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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories
Autoren: Manfred Kluge
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Si­cher­heit wil­len zu meh­re­ren Ma­len im Ka­nu die In­sel. Nicht im Traum hät­te ich mir frü­her der­glei­chen ein­fal­len las­sen, in­des, das Al­lein­sein bringt einen Men­schen da­zu, Din­ge zu tun, die ihm in tur­bu­len­ter Ge­sell­schaft wohl zu al­ler­letzt in den Sinn ge­kom­men wä­ren.
    Wie ver­las­sen die In­sel doch wirk­te, jetzt, da ich sie zum an­dern­mal be­trat! Die Son­ne war schon un­term Ho­ri­zont ver­schwun­den, das Zwie­licht der Däm­me­rung aber ist in je­nen nörd­li­chen Brei­ten so gut wie un­be­kannt. Der Tag weicht oh­ne Über­gang der auf­kom­men­den Nacht. So tas­te­te ich mich, so­bald ich das Ka­nu weit ge­nug an Land ge­zo­gen und kie­lo­ben ge­dreht hat­te, den schma­len Fuß­pfad zur Ve­ran­da hin­auf. Bald er­strahl­ten die sechs Lam­pen des Ta­ges­rau­mes im freund­lichs­ten Licht, al­lein, in der Kü­che, wo ich zu Abend »speis­te«, wa­ren die Schat­ten so düs­ter, war das Lam­pen­licht so un­ge­nü­gend, daß man die Ster­ne zwi­schen den Dach­spar­ren hin­durch­lu­gen sah.
    Ich ging in je­ner ers­ten Nacht früh zu Bett. Doch ob­wohl das Wet­ter ab­ge­kühlt hat­te und kein Luft­hauch sich reg­te, wa­ren das Knar­ren mei­ner Schlaf­stel­le und das me­lo­di­sche Schwap­pen des Was­sers ge­gen die Ufer­fel­sen nicht die ein­zi­gen Ge­räusche, wel­che mir ans Ohr dran­gen. So wuchs, wäh­rend ich noch schlaf­los lag, die ent­setz­li­che Ein­sam­keit des Hau­ses im­mer grö­ßer um mich her. All die Gän­ge und lee­ren Zim­mer rund­um schie­nen be­lebt von un­zäh­li­gen Schrit­ten, von schlur­fen­dem Schlei­chen, vom Ra­scheln der Rö­cke und von ei­nem un­abläs­si­gen, rau­nen­den Ge­flüs­ter. Und als der Schlaf mich doch noch über­kam, ge­sell­ten all die Atem- und Flüs­ter­lau­te sich noch den Stim­men mei­ner Träu­me.
    So ging ei­ne Wo­che da­hin, und mei­ne »Stu­di­en« ge­die­hen aufs bes­te. In­des, am zehn­ten Tag mei­ner Ein­sam­keit wi­der­fuhr mir et­was recht Son­der­ba­res. Nach ei­ner traum­los durch­schla­fe­nen Nacht er­wach­te ich mit ei­nem deut­lich aus­ge­präg­ten Wi­der­wil­len ge­gen das Zim­mer. Mir schi­en, als wär’ noch die Luft in sei­nem In­nern nicht atem­bar und bräch­te mich zum Er­sti­cken. Aber je mehr ich sol­chem Ekel­ge­fühl auf den Grund zu kom­men trach­te­te, de­sto un­ver­nünf­ti­ger er­schi­en es mir. Den­noch, mit die­sem Zim­mer hat­te es et­was auf sich, das mir Angst mach­te. So ab­surd es klin­gen mag, die­ses Ge­fühl hing sich, wäh­rend ich mich an­klei­de­te, mit sol­cher Hart­nä­ckig­keit an mich, daß ich mich mehr als ein­mal über ei­nem in­ner­li­chen Schau­der er­tapp­te, ja des öf­tern ver­sucht war, die­se vier Wän­de Hals über Kopf zu ver­las­sen. Doch je mehr ich das al­les vor mir selbst ins Lä­cher­li­che zog, de­sto ma­ni­fes­ter wur­de dies Angst­ge­fühl. Und als ich schließ­lich an­ge­klei­det war und auf den Gang hin­austrat, um mich hin­un­ter in die Kü­che zu be­ge­ben, ge­sch­ah dies mit so großer Er­leich­te­rung, wie sie, so bil­de­te ich mir ein, wohl nur ein Mensch emp­fin­den moch­te, wel­cher so­eben dem Ge­fah­ren­be­reich ei­ner töd­li­chen Seu­che ent­kom­men war.
    Wäh­rend ich mir mein Früh­stück be­rei­te­te, rief ich mir aufs ge­naues­te ei­ne je­de der Näch­te ins Ge­dächt­nis, die ich in dem Zim­mer ver­bracht hat­te, und tat dies in der Hoff­nung, da­durch auf ir­gend­ei­ne dort er­leb­te, un­lieb­sa­me Be­ge­ben­heit zu sto­ßen, wel­che ich mit mei­nem ge­gen­wär­ti­gen Ekel­ge­fühl in Zu­sam­men­hang brin­gen konn­te. Aber ich ent­sann mich le­dig­lich ei­ner stür­mi­schen Nacht, dar­in ich plötz­lich er­wacht war, weil die Die­len­bret­ter im Kor­ri­dor so ver­nehm­lich ge­knarrt hat­ten, daß ich die fel­sen­haf­te Über­zeu­gung ge­hegt, ein Frem­der be­we­ge sich durchs Haus. Und so ge­wiß war ich da­mals mei­ner Sa­che ge­we­sen, daß ich mich er­ho­ben hat­te und mit schuß­be­rei­tem Ge­wehr die Trep­pe hin­un­ter­ge­gan­gen war, um Nach­schau zu hal­ten – und dann doch nur Tü­ren und Fens­ter ge­si­chert und ver­schlos­sen, ja ein­zig die Mäu­se und
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