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1840 - Schattenreich Atlantis

1840 - Schattenreich Atlantis

Titel: 1840 - Schattenreich Atlantis
Autoren: Jason Dark
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hörte er das Lachen der Frau. Diese Töne schnitten in seinen Kopf und auch in sein Herz. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es Lavinia war, die da lachte, die sich amüsierte, möglicherweise sogar über ihn.
    Das Lachen verstärkte sich. Es war an seiner linken Seite aufgeklungen, und dort erschien dann auch der Umriss der Frau.
    Noch zwei Schritte, dann hatte sie ihn erreicht. Sie blieb stehen. Sie schaute auf ihn nieder, und Raffi musste sich schon etwas den Nacken verrenken.
    Er konnte nicht erkennen, wie es in ihren Augen aussah. Es war bestimmt keine Freundlichkeit darin zu erkennen.
    »Bitte«, flüsterte er.
    Sie lachte nur und sagte dann: »Erkennst du mich auch?«
    »Sicher.«
    »Und weiter?«
    Er musste tief Luft holen, um antworten zu können. »Ich – ich – habe dich gesucht. Ich bin dir gefolgt, um dich zurückzuholen. Und jetzt dies. Was habe ich dir getan? Warum muss ich hier liegen? Was machst du hier?«
    »Ich fühle mich wohl.«
    »Bei denen?«
    »Ja.«
    »Weißt du auch, wer sie sind? Ja, weißt du das?« Er strengte sich an, so laut und deutlich zu sprechen wie eben möglich. »Ich denke nicht, dass du das weißt, denn dann wärst du nicht hier. Verstehst du?«
    Sie schüttelte den Kopf. Wäre es heller gewesen, so hätte er sie in ihrer ganzen Schönheit sehen können. So aber war das nicht der Fall. Da sah er sie zwar, aber sie stand nur am Rand eines hellen Scheins, der vom Feuer aus herüber schien.
    »Bitte, Lavinia, du kannst dich hier nicht wohl fühlen. Das ist unmöglich. Das ist keine Welt für dich. Hier leben Menschen, die keine sind. Verstehst du?«
    »Ja.«
    »Dann bin ich froh und …«
    »Ein Irrtum. Ja, du irrst dich. Es kann ja auch sein, dass ich hier gern lebe, oder ist dir der Gedanke nicht gekommen? Glaubst du nicht, dass es so ist?«
    »Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass man hier gern leben kann. Echt nicht.«
    »Doch, man kann.«
    »Und wieso?«
    Jetzt kicherte sie. »Indem man dazu gehört. Hast du verstanden? Indem man dazu gehört.«
    Er wollte lachen. Das schaffte er nicht. Er wollte auch etwas sagen, aber auch das war ihm nicht möglich. Er konnte gar nichts tun. Er lag auf dem Boden und glaubte, etwas Schlimmes zu erleben.
    »Nein«, flüsterte er, »nein …«
    »Was heißt hier nein?«
    »Das kann nicht stimmen. Das ist unwahrscheinlich. So etwas gibt es nicht.«
    »Warum sollte ich lügen?«
    »Dann gehörst du wirklich dazu?«, fragte er nach einer kleinen Pause.
    »Ja. Das hier ist meine wirkliche Heimat. Hier fühle ich mich sehr wohl, alles klar?«
    »Nein, nein. Wir haben uns kennengelernt und dabei hast du dich anders verhalten. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dich mit dieser Gegend in Zusammenhang zu bringen.«
    »Ja, das glaube ich dir. Aber es ist, wie es ist. Daran kannst du nichts ändern.«
    »Gut, ich habe es begriffen. Dann kommst du nicht mit mir zurück?«
    »So ist es.«
    »Und ich? Warum bin ich gefesselt?«
    »Das wirst du auch bleiben, mein Freund.«
    »Ach? Und warum?«
    »Weil du am Ende deines Lebens angekommen bist. Das Schattenreich hier wird dein Friedhof ein.«
    »Bitte – ähm – nein …«
    »Doch!«
    »Was habe ich denn getan?«
    »Du gehörst nicht hierher. Es gibt Orte auf diesem Kontinent, die sind nicht für jeden bestimmt. Ist das klar?«
    Es war ihm klar, und trotzdem begriff er es nicht, denn er sagte: »Ich kam her und hatte nichts Böses im Sinn. Ich wollte dich nur zurückholen, das ist alles.«
    »Du weißt nun, dass du umsonst hergekommen bist.«
    »Aber ich will nicht sterben.«
    Sie lächelte. »Keine Sorge, jeder von uns stirbt mal. Und wer weiß, vielleicht sehen wir uns mal wieder. In einem anderen Leben. Das Schattenreich darf nicht untergehen.«
    »Das sagst du.«
    »Und ich meine es auch so.«
    »Aber was habe ich damit zu tun?«
    »Du bist ein Opfer. Und Opfer sind sehr wichtig für uns. Sei stolz darauf.«
    »Nein, Lavinia, bitte, nein. Nicht ich.« Er fing an zu betteln. »Ich will nicht sterben, nicht geopfert werden. Ich habe nichts Böses vorgehabt.«
    »Das weiß ich.«
    »Dann tu was, bitte!«, keuchte er.
    »Ja, das werde ich auch.« Sie reckte sich und stellte sich aufrecht hin. Dabei ließ sie ihre Blicke durch die Gegend gleiten. Viel sah sie nicht, denn das graue Licht ließ die Konturen zerlaufen oder löste sie ganz auf.
    Lavinia lächelte ihn an. Das erkannte er genau. Wie hatte er dieses Lächeln geliebt. Doch jetzt kam es ihm falsch und grausam vor. Auch berechnend.
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