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1725 - Hängt die Hexe höher

1725 - Hängt die Hexe höher

Titel: 1725 - Hängt die Hexe höher
Autoren: Jason Dark
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ihre Finger zitterten. Auch die Flüssigkeit bewegte sich im Glas, und mit einem Ruck kippte sie den Rest in ihre Kehle.
    Ja, das hatte gut getan.
    Und jetzt?
    Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als sie daran dachte, dass sie einen zweiten Drink gut vertragen könnte.
    Wieder gluckerte die hellbraune Flüssigkeit in das Glas. Danach schloss sie die Flasche, wollte trinken, hielt das Glas auch schon in der Hand, als sie von der Haustür her ein Geräusch hörte.
    Jemand betrat das Haus.
    Das konnte nur Grace Golding sein. Sie hatte einen Schlüssel, damit sie kommen und gehen konnte, wann sie wollte. Im Flur brannte Licht, und Clara rechnete damit, dass ihre Mieterin noch einen Blick in das Wohnzimmer werfen würde, wenn sie dort die Helligkeit sah.
    So war es auch.
    »Hallo, Mrs Duffin …«
    Clara drehte den Kopf. In der offenen Tür stand Grace Golding und schaute sie an. Ihre Mieterin war dreiunddreißig Jahre alt. Sie hatte blondes Haar, das kurz geschnitten war.
    Ihr Gesicht war durch die hohen Wangenknochen gezeichnet, und auch der etwas breite Mund fiel dort auf. Er war nur leicht geschminkt, und die Kleidung, eine kurze Jacke und eine Hose, strahlte einen Geruch aus, der durchaus aus einem Wald stammen konnte.
    »Na, unterwegs gewesen?«
    »Bin ich.« Grace nickte. »Es geht doch nichts über einen Spaziergang in der Dämmerung.«
    »Da haben Sie recht.« Clara hob das Glas. »Möchten Sie auch einen Schluck?«
    Grace dachte einen Moment nach. »Ja, warum eigentlich nicht? Schaden kam es nicht.«
    Das Glas holte sich Grace selbst. Den Drink schenkte ihr Clara Duffin ein, und sie war damit nicht zu sparsam.
    Die beiden Frauen prosteten sich zu. Als Grace Golding ihr Glas absetzte, nickte sie Clara zu und fragte: »Sie sehen aus, als hätten Sie sich auch draußen aufgehalten.«
    Clara zuckte zusammen. Sie versuchte auch zu lächeln, doch es wurde nur eine Grimasse.
    Dann sagte sie: »Stimmt, ich war spazieren.«
    »Das tut gut. War ich auch. Wir hätten uns über den Weg laufen können.«
    »Ja, ja, schon.«
    »Wo waren Sie denn, Mrs Duffin?«
    Mit dieser Frage hatte die Frau gerechnet, sich aber in der kurzen Zeit noch keine Antwort zurechtgelegt. Jetzt überlegte sie und ärgerte sich, dass sie schweißfeuchte Hände bekam.
    Grace Golding half ihr auf die Sprünge. »Hatten Sie nicht gesagt, dass Sie zum Friedhof gehen wollten?«
    Ja, das habe ich!, schoss es ihr durch den Kopf, und sie spürte, dass ein heißer Schauer durch ihren Körper rann. Sie fühlte sich plötzlich ertappt.
    »Das wollte ich.«
    »Ihr Mann liegt ja dort.«
    »Genau. Aber dann habe ich es mir anders überlegt.« Sie hoffte, dass sich Grace Golding mit dieser Antwort zufriedengeben würde. Es sah ganz danach aus, denn sie griff zum Glas, trank und lächelte. Doch mit dem nächsten Satz schockte sie die Frau.
    »Aber ich habe Sie am Friedhof gesehen, denn ich bin in der Nähe vorbeigekommen.«
    Clara Duffin gab keine Antwort. Sie schrak nur leicht zusammen. Dann fühlte sie sich wie von einem Eispanzer umgeben. Der Blick wurde starr und ihr Herz schlug schneller als normal. Was sollte sie jetzt sagen?
    »Ja, ja, doch, ich bin auf dem Friedhof gewesen. Am Grab meines verstorbenen Mannes. Ich gebe es nur nicht gern zu.«
    »Warum nicht?«
    Clara Duffin lächelte etwas verlegen. »Es gibt Leute, die schütteln die Köpfe, weil ich so oft auf den Friedhof gehe. Aber ich kann ihn einfach nicht vergessen, verstehen Sie?«
    »Das ist mir klar. Aber die Menschen sind auch dumm und werden sich niemals ändern.« Grace Golding lächelte. Dabei spielte sie mit ihrem Glas. Die nächste Frage stellte sie wie nebenbei. »Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«
    »Wieso?«
    »Auf dem Friedhof, meine ich.«
    Clara Duffin hielt für einen Moment den Atem an, während ihr nur ein Satz durch den Kopf schoss.
    Sie hat was gesehen!
    Clara war eine schlechte Schauspielerin. Obwohl sie sich nicht selbst im Spiegel sah, ging sie davon aus, dass Grace Golding ihr ansah, dass sie etwas zu verbergen hatte.
    Sie senkte den Blick und hob dabei die Schultern. »Was soll mir denn aufgefallen sein?«
    »Zum Beispiel etwas Ungewöhnliches, das nicht auf einen normalen Friedhof passt.«
    »Und was wäre das?«
    »Das frage ich Sie.«
    Clara saugte den Atem durch die Nase ein. Sie zitterte leicht und ärgerte sich darüber. Ihr Gesicht hatte eine rote Farbe bekommen, und sie wollte zur Seite schauen, was ihr nicht gelang, denn der Blick ihrer Mieterin bannte
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