Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1649 - Projekt Coma

Titel: 1649 - Projekt Coma
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Sessel anzeigte, schrumpfte zu einem Nichts, das für menschliche Augen kaum noch zu erfassen war; jedenfalls nicht, wenn vor Erregung in beiden Augen Wasser stand.
    Roban dagegen wirkte überlebensgroß, wie er in Feldherrnpose am Rand der Schiene lehnte und sie beide beobachtete. Über seinem Kopf hing die transparente Halbkugel. Von dort registrierten die Sensoren jeden Pulsschlag, wurde jedes Wort aufgezeichnet. „Es ist gleich soweit, Mila und Nadja", flüsterte er. „Bereitet euch vor."
    Es schien, als bewege sich der Sessel jetzt langsamer über die Schiene, als dehne sich jeder Augenblick zu einer Unendlichkeit. Sie machte sich selbst etwas vor, und sie wußte es. Doch gegen die übermächtige Nervosität war sie so machtlos, wie sie sich nie zuvor gefühlt hatte.
    Hätte sie wenigstens handeln können, so wie damals im Yolschor-Sektor, als sie im Alleingang mit Nadja den Siedlern von Saira das Leben gerettet hatte - doch in diesem Fall war sie diejenige, die Hilfe brauchte. „Gleich 850 Meter. Die Striche rückten beständig vor. Und als die 890-Meter-Marke erreicht war, begann der Alptraum.
    Der Korridor verwandelte sich vor ihren Augen in ein vierdimensionales Kreuz, das auf und nieder tanzte und sich rasend schnell zu drehen begann. Mila bäumte sich im Sessel auf.
    Etwas hielt ihren Rumpf an die Lehne gefesselt, und als sie es zerreißen wollte, erkannte sie, daß es messerscharfe Gurte waren. Nadja! Wo bist du! Was sich durch tränende Augen abzeichnete, schien auf seltsame, wahnsinnige Weise seitenverkehrt. Eine unsichtbare Linie trennte zwei Welten voneinander. Es war, als sehe sie den Korridor und sein spiegelverkehrtes Ebenbild zur selben Zeit. Durch einen dunklen Brunnen schaute sie auf das wahre Wesen der Dinge. So, wie sie sich einem größeren Geist als dem ihren darbieten mochten ... „Geht es dir gut, Mila?"
    Nein, wollte sie rufen. Nein, Porque Roban! Doch ihre Lippen blieben verschlossen, weil sie nicht begriff, daß sich ein simpler Korridor in etwas so Schreckliches, beinahe Lebendiges verwandeln konnte. „Erinnerst du dich an unser Codewort, Mila? - Nadja! Was spürst du? Spürst du, wie es Mila geht?"
    Sie schaute auf ihre Finger und versuchte, zweimal bis fünf zu zählen, doch in ihrem Geist liefen zu viele Wahrnehmungen durcheinander. Übelkeit und Muskelkrämpfe schüttelten sie. Ihr Kopf wurde zur Seite geschleudert; fast beiläufig erkannte Mila, daß sich der Sessel noch immer über eine verschlungene, tausendfach zerrissene Schiene wand.
     
    900.
     
    910.
     
    920.
     
    „Mila? Mila? MILA?"
    Sie versuchte, die Fäuste zu öffnen, und schlug mit den flachen Händen auf ihre Schenkel.
    Und in diesem Augenblick brachte der Schmerz sie für eine Sekunde zu Bewußtsein. „Stopp", flüsterte sie. „Porque, ich kann nicht mehr."
    Die Schiene ringelte sich wie eine Schlange, von hinten, von vorn und von innen zugleich gesehen. Nadjas Abbild kam auf sie zugeschossen wie ein geschleuderter Stein. Erst als sie beide nur noch etwa hundert Meter auseinander waren, beruhigte sich Mila endlich. Die Krämpfe ließen plötzlich nach, die Schmerzen machten einer umfassenden Müdigkeit Platz.
    Ob sie für Sekunden das Bewußtsein verlor, wußte sie selber nicht. An ihren Schläfen jedoch spürte sie kurze Zeit später Nadjas Hände. Kreisende, massierende Bewegungen brachten Entspannung.
    Und dann hörte sie ihre Schwester sagen: „Siehst du, was du ihr angetan hast, Porque? Wir lassen das kein zweites Mal mit uns machen. Wenn du die Experimente fortsetzen willst, überlege dir etwas besseres."
    „Das werde ich", antwortete der Parapsychologe. „Durch die Kappen verfügen wir erstmals über Meßergebnisse. Ich bin sicher, daß ich euch jetzt helfen kann."
     
    *
     
    „Es scheint so", dozierte der Mann, „als ob die kritische Entfernung bei 900 Metern läge.
    Plus minus zehn, würde ich schätzen. Das bekommen wir nur heraus, wenn wir unter verschiedenen Bedingungen weiter dieselben Versuche anstellen."
    „Keine Chance", entschied Nadja. „Das haben wir dir schon gesagt."
    Mila warf ihr einen dankbaren Blick zu; sie war immer froh, wenn ihre Schwester den Kontakt mit anderen übernahm.
    Porque Roban lächelte überlegen. Eine so arrogante, selbstüberzeugte Miene war das, daß sich Mila abgestoßen fühlte. Es konnte nichts Gutes dabei herauskommen, diesem Mann zu folgen. Sie fühlte es, und doch fand sie nicht die Kraft, aufzustehen und sich seinem Einfluß zu entziehen. „Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher