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1859 - Duell in der Traumblase

Titel: 1859 - Duell in der Traumblase
Autoren: Unbekannt
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Gleiter in die Luft - ein häufiges Problem -, verwandelte Jenseitsdreur das Objekt in eine unscharf begrenzte, optisch nicht mehr faßbare Wolke.
    Dafür entsprachen unbewegte Gegenstände praktisch dem Original. Ein Stein war ein Stein, in beiden Welten. Kein Wunder, daß er Steine liebte.
    Jenseitsdreur lernte jedoch, sich mit den Gegebenheiten abzufinden. Solange sein Zwilling die Bilder lieferte, solange Goeddas Raum stabil war, gab es keinen Grund zur Klage.
    Im Gegenteil, er lernte bald die Freiheit und die Machtfülle seines Daseins schätzen. Im Jenseits war er Gott.
    Er verfügte über einige spezielle Fähigkeiten. So konnte er in bestimmten Grenzen die Größe seines Körpers variieren; so groß wie ein Gebirge oder so klein sein wie ein Terraner, beides lag in seiner Macht. Sein Körper war beinahe unzerstörbar.
    Außerdem besaß er die Gabe der Teleportation. Der Kilimandscharo war im Hyperraum angesiedelt, also mußte er für einen Teleportersprung nur den Boden durchdringen. Er bewegte sich durch ein Kontinuum, das er selbst nicht begriff, und kam ein paar Sekunden später an der Stelle heraus, die er angepeilt hatte.
    Der einzige Nachteil war die Art und Weise seiner Wahrnehmung. In Goeddas Raum konnte er niemals die Augen öffnen. Er besaß keinen Gesichtssinn.
    Statt dessen fühlte er, wie seine Umgebung beschaffen war. Jenseitsdreur kannte theoretisch die Lage jedes einzelnen Partikels in seiner Welt.
    Er war jedoch gezwungen, aus einer ungeheuren Datenmenge das interessante Bild herauszufiltern. Das machte ihn langsam. Vom präzisen Sehen eines Terraners träumte er nur.
    Ein Gott braucht sich um die Details nicht zu kümmern, dachte er manchmal.
    Jedenfalls zu Anfang, bevor er sehen mußte, daß er vom Götterstatus weit entfernt war.
     
    *
     
    Seine Welt umfaßte nicht die gesamte Innenfläche der Blase, sondern lediglich einen Bruchteil. Er war für eine begrenzte Parzelle verantwortlich. Außer Jenseitsdreur und dem Kilimandscharo-Areal existierten 51 andere Puzzlestücke. Zusammengefügt ergaben sie den Boden, der Goeddas Raum vom Hyperraum trennte.
    Zu Anfang mied er die Grenzen seines Bezirks. Die Neugierde ließ ihn jedoch nicht ruhen; er nahm regelmäßige Kontrollgänge an den Rändern seiner Parzelle auf.
    Beim dritten Mal begegnete er einem flaschengrünen Wesen von drei Metern Größe. Seine Schritte wirkten staksig, seine Gebärden ungelenk.
    Sie blieben beide zur selben Zeit stehen. Keiner regte sich mehr. Er schaute auf röhrenförmige Glieder, auf geschlossene Lider über vier Augen, die der andere nicht benutzen konnte.
    Jenseitsdreur wußte, daß er selbst genauso aussah. Skulpturen aus Stein. Gefangen in einem zeitlosen Augenblick. Eingeschlossen in gefrorene Stunden. Mit wiegenden Oberkörpern belauerten sie einander.
    Die ostafrikanische Dornsavanne ging an dieser Stelle in nackten, felsigen Boden über. Sie befanden sich beide am unmittelbaren Rand der Parzelle.
    Er fragte sich, wieso er sein Gegenüber eigentlich erkennen konnte, auf diesem optischen Weg.
    Irgendeine beschränkte Art von Sehfähigkeit mußte er also doch besitzen.
    Das Wesen von der anderen Seite sprach: „Ich bin Jenseitsjack. Wer bist du?"
    „Ich bin Jenseitsdreur." Er gestand sich ein, daß er vor dem anderen eine instinktive Scheu empfand.
    „Woher kommst du, Jenseitsdreur?" hörte er sein Gegenüber fragen.
    „Von Terra."
    Jenseitsdreur lauschte dem Klang der Worte nach. Er war sich darüber im klaren, daß die Antwort holprig klang. Es waren die ersten zwei Worte, die er im Leben jemals sagte.
    „Und woher kommst du, Jenseitsjack?" fragte er seinerseits.
    „Von Olymp." Der andere tänzelte ein bißchen. Er war stolz auf seine Herkunft. „lack ist der Philosoph vom Olymp. Alles, was du hier sehen kannst, ist das Hinterland von Trade City. Eine originalgetreue Kopie."
    Jenseitsdreur hatte sich das bereits gedacht. Er verzichtete darauf, Jenseitsjack Details über den Kilimandscharo mitzuteilen. Sie hatten keine echten Berührungspunkte. Was sollte er auch erzählen? Vom Gipfel des Kilimandscharo, dem Kibo? Oder von Peking, der Stadt, in der sein Zwilling erwacht war?
    Sie standen sich gegenüber, und keiner wußte, was er dem anderen zu sagen hatte.
    Jenseitsjack und Jenseitsdreur drehten sich zur selben Zeit um. Sie setzten ihre Wanderungen fort, jeder in eine andere Richtung.
     
    *
     
    Jenseitsdreur experimentierte lange mit der Sinnesfähigkeit, die er durch Jenseitsjack erst entdeckt
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