1710 - Im Bann der schönen Keltin
wir jetzt erst anfangen.«
»Wieso denn?«
»Ich will, dass du mir von deinen Träumen erzählst. Und es ist mir egal, ob der Beginn des Prozesses verschoben werden muss. Hast du das kapiert? Du bist wichtiger.«
Birgitta lächelte knapp. Sie wusste nicht, ob sie sich über die Antwort freuen sollte, weil sich jemand so stark für sie interessierte. Aber ihr war auch klar, dass sie allein stand. Sie lebte nicht in einer Beziehung und wusste nicht, wem sie sich anvertrauen könnte. Purdy war die einzige Person, zu der sie besonders in den letzten Minuten ein großes Vertrauen aufgebaut hatte.
»Was hast du denn geträumt?«
Die Antwort folgte spontan. »Ich habe mich im Traum gesehen. Ja, mich, Purdy!«
»Ist das so schlimm?«
Die Anwältin verdrehte die Augen. Sie ballte auch die Hände zu Fäusten, und ihre Worte fassten das zusammen, was sie fühlte. »Es ist ein Wahrtraum gewesen. Ein Erlebnis. Ich habe eine Frau gesehen, die so aussah wie ich.«
»Und weiter?«
»Sie stand an einem Strand.« Birgitta senkte den Blick, fasste sich, um die entsprechenden Worte zu finden. Als das geschehen war, redete sie, und was sie sagte, das alarmierte Purdy Prentiss, denn plötzlich taten sich Parallelen zu ihr auf.
Die Staatsanwältin hatte ebenfalls schon mal gelebt. In einer anderen Zeit und in einer anderen Welt, die auf den Namen Atlantis hörte. Da war sie als Kämpferin unterwegs gewesen. Sie war zudem im Kampf gestorben und viel später wiedergeboren worden. Und das in dieser Zeit, die man als Gegenwart bezeichnete. Deshalb waren ihr bestimmte Vorgänge auch nicht fremd.
Birgitta hatte geredet und war auch dabei nicht cool geblieben. Jetzt flackerte ihr Blick und auf ihrem Gesicht hatte sich ein feuchter Film gebildet.
»Jetzt hast du alles gehört, Purdy, und weißt, weshalb ich in diesem Zustand bei dir sitze.«
»Ja, das stimmt.«
»Lachst du mich jetzt aus?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Das ist ganz einfach. Weil ich dir glaube. Ja, Birgitta, ich glaube dir jedes Wort.«
Die Anwältin saß auf ihrem Stuhl, als wäre sie zu einer Eisfigur erstarrt. Sie konnte kein Wort sagen, und die Überraschung hielt auch noch in den nächsten Minuten an. Nur ihr heftiges Atmen war zu hören, das dann von Purdys Stimme übertönt wurde.
»Hast du schon mal darüber nachgedacht, warum dir das passiert ist?«
»Nein, das habe ich nicht. Ich – ich – würde auch keinen Sinn darin sehen. Eine Erklärung für die Sache habe ich nicht. Aber wie kann eine Person so aussehen wie ich? Eine, die mit einem Schwert bewaffnet ist und von einem Monster gejagt wird? Dieser Traum war so intensiv, dass ich den Eindruck hatte, selbst diese Frau zu sein. Dass mich der Traum aus meinem Bett geholt und in diese andere Umgebung transportiert hat. Verrückt, wie?«
»Das stimmt. Aber nicht unmöglich.«
»Wieso?«
»Ich denke, dass es schon stimmen könnte …«
»Du meinst, dass ich diese andere Frau gewesen bin?«
Purdy wiegte den Kopf. »Das kann ich dir nicht sagen, das glaube ich auch nicht. Ich glaube eher daran, dass es zwischen der Frau am Ufer und dir eine Verbindung gibt.«
»Wieso das denn?«
»Keine Ahnung, aber es ist möglich, denn ich habe Ähnliches erleben müssen.«
»Wieso?«
Purdy erzählte ihr zwar nicht alles, aber sie sprach von den zwei Existenzen, die sie erlebt hatte.
»Dann – dann – hast du schon mal in der Vergangenheit gelebt?«, flüsterte Birgitta.
»Das habe ich.«
»Und du bist damit fertig geworden?«
»Sonst würde ich nicht vor dir sitzen.«
Birgitta schwieg. Nach einer Weile fragte sie: »Was soll ich denn jetzt tun? Wie soll ich mich verhalten?«
»Du wirst gar nichts tun. Du wirst alles so lassen, wie es ist.«
»Das schaffe ich nicht.«
»Ich werde versuchen, dir zu helfen.«
»Und wie soll das geschehen?«
Purdy Prentiss runzelte die Stirn. Sie gab Birgitta noch keine direkte Antwort. »Du wirst dich damit abfinden müssen, dass die Person, die dir so gleicht, etwas von dir will.«
Birgitta staunte für einen Moment, bevor sie sagte: »Ja, das hatte ich mir bereits gedacht. Aber was könnte sie denn von mir wollen? Hast du eine Ahnung?«
»Wie sollte ich?«
»Ich dachte, aus dem, was ich dir erzählt habe, hättest du Schlüsse ziehen können.«
»Dazu weiß ich zu wenig. Ich denke allerdings, dass man es dir mitteilen wird.«
Nach dieser Antwort schwiegen beide. Es war Birgitta anzusehen, dass sie grübelte. Purdy wartete auf eine Bemerkung, und sie wurde
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