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1861 - Bomben für den Brutkosmos

Titel: 1861 - Bomben für den Brutkosmos
Autoren: Unbekannt
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Goeddas Philosoph die Sinnlosigkeit allen Lebens verkündete, sich selbst und vor allem Goedda aber dabei ausnahm.
    Da war das Argument, das mich daran erinnerte, daß ich zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Auffassungen vom Leben gehabt hatte - und daß ich in der jeweiligen Phase, ob verliebt, kritisch, euphorisch oder depressiv, niemals Zweifel daran gehabt hatte, daß meine jeweilige Lebensansicht die einzig wahre und richtige gewesen war. Daß ich damals immer fest davon überzeugt gewesen war, mir diese Lebensauffassung selbst erarbeitet zu haben.
    Mein neues Weltbild aber war, daran erinnerte ich mich, mir vom Philosophen geschenkt worden; es kam also von außen, nicht aus mir selbst heraus. Und es hatte, verglichen mit den anderen, den entscheidenden Nachteil - den es als Vorteil ausgab -, keinen Nachfolger zuzulassen ...
    Er arbeitet rechtshemisphärisch, ging es mir durch den Kopf, als Julio Mangana das Wort ergriff und zu sprechen begann.
    Das menschliche Hirn hat zwei Hälften, eine linke und eine rechte, die recht unterschiedliche Aufgaben bewältigen. Die linke Hirnhälfte, nervlich übrigens mit dem rechten Auge verbunden, ist zuständig für das Logische, Digitale, Sprachliche. Die rechte Hirnhemisphäre verarbeitet Bilder, Gefühle, Gestalten und dergleichen. Diese Einteilung ist selbstverständlich entsetzlich grob, aber sie macht Zusammenhänge verständlich.
    Julio Mangana, dieser gerissene rBursche, gab sich nämlich nicht damit zufrieden, meiner Logik und meinem Verstand zuzusetzen, also der linken Hemisphäre. Er flocht in seine Geschichten auch immer wieder Humoriges ein, Anekdoten, Rätsel, Überraschungen, mitunter sogar Lyrik. Und fast alle diese Geschichten enthielten gut versteckte Botschaften, die dazu bestimmt waren, über die rechte Hirnhemisphäre auf den Zuhörer einzuwirken, ohne daß er sich dessen bewußt wurde.
    „In einer Anekdote wird einmal erzählt", begann Mangana, „daß ein großer und mächtiger Kaiser es leid war, sich immer wieder mit Problemen herumschlagen zu müssen. Für alles und jedes hatte er Ratgeber und Weise, die auch alles und jedes klug zu kommentieren verstanden" aber dem Kaiser sehr auf die Nerven gingen.
    Schließlich stellte er an sie eine einfache, aber brutale Forderung: Sie sollten ihm die Weisheit aller Weisheiten finden und auf einen Zettel schreiben. Diese Weisheit sollte ihn trösten wenn er traurig war, ihn mahnen, wenn er übermütig wurde, ihn aufrichten, wenn er resigniert war - kurz, sie sollte in allen nur vorstellbaren Lebenslagen imstande sein, dem Kaiser etwas zu geben. Je-, der der Weisen des Landes hatte einen Versuch frei - und falls der danebenging, kostete das den Weisen den Kopf."
    Ich konnte Paola Daschmagan erkennen, mager geworden - was ihr nicht schlecht stand -, desgleichen Cistolo Khan und Gia de Moleon. Ich wußte, auf diese drei kam es an; ihretwegen vor allem wurde all dies gemacht und getan, strengte Julio Mangana seine Kräfte bis zum äußersten an.
    „Ich will es kurz machen", fuhr der Arzt fort. „Nach mehr als einem Jahr kam ein zerlumpter Eremit an den kaiserlichen Hof, trat an den Thron und drückte dem Kaiser einen mit Fettflecken verzierten Zettel in die Hand. Der Kaiser nahm und las. Er las wieder und wieder und dachte lange nach. Dann erhob er sich von seinem Thron, verneigte sich tief vor dem Eremiten und bedankte sich vielmals. Der Eremit aber verzichtete auf Dank und Geschenke und verließ die Kaiserstadt am nämlichen Tage ..."
    Ich hörte Cistolo Khans grollende Stimme. „Und, was hat auf dem Zettel gestanden? Nun mach schon!"
    Mangana mußte auch ihn erwischt haben; diese grollende Ungeduld in Cistolos Stimme paßte nicht zur Philosophie des Weisen von Terra.
    „Nur dieser eine Satz: Auch das wird vorübergehen ...!"
    Schweigen.
    Der Verstand war die eine Sache. In die Mauer meiner Logik hatte Julio Mangana Breschen gerissen; ich hatte zu zweifeln begonnen. Aber mein Gefühl, das mir sicher und fest verraten hatte, daß der Philosoph sich niemals täuschte, daß seine Weisheit der Abschluß und das Ende allen müßigen Philosophierens war, der mir die letzte, unerschütterliche Gewißheit verschafft hatte -dieses Gefühl setzte mir zu. Dort hatte sich offenbar nichts geändert. Die große Sehnsucht war geblieben, nach der Wohltat jenes Schlafes, der kein Erwachen mehr kennt ...
    „Ich verstehe", sagte Paola Daschmagan mit klarer Stimme. „Du willst damit andeuten, daß sich unsere
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