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186 - Wächter der Stille

186 - Wächter der Stille

Titel: 186 - Wächter der Stille
Autoren: Stephanie Seidel
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garantierte furchtbares Leid. Der Parasit – Myxosoma cerebralis – verursachte Beulen in der Muskulatur, die geschwürartig nach außen brachen, und er schädigte das Nervensystem so schwer, dass die Befallenen sich nicht mehr kontrolliert bewegen konnten. Sie kreisten anfallartig wie Drehwürmer um sich selbst. Hydriten unter acht Jahren starben unweigerlich. Die Älteren hatten eine Chance, zu überleben, waren dann aber entsetzlich gezeichnet. Ihre Köpfe weiteten sich, die Haut wurde schwarz und war von schwärenden Wunden bedeckt, die Wirbelsäule verwuchs ins Groteske.
    »Auch die verfluchten Mar’os-Anhänger starben«, sagte der Wächter. »Doch sie gingen freudig in den Tod, denn sie glaubten an ein Paradies der Krieger, in dem sie reich belohnt würden dafür, dass sie die Gerechten und Friedliebenden mit Terror überschütteten!«
    »Warum haben sie euch das angetan?«, flüsterte Quart’ol erschüttert.
    »Sieh selbst!«, befahl der Wächter. Und Quart’ol sah. Sein Blick reiste durch die Straßen des alten Gilam’esh’gad, wie es sich zeigte in den Tagen der Seuche. Alle Bauten waren noch so neu, so schön. Es gab herrliche Grünanlagen, Sauerstoff produzierende Wanderkorallen auf allen Wegen, von Seepferdchen umtanzt – und Spielplätze. Doch die Hydriten! O
    Ei’don! Sie sahen so schrecklich aus! Sie litten furchtbar!
    Quart’ols Blick erreichte einen Platz, den der Hydrit heute selbst überschwommen hatte. Er war mit Schneckenmuscheln gepflastert, deren Spitzen auf ein Gebäude wiesen, das wie eine riesige Spindel geformt war. Zwei Portale gab es an der Frontseite. Auf dem linken, über dem die Worte Kammer der Macht in den Stein gemeißelt waren, hatte jemand eine Nachricht hinterlassen.
    Rache für Mar’ok’shimre, stand dort geschrieben.
    ***
    »Na, also. Geht doch!«, knurrte Agat’ol, als er den Soord’finn am Zügel ins Innere der Höhle zerrte. Der Mar’os-Krieger hatte es geschafft, sich durch die gerissene Felsendecke zu arbeiten, und nun breitete sich unter ihm der Park von Gilam’esh’gad aus.
    Agat’ol schwang sich auf den Kampffisch und begann zu tauchen. Die Schönheit der Grünanlage interessierte ihn nicht – er wollte endlich in die Stadt. In seine Stadt! Jetzt, da er sie gefunden hatte, zweifelte der Mar’os-Krieger nicht mehr im Geringsten daran, dass er als neuer Herrscher von Gilam’esh’gad heimkehren würde. Sobald Quart’ol und die beiden anderen Mitwisser erledigt waren, verstand sich.
    König Agat’ol! Das klingt gut, dachte er vergnügt. Er merkte nicht, dass der Soord’finn immer schneller wurde. Oder vielleicht: Agat’ol, der Große? Der Große Schreckliche Agat’ol?
    »Verflucht!«, klackte er plötzlich und riss an den Zügeln.
    Sein Kampffisch hatte die Transportqualle entdeckt! Doch es bestand keine Gefahr, von ihrer Besatzung entdeckt zu werden.
    Agat’ol traute seinen Augen kaum. Schlaff, zerrissen und von Brandflecken gezeichnet hing das bionetische Wesen aufgespießt an einem Zahn, der aus dem Maul einer grauenhaften Bestie ragte.
    Agat’ol musste den Soord’finn auf Abstand treiben, um das Monster überhaupt mit Blicken erfassen zu können, so groß war es. Er kannte keine Saurier, deshalb fragte er sich sprachlos staunend, was diese Kreatur derart hatte wachsen lassen. Eines aber sah er gleich, und es beruhigte ihn sehr: Sie war tot.
    Der Kampffisch drängte gegen die Zügel. Er hatte Quart’ols Transportqualle so lange verfolgt, nun wollte er seine Belohnung haben und die Beute zerfetzen. Wenigstens das, was noch von ihr übrig war. Agat’ol erlaubte ihm eine vorsichtige Annäherung.
    Kopf und Hals des Riesenaals ragten aus einem Loch in der Felswand, dessen Ränder wie von einem Hammer getroffen zersprungen waren. Er musste in hohem Tempo durch den Tunnel gejagt sein und sich am zu engen Ausgang verklemmt haben. Agat’ol nahm an, dass er hinter der Qualle her gewesen war. Nur sein grässliches Ende konnte er sich nicht erklären.
    Elektrische Entladungen zuckten um den Körper der Kreatur, dünne blaue Blitze, die aus der verschmorten Haut kamen. Sie war überall aufgeplatzt, stand hoch.
    Brandgeschmack lag im Wasser. Misstrauisch näherte sich Agat’ol dem Kopf. Das Maul war leicht geöffnet, in der Bewegung erstarrt, und das gigantische Auge darüber wurde von einer milchigweißen Schicht bedeckt. Der Mar’os-Krieger nickte wissend. Verkocht, keine Frage!
    In der Transportqualle befand sich niemand mehr. Entweder hatte die
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