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1806 - Der Mutant der Cantrell

Titel: 1806 - Der Mutant der Cantrell
Autoren: Unbekannt
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helfen."
    „Dir kann nur einer helfen", entgegnete ich. „Du mußt mir gehorchen!"
    Ganz plötzlich spürte ich die Impulse des Aktivatorchips. Das Ringen um die Vormacht wogte weiter hin und her. Immer wieder versuchte Kummerogs Haut mir körperliche Schmerzen zuzufügen, aber mein Einfluß auf sie wuchs beständig an. Ich wehrte einen Angriff nach dem anderen ab, bis ich merkte, daß ihr Widerstand immer schwächer wurde.
    Ihre Gedanken lagen jetzt völlig offen. Ich konnte mit ihnen spielen wie mit meinen eigenen Überlegungen.
    Die Haut gab auf.
    „Löse dich von meinem Körper!" befahl ich ihr.
    „Das darfst du nicht verlangen, Herr." Sie nannte mich nicht Alaska, sondern Herr!
    „Es wäre mein Tod. Ich weiß, daß du kein Mörder bist. Laß mich bei dir. Ich werde dein Diener und Sklave sein. Aber bring mich nicht um!"
    Das war in der Tat ein kritischer Punkt. Ein Mörder war ich nicht. Irgendwie war Kummerogs Haut ein Lebewesen. Ich war an eine Grenze gestoßen, die ich nicht überwinden konnte.
    „Du wirst mich noch brauchen, Herr", drängte sie weiter mit aller Überzeugungskraft. „Allein kannst du die CANT nicht fliegen. Wir müssen einen Piloten von Klinker holen. Und wenn du mich nicht am Körper trägst, wird man dich dort sofort töten."
    Auch das war ein vernünftiges Argument.
    Ich kontrollierte alle ihre bewußten Gedanken. Nirgendwo entdeckte ich etwas, das auf einen geheimen Widerstand hindeutete.
    Was würde passieren, wenn ich einmal schief? Konnte ich mich auch dann auf mein Bewußtsein und auf das Versprechen der Haut, mich als ihren Herrn zu akzeptieren, verlassen?
    Ich wußte es nicht.
    Und auf einen neuen Kampf wollte ich es nicht ankommen lassen.
    „Ich darf dich ebenfalls nicht töten", sprach Kummerogs Haut weiter. „Denn wenn du stirbst, sterbe auch ich. Du willst zurück zum Arsenal der Baolin-Nda. Und das will ich auch. Ich weiß, daß ich für dich quälend und lästig bin, aber ich bitte dich, mich zu ertragen, bis wir Kummerog gefunden haben oder sich sein Tod bestätigt. Dann werde ich freiwillig von dir gehen und sterben, denn dann hat meine Existenz keinen Sinn mehr."
    Ich wühlte in ihren Gedanken, aber ich entdeckte keine Lüge. Ganz sicher war ich mir aber noch nicht.
    Meine Suche auf der geistigen Ebene ging weiter. Irgendwo in dem Wust aus Gedankenfetzen und Bildern stieß ich auf eine Darstellung, die mir völlig fremd war. Ich sah ein Seil, das aus vielen Fasern bestand.
    Am unteren Ende hing ein Felsbrocken mit meinen Gesichtszügen. Immer wenn ich das Seil gedanklich anstieß, riß eine der Fasern.
    Ich zerfetzte sie nach und nach. Als die letzte Faser zerrissen war, war der letzte freie Wille der Haut endlich gebrochen.
    Ihre Stimme war plötzlich ganz leise.
    „Wenn du mir jetzt befiehlst, daß ich gehen soll", wisperte sie, „dann gehe ich. Du hast gewonnen, Gebieter."
    „Bleib", antwortete ich. „Ich brauche dich noch. Aber vergiß nie, daß ich dich jederzeit töten kann."
    Von da an herrschte Ruhe in meinem Kopf.
    Kummerogs Haut meldete sich nicht mehr. Auch nicht in den restlichen Tagen des Fluges nach Bröhnder.
    Mein Armbandchronometer zeigte den 22. November 1288.
    21 Tage hatte die Reise gedauert.
    „Wir verlassen den Hyperraum", meldete sich der Bordcomputer. „Die Programmierung sieht vor, daß wir auf Klinker landen."
    „Stell ein Bild der Umgebung dar, Fasoldog!" verlangte ich aufs Geratewohl.
    „Wer bist du?" fragte der Bordcomputer.
    „Eine Haut deines Herrn", antwortete ich. „Ich habe mir einen Körper besorgt. Nenn mich Alaska."
    Ich bekam keine Antwort, aber ein Bildschirm erhellte sich. Ich sah eine mir unbekannte Galaxis. Das war also Bröhnder. Augenscheinlich befanden wir uns in einem Seitenarm, in dem die Sterne nicht sehr dicht standen.
    Ein Brocken von nicht ganz 60 Kilometern Durchmesser tauchte auf. Auf ihn hielt die CANT zu. Das mußte Klinker sein, der Asteroid der Mörder von Bröhnder.
    Ich wußte nicht, was mich dort erwartete, aber ich beschloß, die Dinge erst einmal auf mich zukommen zu lassen. Die Landung hätte ich sowieso nicht verhindern können.
     
    ENDE
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