Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1631 - Jäger der Unsterblichkeit

Titel: 1631 - Jäger der Unsterblichkeit
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
nicht. Es bedurfte ganz besonderer Fähigkeiten, wenn man unsterblich werden wollte - und Arno Muller hatte keine einzige dieser Fähigkeiten.
    Er war nicht einmal intelligent genug gewesen, sich eine naheliegende Konsequenz des Chips auszurechnen - daß ihn allmählich diese relative Unsterblichkeit dem Tod viel näher brachte als früher, weil so viele Schurken hinter dem Chip her sein würden. Und weil er den Besitz dieser Kostbarkeit immer wieder dadurch würde rechtfertigen müssen, daß er wissentlich den Tod riskierte - wie Perry Rhodan und die anderen Unsterblichen es taten.
    Weiter kam Arno Muller nicht.
    Die ersten seiner langgezogenen Schreie gellten durch die Medo-Sektion, erfüllten die sterilen Räume mit ihrem Klang nach Schmerz, Angst und Verzweiflung.
    Der Schmerz war verschwunden, als er erwachte; die Angst hatte sich gelegt, aber die Verzweiflung war geblieben. Und eine ungeheure innere Leere. „Du hast es gewußt, nicht wahr?"
    Eine leise Stimme aus dem Halbdunkel. Man hatte das Licht gedämpft. Es war Muller egal. Sein Kopf, sein Denken und Fühlen waren wie umgekrempelt. Er hatte eine Lektion bekommen, von ES persönlich, und es würde Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis er diese Lektion verarbeitet haben konnte. „Was gewußt?"
    „Daß ES uns getäuscht hat", sagte die Stimme. Sie kam von rechts. Muller erkannte ein mattes Glänzen und erinnerte sich an Helgundy Khatanassiou. „Wie getäuscht?"
    „Erbarmungslos", antwortete die leise Stimme. „Ich war meiner Sache so sicher. Ich habe es geahnt, daß einer von euch eine Chance haben würde auf die Unsterblichkeit. Was für ein Wahn! Und ich war mir so sicher - es lief alles so glatt."
    Arno Muller begriff langsam die Zusammenhänge.
    Helgundy Khatanassiou hatte sich daran erinnert, daß die „normalen" Zellaktivatoren der Vergangenheit, also jene Geräte, die ES vor vielen Jahrhunderten in der Galaxis ausgestreut hatte, von jedermann getragen werden konnten - warum sollte es mit den Unsterblichkeitschips anders sein?
    Und wenn man selbst kein Spiegelgeborener war, warum dann nicht in Ruhe abwarten, bis sich solch ein Kandidat fand und erfolgreich war? Danach brauchte man den Glücklichen nur zu verschleppen, ihm den Chip aus dem Leib zu operieren - ob er starb oder nicht, würde sich zeigen - und sich den Chip selbst einpflanzen zu lassen.
    Danach hatte man es geschafft, zur Gilde der Ewigen zu gehören. „Wie konnte ich so töricht sein", sagte die leise Stimme neben dem Kopf von Arno Muller. Er konnte die Person selbst nicht erkennen, nur den Widerschein der Diamanten. „Zu glauben, daß ein Typ wie du tatsächlich eine Chance haben könnte, einer der Unsterblichen zu werden. Keiner von diesen Narren und Schwätzern hatte eine Chance, von Anfang an nicht."
    Das wußte Arno Muller inzwischen auch.
    Er wußte auch, daß es mit dieser eisigen Dusche der Erkenntnis und der Wahrheit nicht abgetan sein würde; sein ganzes Leben würde er nun auf diese Weise verbringen müssen, ein Eisbad nach dem anderen. Ob er jemals wieder in den wohligen Mief der Selbsttäuschung würde zurücktauchen dürfen?
    Wohl kaum. „Schau her, Arno Muller", sagte die leise Stimme. „Ich weiß, daß es dir mindestens so elend geht wie mir.
    Und daß dies für uns beide so bleiben wird. Für immer."
    Ein hageres, ausgemergeltes Frauengesicht schob sich an Muller heran. Es gab Frauen, die in Schönheit zu altern verstanden; diese hier hatte das Kunststück nicht fertiggebracht. „ES hat es mir gesagt", krächzte die Alte. Muller konnte jetzt auch die Arme und die Schultern sehen, die Edelsteine, die in die Haut einoperiert waren, ihren Glanz und ihr Feuer jedoch längst verloren hatten und nun wie taube Geschwüre im Fleisch steckten. „Was hat ES gesagt?"
    „Der Chip, den ich dir gestohlen habe", hörte Muller die alte Frau sagen. „Und den ich mir habe einpflanzen lassen. Er wird mich am Leben halten, für lange Zeit. So hat ES gesagt.
    Ich werde eine ganz normale Lebensspanne verbringen dank dieses Dings, aber ich werde diese Jahrzehnte als altes, häßliches Weib verbringen müssen. Oder ich muß sterben, das kann ich mir aussuchen."
    Muller wandte den Kopf.
    Es gab nichts mehr zu sagen. Die Lektionen hatten gesessen, und die Geschundenen wußten, daß die Strafe gerecht war, wenn auch grausam.
    Es gab nur diesen einen Trost.
    Dieses Leben wenigstens währte nicht ewig ... „High Noon gewissermaßen", sagte der junge Offizier. „Fünfzehnter November.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher