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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories
Autoren: Manfred Kluge
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auf­hö­ren wür­de, die ex­qui­si­tes­te Nai­ve zu spie­len, die je­mals Sha­ke­s­pea­res Weg ge­kreuzt hat­te. (Ich ver­mu te, daß sie ih­re Rol­len so­gar im Schlaf noch prob­te, ob­wohl ich mei­len­weit da­von ent­fernt war, dies ge­nau wis­sen zu kön­nen.) Es war end­lich an der Zeit, daß sie No­tiz von mir nahm und nicht nur Vor­tei­le aus mei­nen de­vo­ten Auf­merk­sam­kei­ten zog.
    Aber dann kauf­te die al­te Sy­bil Ja­me­son das Oui­ja-Brett, und Ger­tru­de Grain­ger zwang ei­ne un­wil­li­ge Mo­ni­ca, ih­re Fin­ger­spit­zen mit de­nen der an­de­ren ›nur so zum Spaß‹ auf die Plan­chet­te zu le­gen. Am nächs­ten Tag ließ Ger­tru­de ei­ni­gen von uns mit ge­heim­nis­tue­ri­scher Stim­me wis­sen, daß Mo­ni­ca ein ganz er­staun­li­ches, frei­lich noch un­ter­ent­wi­ckel­tes me­dia­les Ta­lent ha­be. Ihr selbst sei so et­was noch nicht be­geg­net. Von da an war das Mäd­chen süch­tig auf Oui­ja. Ar­me Mo­ni­ca! Ich be­fürch­te­te, sie wür­de ir­gend­wann aus ih­rer selbst­au­fer­leg­ten Sha­ke­s­pea­re-Dis­zi­plin aus­bre­chen, und es war schlimm ge­nug, daß es dann we­gen des Bret­tes ge­sch­ah und nicht mei­net­we­gen. Aus die­sem Grun­de dem fa­ta­len Brett zu grol­len, war ei­gent­lich voll­kom­men über­flüs­sig, denn Mo­ni­ca hät­te auch mit Ro­bert Den­nis auf und da­von ge­hen kön­nen, was un­end­lich viel schlim­mer ge­we­sen wä­re, ob­wohl wir nie ganz si­cher wa­ren, was sein Ge­schlecht be­traf. In die­ser Hin­sicht war ich auch Ger­tru­des nicht ganz si­cher und er­litt Ago­ni­en un­säg­li­cher Ei­fer­sucht, wenn sie mei­ne An­ge­be­te­te in ih­ren Bann­kreis zog.
    Al­lein die Vor­stel­lung, wie sich Ger­tru­des ver­we­ge­nes Knie un­ter dem Oui­ja-Brett ge­gen Mo­ni­cas Knie preß­te, mach­te mich ra­send. Glück­li­cher­wei­se agier­ten Sy­bils kno­chi­ge Knie als An­stands­da­men da­zwi­schen.
    F.F. der na­tür­lich auch ei­fer­süch­tig war, weil die­ses neue Spiel­zeug Be­sitz von Ger­tru­des Geist er­grif­fen hat­te und ih­rer bei­der jähr­li­che In­tri­gen emp­find­lich stör­te, deu­te­te ziem­lich gif­tig an, daß Mo­ni­ca ei­nes je­ner hab­gie­ri­gen Mäd­chen sein müs­se, die An­spruch auf al­les er­he­ben, was sie in die Fin­ger krie­gen, ob es nun ein Mann oder ei­ne Plan­chet­te sei. Aber Props sag­te mir, er wür­de al­les dar­auf wet­ten, daß Ger­tru­de und Sy­bil die ers­ten zu­fäl­li­gen Fin­ger­be­we­gun­gen Mo­ni­cas auf­merk­sam re­gis­triert hät­ten, um das un­er­fah­re­ne Mäd­chen, ge­schick­ten Tän­zern gleich, nach ih­rem ei­ge­nen Wil­len zu füh­ren, wäh­rend Mo­ni­ca glau­ben soll­te, sie sei es, die Ger­tru­de und Sy­bil füh­re. Manch­mal mein­te ich, daß F.F. recht hat­te, manch­mal stimm­te ich Props zu. Bis­wei­len dach­te ich so­gar, Mo­ni­ca be­sit­ze tat­säch­lich ei­ne über­na­tür­li­che Ga­be, ob­wohl ich ge­wöhn­lich nicht an der­ar­ti­ge Din­ge glau­be, und die­ser Ge­dan­ke er­schreck­te mich zu­tiefst, denn ei­ne sol­che Per­son wä­re je­der­zeit im­stan­de, einen le­ben­den Mann um ei­nes Geis­tes wil­len zu ver­las­sen. Sie war ein so sen­si­ti­ves, fein­füh­li­ges Mäd­chen, und doch so feu­rig! Aber im­mer, wenn sie die Plan­chet­te be­rühr­te, trat in ih­re Au­gen solch ein lee­rer Blick, als wä­re ihr Geist tief in ih­re Fin­ger­spit­zen ge­fah­ren oder bis zu den En­den von Zeit und Raum ent­wi­chen. Ein­mal la­sen die drei mein Cha­rak­ter­bild aus dem Brett her­aus, das mich durch sei­ne Ge­nau­ig­keit be­stürz­te. Das glei­che ge­sch­ah mit ei­ni­gen an­de­ren Leu­ten aus un­se­rer Trup­pe. Na­tür­lich könn­ten Schau­spie­ler, ziem­lich gu­te Cha­rak­ter­ana­ly­ti­ker sein, sag­te Props, wenn sie nicht so ver­damm­te Ego­zen­tri­ker wä­ren.
    Nach Cha­rak­ter­ana­ly­sen und Zu­kunfts­vor­her­sa­gen zeig­ten un­se­re drei He­xen­schwes­tern plötz­lich In­ter­es­se für die Rein­kar­na­ti­on, und so­gleich be­gan­nen sie, dies­be­züg­lich das Brett zu be­fra­gen, um uns spä­ter zu er­zäh­len, was für be­rühm­te oder völ­lig un­be­deu­ten­de Men­schen wir
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