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1789 - Der Fluch aus dem Norden

1789 - Der Fluch aus dem Norden

Titel: 1789 - Der Fluch aus dem Norden
Autoren: Jason Dark
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ins Bett, aber nicht so einfach verschwinden. Bei Karina musste ich mich noch verabschieden.
    Sie kam denn auch, sah mich am Fenster stehen und lachte leise. »Genießt du die Aussicht?«
    »So ähnlich.«
    »Und weiter?«
    Ich antwortete mit einer Frage. »Wie geht es Wladimir?«
    Sie lächelte. »Er liegt in seinem Bett. Das habe ich gut geschafft. Da kann man schon von Routine sprechen. Er war glücklich, mal wieder hier schlafen zu können. Kaum lag er mit seinem Kopf auf dem Kissen, war er schon eingeschlafen.«
    »Es ist ihm zu gönnen.«
    Karina gähnte auch, setzte sich aber wieder hin. Sehr nachdenklich klang ihre Stimme, als sie sagte: »Ich bin dann mal gespannt, wie es weitergehen wird.«
    »Was meinst du damit?«
    »Mit Wladimir, John.«
    »Klar. Hast du dich denn mal wieder erkundigt, wie es mit seiner Besserung aussieht?«
    Sie nickte.
    Da sie nichts erwiderte, sagte ich: »Und?«
    Sie senkte den Blick, weil sie mir nicht in die Augen schauen wollte. »Nicht gut.«
    »Was heißt das?«
    »Sie geben ihm nicht viele Chancen, das muss ich dir leider sagen. Es ist nicht schön für mich, so etwas zu hören, aber es ist die Wahrheit, und daran kann man leider nicht vorbeischauen.«
    »Ich weiß. Nur – wie sagst du es ihm?«
    »Gar nicht.«
    »Macht er denn Fortschritte?«
    Karina zeigte mir den Daumen und den Zeigefinger der rechten Hand. Beide Enden lagen aufeinander, dann aber hob Karina den Zeigefinger etwa einen Zentimeter hoch.
    »So gering?«, fragte ich.
    »Ja. Aber ich bin über jede Kleinigkeit froh, das gibt ihm Hoffnung. Wenn er läuft, dann angeschnallt und auf dem Band. Aber er bewegt seine Beine, und das ist wichtig, auch wenn er sie nicht durch einen Befehl seines Hirns lenken kann.«
    »In der Tat.«
    »Aber es bringt nicht viel. Das haben mir die Ärzte gesagt.« Sie hob die Schultern. »So ist es nun mal. Ich kann daran nichts ändern. Aber ich werde ihm nie die Hoffnung nehmen, und wenn wir uns über berufliche Themen unterhalten, dann geschieht das meistens emotionslos. Ich möchte ihn ja nicht vorführen und ihm klarmachen, dass er so stark behindert ist.«
    »Das verstehe ich.«
    Karina lächelte mich an. »Und jetzt gehe ich ins Bett.«
    »Ja, ich auch. War ein schöner Abend. Vielen Dank.«
    Sie winkte ab. »Ach, das sagst du nur so.«
    »Nein, das meine ich auch.«
    »Gut.« Sie lachte und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Wir sehen uns dann morgen.«
    »Irrtum. Heute schon.«
    »Oder auch das.« Lachend winkte sie ab. »Du weißt ja, wo sich das Bad befindet.«
    »Vergessen habe ich nichts. Schlaf gut.«
    »Du auch, John …«
    ***
    Ich lag im Gästezimmer, ich war auch müde, und eigentlich hätten mir die Augen von allein zufallen müssen, was aber nicht geschah. Kaum lag ich im Bett, da war ich wach. Zwar nicht hellwach, aber immerhin so wach, dass ich nicht einschlafen konnte und ich gegen die Decke schaute, die sich als hellerer Schatten über meinem Kopf abmalte. Es gab auch noch einen helleren Ausschnitt. Das war das Fenster.
    Ich hatte es geöffnet und schräg gestellt. So drang frische Nachtluft in den Raum, und da die Straße nicht viel befahren war, hörte ich kaum Geräusche.
    Gute Bedingungen, um einzuschlafen.
    Und doch blieb ich wach.
    Mir wollte nicht aus dem Kopf, was ich gehört hatte. Ich dachte weniger an den Fall, sondern mehr an Wladimir Golenkow und dessen Schicksal. Das hatte mich schon sehr mitgenommen.
    Ich wusste auch nicht, wie ich ihm helfen konnte. Es war nur so schlimm, ihn im Rollstuhl zu sehen, denn ich kannte ihn anders. Als einen harten Kämpfer, der sich vor nichts fürchtete.
    Ich schloss mal wieder die Augen und setzte darauf, endlich einschlafen zu können, was aber nicht geschah. Ich blieb weiterhin wach, auch mit geschlossenen Augen.
    Durch das Fenster wehte der Wind und fuhr über mein warmes Gesicht. Ich dachte daran, dass ich bald wieder in London sein würde, und freute mich darauf, dass die Olympischen Spiele endlich beendet waren.
    Dann öffnete ich die Augen wieder und hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr allein im Zimmer zu sein. Ich sah niemanden, aber ich spürte irgendwie, dass jemand in der Nähe war. Als ich mich aufrichtete, hielt ich den Atem an.
    Auch jetzt war niemand zu sehen. Es blieb bei meinem Gefühl, das nicht verschwand.
    Sekunden verstrichen.
    Dann hörte ich die Stimme aus dem Dunkel.
    »Leg dich ruhig wieder hin, John …«
    Nein!, schrie es in mir. Das kann nicht sein, das ist unmöglich. Ich kannte die
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