Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories
Autoren: Manfred Kluge
Vom Netzwerk:
sich aufs Un­be­hag­lichs­te be­merk­bar. In­ner­halb von sechs bis sie­ben Mei­len gab es ja kei­ne an­de­re In­sel, und auch der Um­stand, daß mich nur ei­ni­ge we­ni­ge Mei­len von den Wäl­dern des Fest­lan­des trenn­ten, hat­te nicht viel zu be­sa­gen, denn je­ne Wäl­der wa­ren über wei­te Ent­fer­nun­gen hin al­ler mensch­li­chen Be­sied­lung bar. In­des, moch­te mei­ne In­sel auch in voll­kom­me­ner Ver­las­sen­heit und tiefs­ter Stil­le da­lie­gen – ih­re Fel­sen und Bäu­me wa­ren im­mer­hin zwei Mo­na­te hin­durch zu je­der Stun­de des Ta­ges dem Ge­läch­ter und den Ru­fen der Men­schen ein Echo ge­we­sen, und so muß­te wohl noch ein Rest von Er­in­nern auf die­sem ein­sa­men Fleck Er­de ver­blie­ben sein. Des­halb war ich durch­aus nicht ver­wun­dert, auf mei­nen Streif­zü­gen zwi­schen den Fel­sen ab und zu ein Auf­la­chen, einen Aus­ruf zu ver­neh­men. Ja, zu­wei­len war’s mir so­gar, als rie­fe je­mand lauthals mei­nen Na­men.
    In der Block­hüt­te gab es ein Halb­dut­zend win­zi­ger Schlafräu­me, die le­dig­lich durch nack­te, un­ge­fir­niß­te Wän­de aus Kie­fern­bret­tern von­ein­an­der ge­schie­den wa­ren. Und in je­dem die­ser Ver­schla­ge gab’s ei­ne holz­ge­zim­mer­te Prit­sche mit Ma­trat­ze so­wie einen Stuhl. Doch fand ich ins­ge­samt nur zwei Spie­gel vor, und selbst von die­sen zwei­en war der ei­ne zer­bro­chen.
    Die Die­len­bret­ter, so­bald ich dar­auf um­her­ging, knarr­ten so laut, und die An­zei­chen kürz­li­cher Be­wohnt­heit spran­gen noch so sehr ins Au­ge, daß es mir schwer­fiel, im Ernst an mei­ne Ver­las­sen­heit zu glau­ben. So leb­te ich halb und halb da­hin in der be­stän­di­gen Er­war­tung, plötz­lich ir­gend­ei­nem gleich mir auf der In­sel Ver­blie­be­nen zu be­geg­nen, ja, so ver­such­te ich noch im­mer, mehr von mei­nen Ef­fek­ten in ei­nem ein­zi­gen Ver­schlag un­ter­zu­brin­gen, als hin­ein­gin­gen. Ei­ne der Tü­ren klemm­te üb­ri­gens, wi­der­stand für Se­kun­den dem öff­nen­den Druck der Hand, und es be­durf­te nur ge­rin­ger Mü­he, sich ein­zu­bil­den, je­mand blo­ckie­re von in­nen die Klin­ke, und man wer­de, so­bald die Tür erst auf­ge­gan­gen, sich ei­nem mensch­li­chen Au­gen­paar ge­gen­über­se­hen.
    Nach­dem ich das ge­sam­te Ober­ge­schoß ein­ge­hend in­spi­ziert hat­te, ent­schied ich mich, zu mei­nem künf­ti­gen Nacht­quar­tier je­ne klei­ne Kam­mer zu wäh­len, de­ren win­zi­ger Bal­kon sich überm Dach der Ve­ran­da be­fand. Der Ver­schlag war wirk­lich sehr klein, doch sein Bett war be­quem und ent­hielt über­dies die bes­te Ma­trat­ze von al­len vor­han­de­nen. Üb­ri­gens lag die­se Schlaf­kam­mer ge­nau über dem Auf­ent­halts­raum, den ich für mei­ne täg­li­chen Stu­di­en aus­er­se­hen hat­te, und von ih­rem Mi­nia­tur­fens­ter aus konn­te man die Son­ne auf­ge­hen se­hen. Mit Aus­nah­me ei­nes schma­len Fuß­pfads, der vom vor­de­ren Ein­gang und von der Ve­ran­da aus zwi­schen den Bäu­men zum Boots­an­le­ge­platz hin­un­ter­führ­te, war ja die ge­sam­te In­sel von ei­nem dich­ten Wald­be­stand aus Ahorn­bäu­men, Schier­ling­s­tan­nen und Ze­dern be­deckt. Die Bäu­me um­stan­den das Block­haus so na­he, daß ih­re Äs­te und Zwei­ge schon mit dem lei­ses­ten Luft­hauch an Dach und Wän­den zu schar­ren be­gan­nen. So herrsch­te denn auch we­ni­ge Au­gen­bli­cke nach Son­nen­un­ter­gang schon die un­durch­dring­lichs­te Fins­ter­nis, und kei­ne zehn Schritt au­ßer­halb des Licht­scheins, der von den Lam­pen des Auf­ent­halts­rau­mes durch die Fens­ter drang – es wa­ren ih­rer vier –, konn­te man die Hand nicht mehr vor Au­gen se­hen, ge­schwei­ge denn einen Schritt tun, oh­ne sich am nächst­bes­ten Baum­stamm ei­ne Beu­le zu sto­ßen.
    Den ver­blei­ben­den Rest je­nes Ta­ges brach­te ich da­mit zu, mei­ne Hab­se­lig­kei­ten vom Zelt zum Auf­ent­halts­raum zu schlep­pen, die Vor­rä­te in der Spei­se­kam­mer zu ta­xie­ren und einen aus­rei­chen­den Wo­chen­vor­rat an Brenn­holz zu ha­cken. Dies ge­tan – es war kurz vor Son­nen­un­ter­gang –, um­run­de­te ich um mei­ner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher