Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
191 - Das Duell

191 - Das Duell

Titel: 191 - Das Duell
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
Fell, packte es an einem der Ohren und zog den Schädel hoch. Es löste sich, und ein menschlicher Kopf kam zum Vorschein. Dichtes schwarzes Kraushaar, schwarze Haut mit rot-weißer Tätowierung – ein junger Anangu. Die Augäpfel waren tief in den Augenhöhlen verschwunden.
    Rulfan presste die Lippen zusammen, sein Mund wurde trocken. Es war eine Sache, einen Mann Auge in Auge während eines Schwertkampfes zu töten. Es war eine andere Sache, einen Menschen, den man nicht sehen kann, mit bloßen Händen zu erwürgen.
    Er stellte die Lampe ab und zog dem Anangu das Taratzenfell aus. Der Rattenschädel war vom Nacken über den Scheitel bis zum Augenansatz mit einer Platte verstärkt; ein Helm also, aus leichtem Metall – oder dem Originalknochen? –, der sorgfältig unter das Fell eingearbeitet war.
    Unter dem Pelzmantel war der Anangukrieger nackt bis auf einen Lendenschurz. Auf dem bloßen Rücken trug er an einem breiten Schultergurt einen ledernen Wasserbeutel und eine langstielige Axt. Die Klinge sah abgenutzt und sorgfältig geschliffen aus. Rulfan fragte sich, warum der Mann die Waffe nicht benutzt hatte für seinen heimtückischen Angriff aus der Dunkelheit.
    Vielleicht, weil er damit zu schwerfällig gewesen wäre.
    Wenn der erste Angriff, der erste Hieb nicht wirkungsvoll gewesen wäre, hätte er seinen Standort verraten und Rulfan hätte zugepackt. Vielleicht war es so gewesen, vielleicht ganz anders. Gleichgültig. Es war vorbei. Rulfan öffnete den halbvollen Wasserbeutel und schnupperte an der Öffnung. Jetzt erst wurde ihm bewusst, wie stark der Durst in seiner Kehle brannte. Das Wasser roch frisch. Dennoch musste er einen heftigen Ekel überwinden, bevor er den Beutel an die Lippen setzen und trinken konnte. Immerhin hatte ein Toter zuletzt davon getrunken; ein Mann, der ihn ermorden wollte.
    Er verschloss den Beutel, schlüpfte in den Pelzmantel und stülpte den Schädel über seinen Kopf. Passte. Die Taratzenschnauze war wie ein Gesichtshelm gearbeitet – er schützte Wangen und Stirn, man konnte durch die Augenhöhlen blicken, und zugleich übte er eine abschreckende Wirkung aus.
    Rulfan bückte sich nach dem Toten, schnallte den Gurt mit der Axt von dessen Rücken und hängte sich die schwere Waffe selbst um die Schulter. Sie war ihm nicht geheuer, denn er hatte Äxte bisher nur als Werkzeug benutzt. Doch besser als gar keine Waffe.
    Er bückte sich nach der Öllampe, hob sie hoch und leuchtete noch einmal in den Raum hinein. Diesmal betrachtete er ihn aufmerksam: Bänke, Wannen, Schüsseln, Rohrleitungen, blinde Leuchtröhren, und überall Staub und Spinnennetze. Nein, so einen Raum konnte man nicht träumen. So fest wie der Boden war, auf dem er stand, so warm wie das Taratzenfell war, das er jetzt trug, so wirklich war dieser ehemalige Waschraum.
    Die Öllampe in der Rechten, wandte er sich dem Ausgang zu. Die Anangu hatten ihn hierher gebracht, dieser Daagson und seine Leute. Zuerst hatten sie ihn betäubt und dann verschleppt. Zu welchem Zweck?
    Rulfan war entschlossen, es herausfinden. Er verließ den Raum und trat in den Gang. Und was hatten sie mit Maddrax gemacht? Auch das würde er herausfinden.
    Zuerst aber musste er einen Weg aus diesem Labyrinth suchen.
    Er hob die Lampe, leuchtete zu beiden Seiten und wandte sich schließlich nach links. Im Grunde war es gleichgültig, für welchen Weg er sich entschied, denn es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt, in welcher Richtung der Ausgang liegen könnte.
    Er marschierte also den Gang entlang, bog ein paar Minuten später in einen größeren ein und leuchtete in jeden Durchgang hinein, der in einen Raum führte. Und jeder Raum, den er zu sehen bekam, bestätigte seinen Eindruck: Sie hatten ihn in eine Bunkerstadt verschleppt.
    Menschen hatten einst diese Gänge und Räume bevölkert und sie irgendwann aufgegeben. Eine Zuflucht aus den Zeiten des Kometeneinschlags? Aber warum hatten ihre Erbauer sie verlassen?
    Ein Geräusch ließ ihn aufhorchen. Es war ihm so vertraut, dass er stehen blieb und verwundert lauschte.
    Ein Lupa knurrte. »Chira?« Doch wie sollte seine vierbeinige Gefährtin in diese Höhlenstadt gelangt sein?
    Vielleicht suchte sie ihn…
    »Chira?« Er ging zum nächsten Durchgang und leuchtete hinein. Ein weißer Lupa stand darin, fletschte die Zähne und knurrte. »Wulf…!« Der Lupa duckte sich zum Sprung.
    ***
    »Ein Nosfera!« Matthew Drax stockte der Atem.
    Gelbliche Augen stierten ihn aus einem aschfahlen Gesicht an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher