute zur Decke auf, und er sah seinen Körper zehnfach vergrößert. Seine Augen starrten verschreckt in eine Kamera, die er nicht entdeckte.
    Bevor sich Störmengord fangen konnte, verblaßte das Hologramm bereits. Er machte sich klar, daß er soeben seinen großen Auftritt verpatzt hatte. .Außerdem registrierte er, daß man Ganavald per Meden doppelt so lange gezeigt hatte. Ganavald hatte die mit weitem Abstand bessere Figur gemacht.
    Zu spät, dachte er, viel zu spät.
    Störmengord glaubte
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