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1784 - Geisterauge

1784 - Geisterauge

Titel: 1784 - Geisterauge
Autoren: Jason Dark
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nichts mehr. Nur aus der Ferne drang das Schrillen einer Pfeife. Damit hielt die Lehrerin auf Zucht und Ordnung.
    Wo steckte der Sprecher? Wie sah er aus? War er ein Geist? Einer, der unsichtbar war und lautlos durch die sichtbare Welt schwebte?
    Man musste mit allem rechnen. Deshalb war es besser, wenn sie sich nicht zu viele Gedanken machte und sich einfach an die Tatsachen hielt. Sie hatte etwas gehört und nichts gesehen. Aber sie wurde gesehen, wenn sie der anderen Seite Glauben schenken sollte.
    Wo steckte der Beobachter?
    Ihr kam eine Idee. Sie lag auf der Hand und Sarah wunderte sich, dass sie nicht schon früher daran gedacht hatte. Wer andere Menschen gern beobachtete, der stellte sich gern vor ein Schlüsselloch und peilte hindurch.
    Das konnte hier auch so sein!
    Plötzlich fasste sie wieder Mut. Und sie wollte der Sache auf den Grund gehen. Es gab eine Tür, durch die man den Umkleideraum betreten konnte. Sie war recht breit, sehr stabil gebaut, und sie hatte auch ein großes Schlüsselloch, durch das man den Umkleideraum gut überschauen konnte. Mit wenigen Schritten war Sarah Lane an der Tür und wollte sie aufreißen, als sie es sich noch mal überlegte. Nein, sie hatte eine bessere Idee.
    Durch ein Schlüsselloch konnte man von zwei Seiten aus schauen, also nahm sie ihre Seite und blickte hindurch.
    Nichts.
    Kein Gesicht, kein Auge, kein Mund, der sich zu einem Grinsen verzogen hätte.
    Es war ein Irrtum. Dennoch wollte sie nachsehen. Es konnte sein, dass sie irgendwelche Spuren fand, die ein heimlicher Beobachter hinterlassen hatte.
    Dazu kam Sarah nicht mehr. Plötzlich war wieder die Stimme da. Diesmal sogar noch lauter und deshalb deutlicher.
    »Ich sehe dich. Ich sehe dich immer, Sarah.«
    Das Mädchen fuhr so heftig herum, dass es fast gestürzt wäre. Doch Sarah fing sich im letzten Augenblick.
    So deutlich wie bei diesem Mal hatte sie die Stimme bisher noch nicht gehört. Aber warum wurde gerade sie angesprochen? Wer hatte auf sie gelauert? Was hatte sie getan?
    Sarah war sich keiner Schuld bewusst. Sie zog die Nase hoch und wischte über ihr Gesicht.
    »Schwitzt du?«
    Die Stimme erschreckte sie tief. Jetzt wusste sie, dass man sie tatsächlich beobachtete, und darüber war sie geschockt. Es war immer schlimm, eine Wahrheit zu erfahren, die man nicht akzeptieren konnte, aber Sarah war letztendlich noch ein Kind und wusste nicht wohin mit ihren Emotionen.
    Sie raffte sich auf und stellte eine Frage. Die rief sie einfach mitten in den Raum hinein.
    »Wer bist du?«
    Als Antwort bekam sie ein Lachen zu hören.
    »Wo bist du?«
    »Das ist ganz einfach. Schau in die Höhe, dann kannst du mich erkennen...«
    Sarah wollte es zuerst nicht glauben, sagte sich aber, was schon dabei war, wenn sie nach oben schaute. Es war wohl ein Witz und nicht mehr. Passieren konnte ihr nicht viel, und sie legte den Kopf in den Nacken und blickte hoch.
    Da war die Decke, und da war noch etwas, das sie nicht fassen konnte.
    Auf sie herab schaute ein übergroßes Auge!
    ***
    Damit hätte sie nie im Leben gerechnet. Keine Einbildung, denn sie hatte sehr genau hingeschaut. Sie sah ein Auge, das übergroß war und ihr vorkam wie das eines Reptils. Groß, leicht grünlich und auch mit einer großen Pupille, die allerdings starr war.
    Sarah Lane schluckte. Sie spürte in ihrem Körper einen regelrechten Aufruhr. Ein Kratzen im Hals bekam sie ebenfalls nicht weg, und ihr Atem ging schwer. Ebenso schwerfällig ließ sie sich wieder auf die Pritsche fallen. Sie blieb sitzen und erinnerte in ihrer Starrheit an eine Statue. Nicht sprechen, nicht denken, nur starren und beobachten, was das Auge tat.
    Sie wusste nicht, wie es dorthin gekommen war. Es glotzte weiterhin in die Tiefe. Es fixierte sein Opfer, denn so kam es Sarah vor. Eiskalt, kein Pardon, nur darauf angelegt, sie in Angst zu versetzen, und das war bereits passiert. Zudem hörte sie eine Stimme. Sie war da, sie kam auch von oben, doch es war niemand zu sehen, und dann hatte sie den Eindruck, dass die Stimme aus dem Auge gekommen war.
    »Ah – ich sehe dich, ich spüre dich genau. Ich merke, dass du Angst hast. Bei dir zieht sich alles zusammen. Das spüre ich.«
    Sarah schnappte nach Luft. Sie hatte Fragen, wollte sie stellen, doch sie brachte kein Wort über ihre Lippen. Sie nickte nur. Sie schluckte. Sie holte durch die Nase Luft, weil sie die Lippen zusammengepresst hielt.
    Ein Auge kann nicht sprechen!, dachte sie. Da muss etwas anderes dahinterstecken. Etwas,
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