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1846 - Kreise

Titel: 1846 - Kreise
Autoren: Unbekannt
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wofür sie sich am Nachmittag viel Mühe gegeben hatte. Und er wurde auch noch beleidigend.
    „Dir geht es wirklich gut", sagte er und taxierte sie unter halb zusammengekniffenen Lidern hervor.
    Das war mehr, als Dindra Clandor vertragen konnte. Einen lauten Aufschrei ausstoßend, warf sie sich herum und floh in die Sanitärzelle. Donnernd fiel die Tür hinter ihr ins Schloß.
    „Verriegeln, Servo!" keuchte sie. „Keiner hat Zutritt."
    Von draußen hörte sie ein halb ersticktes Schluchzen. Illie war durch den Lärm aufgeschreckt worden.
    Ron und das Mädchen redeten miteinander; ihre Stimmen waren bis in die Sanitärzelle zu hören, Worte aber nicht zu verstehen.
    Dindra ließ sich auf den Kosmetikhocker sinken. Eineganze Weile saß sie so da, die Beine gespreizt, die Hände dazwischen baumelnd und den Kopf halb auf den Rand des Waschbeckens gestützt. Ihr war hundeelend zumute, sie starrte nur auf den Fußboden. Unter der transparenten Deckschicht veränderte sich unablässig die Struktur, wie Wüstensand, der im heißen Wind immer neue Rillen bildete.
    Draußen war es still geworden. Wie lange schon? Ron brauchte sich nicht einzubilden, daß sie zu Kreuze kroch. Da mußte er lange warten.
    Für einen Moment richtete Dindra sich wieder auf und zog zwei Kosmetiktücher aus dem Spender.
    Dann sank sie erneut nach vorne und begann, kleine, gerade mal fingernagelgroße Schnipsel von den Tüchern abzureißen. Sorgfältig ließ sie jedes Stückchen fallen.
    Ein Zufallsmuster entstand zwischen ihren Füßen. Nichts Brauchbares, aber ein Anfang. Dindra starrte auf die Fetzen saugfähigen Papiers, als hätte sie von ihnen die Weltoffenbarung zu erwarten.
    Zaghaft schürzte sie die Lippen und stieß den Atem aus. Die Papierstückchen wirbelten durcheinander, bildeten neue Linien und Muster. Es war faszinierend, wie sie millimeterweit vom Boden abhoben und sich vermischten. Immer und immer wieder. Dindra Clandor war jedoch mit keinem der Ergebnisse zufrieden.
    Mittlerweile hatten die Papierstückchen sich über die halbe Naßzelle verteilt. Dindra verband sie mit gedachten Linien. Auf die Weise entstanden Schlangenlinien, Bögen und sogar bizarre Muster. Alles ganz schön, aber nicht das, was sie haben wollte. Ihre Empfindungen umzusetzen fiel schwer.
    Irgendwann kniete sie am Boden und schob die Fetzen in die gewünschten Positionen - bis ihr bewußt wurde, wie kindisch sie sich verhielt. Mit einer einzigen weit ausholenden Armbewegung wirbelte sie alles wieder durcheinander.
    Seufzend ließ Dindra sich zur Seite sinken und lehnte sich. gegen die Wand. Kurz darauf war sie eingeschlafen.
     
    *
     
    Ein dumpfes Poltern schreckte sie auf.
    „Dinnie, bei allen guten Geistern, was stimmt nicht mit dir?"
    Verwirrt blickte sie um sich. Im ersten Moment verstand sie selbst nicht, was geschehen war, dann kehrte langsam die Erinnerung zurück. Die Papierschnitzel lagen noch da, wild verstreut, ohne erkennbares Muster.
    „Komm endlich raus, oder ich breche die Tür auf." Ronald erwies sich als hartnäckig. Hatte er überhaupt eine Ahnung von Geometrie?
    Geistesabwesend angelte Dindra nach einem Hairstylemittel. Den Druckknopf gedrückt, produzierte sie einen dünnen Schaumstrahl, den sie mit ruckhaften Bewegungen zu einem beachtlichen Hügel aus Schaum auftürmte.
    „Was treibst du da drinnen?"
    Der Schaum versiegte. Achtlos warf Dindra die Flasche zur Seite. Es schepperte vernehmlich.
    „Dinnie ... Du warst die ganze Nacht nicht im Bett."
    „Mir geht es gut", murmelte sie, während sie vergeblich versuchte, mit beiden Händen den seitlich wegquellenden Schaum einzudämmen. Das turmähnliche Gebilde begann in sich zusammenzusacken.
    „Komm endlich raus!" Ron verlegte sich aufs Bitten. Es war bereits kurz nach acht Uhr morgens - wenn er sich nicht beeilte, würde er zu spät im Transmitterzentrum erscheinen. Aber was tat er dort schon? Er schickte Handelswaren auf die Reise zu den Sternen, programmierte neue Transmitterstationen - aber das alles war nichts Konstruktives, nichts, was die Kreativität förderte. Dindra bedauerte ihn fast dafür, daß er gar nicht wußte, was er Angenehmes versäumte.
    „Ich mache mich nur frisch", sagte sie.
    Der Schaumberg war endgültig in sich zusammengesunken und bedeckte eine unregelmäßige Fläche.
    Mit dem Zeigefinger malte Dindra ebenso unklare Figuren hinein, Formen, die in ihren Gedanken wuchsen und die sie umsetzen mußte, wollte sie nicht immer nervöser und unruhiger werden.
    Als
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