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1921 - Projekt Mirkandol

Titel: 1921 - Projekt Mirkandol
Autoren: Unbekannt
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der Arkonide. „Was verspricht die Regierung eigentlich den Wählern?"
    „Im Moment geben Hochrechnungen Solder Brant kaum Chancen auf einen Wahlsieg", versetzte der LFT-Kommissar, ohne auf die Frage Atlans einzugehen.
    Cistolo Khans Status war ohnehin der eines hohen Regierungsbeamten. Man hatte ihn eingesetzt, und die neue Regierung konnte ihn von einem Tag auf den anderen wieder absetzen.
    „Aber die Liberalen erhalten großen Zustrom aus dem Lager der Unzufriedenen", fügte er hinzu. „Wenn die Entwicklung anhält, könnten sie im August eine ausreichende Mehrheit erreicht haben."
    Khan schaltete ein Holo ein, um seinem Gesprächspartner eine Rede Solder Brants vorzuführen, die dieser über Trivideo gehalten hatte. Syntronische Analysen hatten ergeben, daß es ihm gelungen war, immerhin einige Millionen Zuhörer zu erreichen. Sein Holo war in Wohnungen auf allen Kontinenten der Erde erschienen und bei über neunzig Prozent der Zuschauer bis zum Ende seines Vertrags aufrechterhalten worden.
    Das war ein Wert, der selten erreicht wurde. Um so bewundernswerter war dieser Wert, als Brant auf technischen Schnickschnack verzichtet hatte. Er sprach frei, bot keine Hologramme auf, unterließ Spielereien, mit denen man die Medienkonsumenten weiter fesseln konnte.
    Brant war ein vergleichsweise kleiner Mann mit kantigem Gesicht, das von tiefen Falten an den Schläfen und auf den Wangen durchzogen wurde. Er hatte blaue Augen, kurzes, brünettes Haar und kräftige Augenbrauen.
    Im Trivid wirkte er weder klein noch unsicher. Der Politiker sprach ruhig und ohne äußerlich erkennbare Erregung.
    Dennoch hatte jedes seiner Worte etwas Zwingendes, zumal er elegant und geschickt zu formulieren wußte und dabei den Nerv seiner Zuhörer traf. Er sprach in einfachen und verständlichen Worten, jedoch mit der gebotenen Eloquenz; er versuchte gar nicht erst, komplizierte Zusammenhänge darzustellen und zu erläutern, wohl wissend, daß er die überwiegende Zahl seiner Zuhörer damit überforderte.
    „Cistolo Khan und Paola Daschmagan flüchten sich in tausend Ausreden, sie behaupten, aus menschlichen und moralischen Gründen gehandelt zu haben, und demaskieren sich dabei doch nur selbst als Personen, die zu schwach und zu unentschlossen sind, um eine derartig hohe Verantwortung tragen zu können. Als die Dscherro über uns herfielen, haben sie eine Reihe von Fehlentscheidungen getroffen, und sie haben praktisch tatenlos zugesehen, wie Terrania City in Schutt und Asche gelegt worden ist!"
    Den letzten Satz rief Solder Brant. Nun zeichnete sich wachsende Erregung und Empörung auf seinem Gesicht ab.
    „Doch wir wollen großzügig sein", sprach er weiter, nun seriöser und milder im Tonfall „Wir wollen gar nicht darauf herumhacken, daß Terrania City in einen Trümmerhaufen verwandelt wurde. Gebäude, Straßen, Parks und Denkmäler kann man wieder aufbauen.
    Dabei geht es nur um die Zerstörung von Sachwerten. Vergessen wir also den materiellen Schaden. Unverzeihlich aber ist, daß hunderttausend Menschen gestorben sind und eine wenigstens zehnfache Zahl verletzt und verstümmelt worden ist, daß mehr als zwanzig Millionen unter seelischen Schäden zu leiden haben, die vielleicht nie mehr repariert werden können."
    Solder Brant hielt inne, ließ die Zahlen auf die Zuschauer wirken, auch wenn diese dies sicher alles wußten Als er weitersprach, klang seine Stimme fast schon beschwörend.
    „Und da fragen wir uns, warum die Verantwortlichen, warum Cistolo Khan, Paola Daschmagan und einige andere da oben immer noch auf ihren Posten sitzen, anstatt soviel Anstand zu zeigen und zurückzutreten. Menschen können irren, und auch die Menschen in der Regierung und in der Verwaltung können irren. Doch nun ist es an der Zeit, daß sie ihren Hut nehmen und verschwinden. Und was ist mit den Cameloter? Was ist mit jenen, die von ES die höchste vorstellbare Auszeichnung - die Unsterblichkeit - erhalten haben? Und denen ES damit eine Aufgabe übertragen hat? Sie haben sich allesamt als Versager erwiesen, mit denen uns so gut wie nichts mehr verbindet."
    In diesem Ton ging es noch eine Weile weiter, bis Cistolo Khan schließlich ausschaltete.
    „Der Mann ist gefährlich", stellte der LFT-Kommissar fest. „Er ist ein hochbegabter und äußerst fähiger Politiker Er kann die Massen fesseln, und er spricht vielen Menschen aus der Seele."
    „Weshalb hast du mich zu diesem Gespräch eingeladen?" fragte Atlan. „Um mir diese Rede vorzuführen?
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