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1816 - Der sanfte Henker

1816 - Der sanfte Henker

Titel: 1816 - Der sanfte Henker
Autoren: Jason Dark
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vor der Tür und dachte darüber nach, welchen Weg ich nehmen sollte.
    Dass ich die Klinke ausprobierte, war mehr ein Zufall. Aber sie ließ sich plötzlich drücken. Jemand musste die Tür von der anderen Seite her aufgeschlossen haben.
    Wer das gewesen war, wusste ich nicht. Es blieben nicht viele Möglichkeiten. Man wollte also, dass ich das Mordzimmer betrat, und den Gefallen würde ich ihnen gern tun.
    Aber ich war vorsichtig. Die Klinke hatte ich nach unten gedrückt, die Tür aber nur um eine Spaltbreite aufgeschoben. Und so verschaffte ich mir schon mal einen ersten Überblick.
    Nichts.
    Es gab nur den Toten.
    Ich sah Jamila Londry nicht und auch nicht den Albtraum auf zwei Beinen namens Matthias.
    Nur der Tote lag noch da. Zwei Wunden zeichneten seinen Körper. Die eine lag frei, in der anderen steckte noch die Feder.
    Ich sah mir das Gesicht des Toten an. Er war ein Mann um die fünfzig Jahre, auf seinem Gesicht zeigte sich dichter Bartwuchs.
    Sein Blick war gebrochen.
    Es war beklemmend still um mich herum. Ich war mit dem Toten allein und hatte dennoch das Gefühl, beobachtet zu werden. Woher, das wusste ich nicht. Einmal hatte man mich schon reingelegt, ein zweites Mal sollte mir das nicht passieren.
    Das Bett war recht breit. Als ich in die Höhe schaute, sah ich einen Spiegel an der Decke. Hier hatte sich bestimmt einiges abgespielt und nicht nur ein Mord.
    Der Mann war mit einer Feder gekillt worden. Sie musste schon einen besonders starken Kiel haben.
    Eine zweite Tür sah ich auch, die war allerdings verschlossen, und ich konnte mir vorstellen, dass dies noch für eine Weile so blieb.
    Ich besaß noch meine Waffen. Es war wirklich nicht schlecht, und ich dachte daran, dass ich schon in weitaus schlimmeren Situationen gesteckt hatte.
    Ich rechnete ja damit, dass man mich unter Kontrolle hielt, und das bekam ich nun bestätigt. Zwar sah ich keine Gestalt, aber ich hörte von irgendwoher ein Kratzen. Es kam von der Decke her.
    Dort befand sich ein Lautsprecher, und aus ihm wehte mir die Stimme entgegen.
    »Da sind Sie ja …«
    Eine Frau hatte gesprochen, und ich war nicht mal überrascht. Ich wusste ja, wer den Mann getötet hatte. Es passte mir nur nicht, dass sich diese Person – Jamila Londry – nicht zeigte. Da stellte sich sofort die Frage, ob sie sich vor mir fürchtete und lieber aus der Distanz mit mir sprach.
    Ich wartete ab und wollte erst mal sie reden lassen, bevor ich eingriff.
    »Willkommen bei uns. Willkommen bei uns in einer Welt, die etwas Wunderbares ist.«
    »Ach ja? Das sehe ich nicht so. Hinter mir liegt schließlich ein Toter. Und ich weiß, wie er ums Leben gekommen ist. Das war nicht die feine Art, ihn mit einer Feder zu ermorden.«
    »Aber ich habe es getan. Ich habe es bewusst getan. Es war wichtig für mich. Ich kann die Männer holen oder sie in meinen Bereich locken, um sie dann an ihrer eigenen Dummheit vergehen zu lassen. Ja, sie sind dumm, sie fallen auf jeden nackten Köper rein. Ich bin die Sanfte. Das habe ich ihnen gesagt. Ich habe immer wieder mit einer Feder gewunken, um die Sanftheit zu untermauern. Sie sind darauf eingegangen. Aber sie haben nicht daran gedacht, dass die Extreme nah beieinander liegen. Auf der einen Seite das Sanfte, auf der anderen der blitzschnelle Tod, gebracht durch die Feder, die doch so sanft war, aber auch umgedreht werden konnte.«
    »Das habe ich gesehen.«
    »Dann bin ich zufrieden.«
    »Warum?«
    Die Stimme, die sich etwas unnatürlich anhörte, fing an zu lachen, dann gab sie mir eine Antwort. »Ich bin zufrieden, weil ich schon die nächste Person sehe, die in diesem Raum ihr Leben verlieren wird.«
    »Du kannst nur mich gemeint haben«, sagte ich.
    »Ja, das habe ich. Du stehst als Nächster auf meiner Liste. Du wirst vernichtet werden. Meine Feder freut sich schon darauf.«
    »Ja«, sagte ich, »das habe ich verstanden. Ich weiß nur nicht, warum ich sterben soll. Was habe ich dir getan? Wir kennen uns nicht. Und du willst mich einfach aus dem Weg schaffen, ohne dass du ein Motiv gehabt hättest. Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.«
    »Es ist auch nicht nötig. Du hast gesehen, wie schnell und auch exakt die Feder killen kann. Ich werde sie dir präzise ins Herz stoßen, und das wird für mich ein großer Sieg sein.«
    »Wie meinst du das?«
    »Als die sanfte Henkerin habe ich noch einige Aufgaben zu erfüllen, und ich bin auch dabei, meinen Freunden einen großen Gefallen zu tun.«
    »Ach, die hast du
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